Er nahm dießmal bei seiner Abreise von sei¬ ner Mutter und seinen Brüdern mit mehrerer Rührung, wie gewöhnlich Abschied -- und wan¬ derte zu Fuß wieder nach H. . . -- Da er nun die vier Thürme wieder erblickte, die er schon unter so mancherlei verschiedenen Verhältnissen wieder gesehen hatte, so wandelte ihm dießmal aufs neue ein ängstliches Gefühl an, da er aus der weiten Welt nun wieder in diesen kleinen Umkreis aller seiner Verhältnisse und Verbindun¬ gen zurückkehren sollte, das Allzubekannte dort däuchte ihm so fade. -- Aber auf einmal er¬ heiterte sich seine Seele wieder, da er ins Thor getreten war, und gleich an einer Ecke einen Ko¬ mödienzettel angeschlagen fand. -- Dieß über¬ raschte ihn auf die angenehmste Weise -- sein erster Gang war, wie vor drei Jahren, nach dem Schlosse, wo das Theater war, und wo der Hauptzettel mit dem Verzeichniß der Personen angeschlagen stand -- man spielte den Klavigo, Brockmann den Beaumarchais, Reinicke den Klavigo, die älteste Dem. Ackermann (die jüngere war damals schon gestorben) spielte die Maria, Schröder den Don Carlos, die
3r Theil. M
Er nahm dießmal bei ſeiner Abreiſe von ſei¬ ner Mutter und ſeinen Bruͤdern mit mehrerer Ruͤhrung, wie gewoͤhnlich Abſchied — und wan¬ derte zu Fuß wieder nach H. . . — Da er nun die vier Thuͤrme wieder erblickte, die er ſchon unter ſo mancherlei verſchiedenen Verhaͤltniſſen wieder geſehen hatte, ſo wandelte ihm dießmal aufs neue ein aͤngſtliches Gefuͤhl an, da er aus der weiten Welt nun wieder in dieſen kleinen Umkreis aller ſeiner Verhaͤltniſſe und Verbindun¬ gen zuruͤckkehren ſollte, das Allzubekannte dort daͤuchte ihm ſo fade. — Aber auf einmal er¬ heiterte ſich ſeine Seele wieder, da er ins Thor getreten war, und gleich an einer Ecke einen Ko¬ moͤdienzettel angeſchlagen fand. — Dieß uͤber¬ raſchte ihn auf die angenehmſte Weiſe — ſein erſter Gang war, wie vor drei Jahren, nach dem Schloſſe, wo das Theater war, und wo der Hauptzettel mit dem Verzeichniß der Perſonen angeſchlagen ſtand — man ſpielte den Klavigo, Brockmann den Beaumarchais, Reinicke den Klavigo, die aͤlteſte Dem. Ackermann (die juͤngere war damals ſchon geſtorben) ſpielte die Maria, Schroͤder den Don Carlos, die
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Er nahm dießmal bei ſeiner Abreiſe von ſei¬
ner Mutter und ſeinen Bruͤdern mit mehrerer
Ruͤhrung, wie gewoͤhnlich Abſchied — und wan¬
derte zu Fuß wieder nach H. . . — Da er nun
die vier Thuͤrme wieder erblickte, die er ſchon
unter ſo mancherlei verſchiedenen Verhaͤltniſſen
wieder geſehen hatte, ſo wandelte ihm dießmal
aufs neue ein aͤngſtliches Gefuͤhl an, da er aus
der weiten Welt nun wieder in dieſen kleinen
Umkreis aller ſeiner Verhaͤltniſſe und Verbindun¬
gen zuruͤckkehren ſollte, das Allzubekannte dort
daͤuchte ihm ſo fade. — Aber auf einmal er¬
heiterte ſich ſeine Seele wieder, da er ins Thor
getreten war, und gleich an einer Ecke einen Ko¬
moͤdienzettel angeſchlagen fand. — Dieß uͤber¬
raſchte ihn auf die angenehmſte Weiſe — ſein
erſter Gang war, wie vor drei Jahren, nach dem
Schloſſe, wo das Theater war, und wo der
Hauptzettel mit dem Verzeichniß der Perſonen
angeſchlagen ſtand — man ſpielte den Klavigo,
Brockmann den Beaumarchais, Reinicke den
Klavigo, die aͤlteſte Dem. Ackermann (die
juͤngere war damals ſchon geſtorben) ſpielte die
Maria, Schroͤder den Don Carlos, die
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/187>, abgerufen am 16.02.2025.
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