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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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bis endlich die Guionschen Schriften alles übrige
verdrängten.

Er redte daher auch eine Art von Bücher¬
sprache, und Anton erinnert sich noch sehr ge¬
nau, wie er im siebenten oder achten Jahre oft
sehr aufmerksam zuhörte, wann sein Vater
sprach, und sich wunderte, daß er von allen den
Wörtern, die sich auf heit, und keit, und ung
endigten, keine Sylbe verstand, da er doch sonst,
was gesprochen wurde, verstehen konnte.

Auch war Antons Vater außer dem Hause
ein sehr umgänglicher Mann, und konnte sich
mit allerlei Leuten über allerlei Materien ange¬
nehm unterhalten. Vielleicht wäre auch alles
im Ehestande besser gegangen, wenn Antons
Mutter nicht das Unglück gehabt hätte, sich oft
für beleidigt, und gern für beleidigt zu halten,
auch wo sie es wirklich nicht war, um nur Ursach
zu haben, sich zu kränken und zu betrüben, und
ein gewisses Mitleid mit sich selber zu empfinden,
worin sie eine Art von Vergnügen fand.

Leider scheint sie diese Krankheit auf ihren
Sohn fortgeerbt zu haben, der jetzt noch oft ver¬
geblich damit zu kämpfen hat.

bis endlich die Guionſchen Schriften alles uͤbrige
verdraͤngten.

Er redte daher auch eine Art von Buͤcher¬
ſprache, und Anton erinnert ſich noch ſehr ge¬
nau, wie er im ſiebenten oder achten Jahre oft
ſehr aufmerkſam zuhoͤrte, wann ſein Vater
ſprach, und ſich wunderte, daß er von allen den
Woͤrtern, die ſich auf heit, und keit, und ung
endigten, keine Sylbe verſtand, da er doch ſonſt,
was geſprochen wurde, verſtehen konnte.

Auch war Antons Vater außer dem Hauſe
ein ſehr umgaͤnglicher Mann, und konnte ſich
mit allerlei Leuten uͤber allerlei Materien ange¬
nehm unterhalten. Vielleicht waͤre auch alles
im Eheſtande beſſer gegangen, wenn Antons
Mutter nicht das Ungluͤck gehabt haͤtte, ſich oft
fuͤr beleidigt, und gern fuͤr beleidigt zu halten,
auch wo ſie es wirklich nicht war, um nur Urſach
zu haben, ſich zu kraͤnken und zu betruͤben, und
ein gewiſſes Mitleid mit ſich ſelber zu empfinden,
worin ſie eine Art von Vergnuͤgen fand.

Leider ſcheint ſie dieſe Krankheit auf ihren
Sohn fortgeerbt zu haben, der jetzt noch oft ver¬
geblich damit zu kaͤmpfen hat.

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[42/0052] bis endlich die Guionſchen Schriften alles uͤbrige verdraͤngten. Er redte daher auch eine Art von Buͤcher¬ ſprache, und Anton erinnert ſich noch ſehr ge¬ nau, wie er im ſiebenten oder achten Jahre oft ſehr aufmerkſam zuhoͤrte, wann ſein Vater ſprach, und ſich wunderte, daß er von allen den Woͤrtern, die ſich auf heit, und keit, und ung endigten, keine Sylbe verſtand, da er doch ſonſt, was geſprochen wurde, verſtehen konnte. Auch war Antons Vater außer dem Hauſe ein ſehr umgaͤnglicher Mann, und konnte ſich mit allerlei Leuten uͤber allerlei Materien ange¬ nehm unterhalten. Vielleicht waͤre auch alles im Eheſtande beſſer gegangen, wenn Antons Mutter nicht das Ungluͤck gehabt haͤtte, ſich oft fuͤr beleidigt, und gern fuͤr beleidigt zu halten, auch wo ſie es wirklich nicht war, um nur Urſach zu haben, ſich zu kraͤnken und zu betruͤben, und ein gewiſſes Mitleid mit ſich ſelber zu empfinden, worin ſie eine Art von Vergnuͤgen fand. Leider ſcheint ſie dieſe Krankheit auf ihren Sohn fortgeerbt zu haben, der jetzt noch oft ver¬ geblich damit zu kaͤmpfen hat.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/52>, abgerufen am 04.12.2024.