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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

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er würde gespielt haben. -- Vielleicht war diß
eben der entscheidende Augenblick, wo sein Schick¬
sal, ob er ein Heuchler und Spitzbube werden,
oder ein aufrichtiger und ehrlicher Mensch bleiben
sollte, auf der Spitze stand. --

Die ganze Fußfallßene wäre doch im Grun¬
de, obgleich nicht offenbare Heuchelei und Ver¬
stellung, doch wenigstens Affektation gewesen,
und der Uebergang von der Affektation zur Heu¬
chelei und Verstellung, wie leicht ist der! --

Es war gewiß eine wahre Wohlthat für Rei¬
sern, daß der Pastor M. . . alle die überspannten
Ausdrücke in seinem Briefe keiner Aufmerksam¬
keit würdigte, und statt dadurch gerührt zu seyn,
sie lächerlich fand, und sie für die unreife Ge¬
burt einer durch Romanen und Komödienlektüre
erhitzten Phantasie erklärte; mit dem Beifügen,
wenn Reiser wirklich solch ein Bösewicht wäre,
als er sich in dem Briefe geschildert hätte, so
würde er sich nicht das mindeste mehr um ihn
bekümmern, sondern ihn, als ein Ungeheuer,
verabscheuen. --

Und statt sich nun weiter in Erklärungen
einzulassen, daß ihm das Vergangene verziehen

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er wuͤrde geſpielt haben. — Vielleicht war diß
eben der entſcheidende Augenblick, wo ſein Schick¬
ſal, ob er ein Heuchler und Spitzbube werden,
oder ein aufrichtiger und ehrlicher Menſch bleiben
ſollte, auf der Spitze ſtand. —

Die ganze Fußfallſzene waͤre doch im Grun¬
de, obgleich nicht offenbare Heuchelei und Ver¬
ſtellung, doch wenigſtens Affektation geweſen,
und der Uebergang von der Affektation zur Heu¬
chelei und Verſtellung, wie leicht iſt der! —

Es war gewiß eine wahre Wohlthat fuͤr Rei¬
ſern, daß der Paſtor M. . . alle die uͤberſpannten
Ausdruͤcke in ſeinem Briefe keiner Aufmerkſam¬
keit wuͤrdigte, und ſtatt dadurch geruͤhrt zu ſeyn,
ſie laͤcherlich fand, und ſie fuͤr die unreife Ge¬
burt einer durch Romanen und Komoͤdienlektuͤre
erhitzten Phantaſie erklaͤrte; mit dem Beifuͤgen,
wenn Reiſer wirklich ſolch ein Boͤſewicht waͤre,
als er ſich in dem Briefe geſchildert haͤtte, ſo
wuͤrde er ſich nicht das mindeſte mehr um ihn
bekuͤmmern, ſondern ihn, als ein Ungeheuer,
verabſcheuen. —

Und ſtatt ſich nun weiter in Erklaͤrungen
einzulaſſen, daß ihm das Vergangene verziehen

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[7/0017] er wuͤrde geſpielt haben. — Vielleicht war diß eben der entſcheidende Augenblick, wo ſein Schick¬ ſal, ob er ein Heuchler und Spitzbube werden, oder ein aufrichtiger und ehrlicher Menſch bleiben ſollte, auf der Spitze ſtand. — Die ganze Fußfallſzene waͤre doch im Grun¬ de, obgleich nicht offenbare Heuchelei und Ver¬ ſtellung, doch wenigſtens Affektation geweſen, und der Uebergang von der Affektation zur Heu¬ chelei und Verſtellung, wie leicht iſt der! — Es war gewiß eine wahre Wohlthat fuͤr Rei¬ ſern, daß der Paſtor M. . . alle die uͤberſpannten Ausdruͤcke in ſeinem Briefe keiner Aufmerkſam¬ keit wuͤrdigte, und ſtatt dadurch geruͤhrt zu ſeyn, ſie laͤcherlich fand, und ſie fuͤr die unreife Ge¬ burt einer durch Romanen und Komoͤdienlektuͤre erhitzten Phantaſie erklaͤrte; mit dem Beifuͤgen, wenn Reiſer wirklich ſolch ein Boͤſewicht waͤre, als er ſich in dem Briefe geſchildert haͤtte, ſo wuͤrde er ſich nicht das mindeſte mehr um ihn bekuͤmmern, ſondern ihn, als ein Ungeheuer, verabſcheuen. — Und ſtatt ſich nun weiter in Erklaͤrungen einzulaſſen, daß ihm das Vergangene verziehen A 4

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/17>, abgerufen am 23.11.2024.