die Rosse vor ihrem Wagen an, und senkte sich langsam aus der Höhe bis zu der Lippe des Schlummrers nieder, die sie zum erstenmal mit heißer Liebe küßte.
Oft senkte sie nun nachher den Schlummer auf Endymions Augenlieder, der schlafend des Glücks genoß, das Göttern und Menschen noch nie zu Theil ward. --
Unter dem schönen Sinnbilde vom schlum- mernden Endymion ließ ein zartes Gefühl die Al- ten den Tod darstellen; und man sieht auf ihren Marmorsärgen, welche die Asche früh verblühter Jünglinge umschlossen, den glücklichen Schläfer abgebildet, wie Diana auf ihrem Wagen zu sei- nen Kuß sich herniedersenkt.
Acis.
Den schönen Schäfer Acis in Sicilien liebte Galatea, eine der Nereiden. -- Vergebens warb der ungeheure Polyphem um ihre Gunst. -- Als er aber einst am Fuß des Aetna die Nymphe den schönen Acis umarmend erblickte, riß er voll wüthender Eifersucht einen Felsen los, und schleu- derte ihn, die Liebenden zu zerschmettern. -- Die Nymphe entfloh ins Meer, den Acis traf der Stein, und plötzlich lößte sein Wesen in einen Bach sich auf, der nachher seinen Nahmen führte.
die Roſſe vor ihrem Wagen an, und ſenkte ſich langſam aus der Hoͤhe bis zu der Lippe des Schlummrers nieder, die ſie zum erſtenmal mit heißer Liebe kuͤßte.
Oft ſenkte ſie nun nachher den Schlummer auf Endymions Augenlieder, der ſchlafend des Gluͤcks genoß, das Goͤttern und Menſchen noch nie zu Theil ward. —
Unter dem ſchoͤnen Sinnbilde vom ſchlum- mernden Endymion ließ ein zartes Gefuͤhl die Al- ten den Tod darſtellen; und man ſieht auf ihren Marmorſaͤrgen, welche die Aſche fruͤh verbluͤhter Juͤnglinge umſchloſſen, den gluͤcklichen Schlaͤfer abgebildet, wie Diana auf ihrem Wagen zu ſei- nen Kuß ſich herniederſenkt.
Acis.
Den ſchoͤnen Schaͤfer Acis in Sicilien liebte Galatea, eine der Nereiden. — Vergebens warb der ungeheure Polyphem um ihre Gunſt. — Als er aber einſt am Fuß des Aetna die Nymphe den ſchoͤnen Acis umarmend erblickte, riß er voll wuͤthender Eiferſucht einen Felſen los, und ſchleu- derte ihn, die Liebenden zu zerſchmettern. — Die Nymphe entfloh ins Meer, den Acis traf der Stein, und ploͤtzlich loͤßte ſein Weſen in einen Bach ſich auf, der nachher ſeinen Nahmen fuͤhrte.
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die Roſſe vor ihrem Wagen an, und ſenkte ſich
langſam aus der Hoͤhe bis zu der Lippe des
Schlummrers nieder, die ſie zum erſtenmal mit
heißer Liebe kuͤßte.
Oft ſenkte ſie nun nachher den Schlummer
auf Endymions Augenlieder, der ſchlafend des
Gluͤcks genoß, das Goͤttern und Menſchen noch
nie zu Theil ward. —
Unter dem ſchoͤnen Sinnbilde vom ſchlum-
mernden Endymion ließ ein zartes Gefuͤhl die Al-
ten den Tod darſtellen; und man ſieht auf ihren
Marmorſaͤrgen, welche die Aſche fruͤh verbluͤhter
Juͤnglinge umſchloſſen, den gluͤcklichen Schlaͤfer
abgebildet, wie Diana auf ihrem Wagen zu ſei-
nen Kuß ſich herniederſenkt.
Acis.
Den ſchoͤnen Schaͤfer Acis in Sicilien liebte
Galatea, eine der Nereiden. — Vergebens
warb der ungeheure Polyphem um ihre Gunſt. —
Als er aber einſt am Fuß des Aetna die Nymphe
den ſchoͤnen Acis umarmend erblickte, riß er voll
wuͤthender Eiferſucht einen Felſen los, und ſchleu-
derte ihn, die Liebenden zu zerſchmettern. — Die
Nymphe entfloh ins Meer, den Acis traf der
Stein, und ploͤtzlich loͤßte ſein Weſen in einen
Bach ſich auf, der nachher ſeinen Nahmen fuͤhrte.
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/409>, abgerufen am 01.11.2024.
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