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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786.

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Es war ihm, als ob er mit Beschämung aus
einer Art von Dummheit erwachte, die ihm an¬
gewandelt hatte. Und er wurde auf einige Au¬
genblicke fast eben so niedergeschlagen darüber,
als da der Inspektor auf den Seminarium einst
zu ihm sagte: dummer Knabe, indem er glaubte,
daß er nicht einmal buchstabieren könne. Eine
solche Art von wirklicher oder anscheinender Dumm¬
heit bei gewissen Vorfällen rührte zum Theil aus
einem Mangel an Gegenwart des Geistes, zum
Theil aus einer gewissen Aengstlichkeit oder auch
Trägheit her, wodurch die natürliche Kraft des
Denkens auf eine Zeitlang an ihrer freien Wirk¬
samkeit gehindert wurde.

Noch eine Hauptlektion waren die Lebensbe¬
schreibungen der griechischen Feldherrn vom Kor¬
nelius Nepos, wovon wöchentlich ein Kapitel
aus der Lebensbeschreibung irgend eines Feldherrn
auswendig mußte hergesagt werden. Diese Ge¬
dächtnißübungen wurden Reisern sehr leicht, weil
er nicht sowohl die Worte, als die Sachen, sich
einzuprägen suchte, welches er allemal des Abends
vor dem Schlafengehen that, und des Morgens,
wenn er aufwachte, die Ideen weit heller und

Es war ihm, als ob er mit Beſchaͤmung aus
einer Art von Dummheit erwachte, die ihm an¬
gewandelt hatte. Und er wurde auf einige Au¬
genblicke faſt eben ſo niedergeſchlagen daruͤber,
als da der Inſpektor auf den Seminarium einſt
zu ihm ſagte: dummer Knabe, indem er glaubte,
daß er nicht einmal buchſtabieren koͤnne. Eine
ſolche Art von wirklicher oder anſcheinender Dumm¬
heit bei gewiſſen Vorfaͤllen ruͤhrte zum Theil aus
einem Mangel an Gegenwart des Geiſtes, zum
Theil aus einer gewiſſen Aengſtlichkeit oder auch
Traͤgheit her, wodurch die natuͤrliche Kraft des
Denkens auf eine Zeitlang an ihrer freien Wirk¬
ſamkeit gehindert wurde.

Noch eine Hauptlektion waren die Lebensbe¬
ſchreibungen der griechiſchen Feldherrn vom Kor¬
nelius Nepos, wovon woͤchentlich ein Kapitel
aus der Lebensbeſchreibung irgend eines Feldherrn
auswendig mußte hergeſagt werden. Dieſe Ge¬
daͤchtnißuͤbungen wurden Reiſern ſehr leicht, weil
er nicht ſowohl die Worte, als die Sachen, ſich
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vor dem Schlafengehen that, und des Morgens,
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[52/0062] Es war ihm, als ob er mit Beſchaͤmung aus einer Art von Dummheit erwachte, die ihm an¬ gewandelt hatte. Und er wurde auf einige Au¬ genblicke faſt eben ſo niedergeſchlagen daruͤber, als da der Inſpektor auf den Seminarium einſt zu ihm ſagte: dummer Knabe, indem er glaubte, daß er nicht einmal buchſtabieren koͤnne. Eine ſolche Art von wirklicher oder anſcheinender Dumm¬ heit bei gewiſſen Vorfaͤllen ruͤhrte zum Theil aus einem Mangel an Gegenwart des Geiſtes, zum Theil aus einer gewiſſen Aengſtlichkeit oder auch Traͤgheit her, wodurch die natuͤrliche Kraft des Denkens auf eine Zeitlang an ihrer freien Wirk¬ ſamkeit gehindert wurde. Noch eine Hauptlektion waren die Lebensbe¬ ſchreibungen der griechiſchen Feldherrn vom Kor¬ nelius Nepos, wovon woͤchentlich ein Kapitel aus der Lebensbeſchreibung irgend eines Feldherrn auswendig mußte hergeſagt werden. Dieſe Ge¬ daͤchtnißuͤbungen wurden Reiſern ſehr leicht, weil er nicht ſowohl die Worte, als die Sachen, ſich einzupraͤgen ſuchte, welches er allemal des Abends vor dem Schlafengehen that, und des Morgens, wenn er aufwachte, die Ideen weit heller und

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/62>, abgerufen am 22.11.2024.