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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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reichen Stoff zu predigen, und seine Brüder be¬
kamen alle die nachgeschriebenen Hefte, von der
halsbrechenden Kanzel in der Stube wieder von
ihm zu hören.

Zuweilen wurde er des Sonntags zu einem
Vetter eingeladen, bei welchem eine Versamlung,
von Handwerksburschen war, hier mußte er sich
vor den Tisch stellen, und in dieser Versamm¬
lung eine förmliche Predigt, mit Text, Thema
und Eintheilung halten, wo er denn gemeinig¬
lich die Lehre der Papisten von der Transsub¬
stantiation, oder die Gottesläugner widerlegte,
mit vielem Pathos die Beweise für das Daseyn
Gottes nach einander aufzählte, und die Lehre
vom Ohngefähr in ihrer ganzen Blöße dar¬
stellte.

Nun war die Einrichtung in dem Institut,
wo Anton unterrichtet wurde, daß die erwachse¬
nen Leute, welche zu Schulmeistern gebildet
wurden, sich des Sonntags in alle Kirchen ver¬
theilen, und die Predigten nachschreiben mu߬
ten, die sie dann dem Inspektor zur Durchsicht
brachten. -- Anton fand also jetzt noch einmal
so viel Vergnügen am Predigr nachschreiben, da

er

reichen Stoff zu predigen, und ſeine Bruͤder be¬
kamen alle die nachgeſchriebenen Hefte, von der
halsbrechenden Kanzel in der Stube wieder von
ihm zu hoͤren.

Zuweilen wurde er des Sonntags zu einem
Vetter eingeladen, bei welchem eine Verſamlung,
von Handwerksburſchen war, hier mußte er ſich
vor den Tiſch ſtellen, und in dieſer Verſamm¬
lung eine foͤrmliche Predigt, mit Text, Thema
und Eintheilung halten, wo er denn gemeinig¬
lich die Lehre der Papiſten von der Transſub¬
ſtantiation, oder die Gotteslaͤugner widerlegte,
mit vielem Pathos die Beweiſe fuͤr das Daſeyn
Gottes nach einander aufzaͤhlte, und die Lehre
vom Ohngefaͤhr in ihrer ganzen Bloͤße dar¬
ſtellte.

Nun war die Einrichtung in dem Inſtitut,
wo Anton unterrichtet wurde, daß die erwachſe¬
nen Leute, welche zu Schulmeiſtern gebildet
wurden, ſich des Sonntags in alle Kirchen ver¬
theilen, und die Predigten nachſchreiben mu߬
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[175/0185] reichen Stoff zu predigen, und ſeine Bruͤder be¬ kamen alle die nachgeſchriebenen Hefte, von der halsbrechenden Kanzel in der Stube wieder von ihm zu hoͤren. Zuweilen wurde er des Sonntags zu einem Vetter eingeladen, bei welchem eine Verſamlung, von Handwerksburſchen war, hier mußte er ſich vor den Tiſch ſtellen, und in dieſer Verſamm¬ lung eine foͤrmliche Predigt, mit Text, Thema und Eintheilung halten, wo er denn gemeinig¬ lich die Lehre der Papiſten von der Transſub¬ ſtantiation, oder die Gotteslaͤugner widerlegte, mit vielem Pathos die Beweiſe fuͤr das Daſeyn Gottes nach einander aufzaͤhlte, und die Lehre vom Ohngefaͤhr in ihrer ganzen Bloͤße dar¬ ſtellte. Nun war die Einrichtung in dem Inſtitut, wo Anton unterrichtet wurde, daß die erwachſe¬ nen Leute, welche zu Schulmeiſtern gebildet wurden, ſich des Sonntags in alle Kirchen ver¬ theilen, und die Predigten nachſchreiben mu߬ ten, die ſie dann dem Inſpektor zur Durchſicht brachten. — Anton fand alſo jetzt noch einmal ſo viel Vergnuͤgen am Predigr nachſchreiben, da er

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/185>, abgerufen am 15.05.2024.