Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.Ich dich ehren? Wofür? Hast du die Schmerzen gelindert Je des Beladenen? Hast du die Thränen gestillet Je des Geängsteten? Hat nicht mich zum Manne geschmiedet Die allmächtige Zeit, Und das ewige Schicksal Meine Herrn und deine? Wähntest du etwa, Ich sollte das Leben hassen, In Wüsten fliehen, Weil nicht alle Blüthenträume reiften? Hier sitz' ich, forme Menschen Nach meinem Bilde, Ein Geschlecht, das mir gleich sey, Zu leiden, zu weinen, Zu genießen und zu freuen sich, Und dein nicht zu achten, Wie ich! Göthe. Nun ließ aber Jupiter, der über den Raub Ich dich ehren? Wofuͤr? Haſt du die Schmerzen gelindert Je des Beladenen? Haſt du die Thraͤnen geſtillet Je des Geaͤngſteten? Hat nicht mich zum Manne geſchmiedet Die allmaͤchtige Zeit, Und das ewige Schickſal Meine Herrn und deine? Waͤhnteſt du etwa, Ich ſollte das Leben haſſen, In Wuͤſten fliehen, Weil nicht alle Bluͤthentraͤume reiften? Hier ſitz’ ich, forme Menſchen Nach meinem Bilde, Ein Geſchlecht, das mir gleich ſey, Zu leiden, zu weinen, Zu genießen und zu freuen ſich, Und dein nicht zu achten, Wie ich! Goͤthe. Nun ließ aber Jupiter, der uͤber den Raub <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0059" n="37"/> <lg n="5"> <l>Ich dich ehren? Wofuͤr?</l><lb/> <l>Haſt du die Schmerzen gelindert</l><lb/> <l>Je des Beladenen?</l><lb/> <l>Haſt du die Thraͤnen geſtillet</l><lb/> <l>Je des Geaͤngſteten?</l><lb/> <l>Hat nicht mich zum Manne geſchmiedet</l><lb/> <l>Die allmaͤchtige Zeit,</l><lb/> <l>Und das ewige Schickſal</l><lb/> <l>Meine Herrn und deine?</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Waͤhnteſt du etwa,</l><lb/> <l>Ich ſollte das Leben haſſen,</l><lb/> <l>In Wuͤſten fliehen,</l><lb/> <l>Weil nicht alle</l><lb/> <l>Bluͤthentraͤume reiften?</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Hier ſitz’ ich, forme Menſchen</l><lb/> <l>Nach meinem Bilde,</l><lb/> <l>Ein Geſchlecht, das mir gleich ſey,</l><lb/> <l>Zu leiden, zu weinen,</l><lb/> <l>Zu genießen und zu freuen ſich,</l><lb/> <l>Und dein nicht zu achten,</l><lb/> <l>Wie ich!</l> </lg> </lg><lb/> <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Goͤthe.</hi> </hi> </p><lb/> <p>Nun ließ aber Jupiter, der uͤber den Raub<lb/> des Feuers noch immer zuͤrnte, eine weibliche Ge-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [37/0059]
Ich dich ehren? Wofuͤr?
Haſt du die Schmerzen gelindert
Je des Beladenen?
Haſt du die Thraͤnen geſtillet
Je des Geaͤngſteten?
Hat nicht mich zum Manne geſchmiedet
Die allmaͤchtige Zeit,
Und das ewige Schickſal
Meine Herrn und deine?
Waͤhnteſt du etwa,
Ich ſollte das Leben haſſen,
In Wuͤſten fliehen,
Weil nicht alle
Bluͤthentraͤume reiften?
Hier ſitz’ ich, forme Menſchen
Nach meinem Bilde,
Ein Geſchlecht, das mir gleich ſey,
Zu leiden, zu weinen,
Zu genießen und zu freuen ſich,
Und dein nicht zu achten,
Wie ich!
Goͤthe.
Nun ließ aber Jupiter, der uͤber den Raub
des Feuers noch immer zuͤrnte, eine weibliche Ge-
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