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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

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Aber dann kehrte wieder das wehmüthige
Gefühl zurück: wo sollte er nun in dieser großen
öden Welt festen Fuß fassen, da er sich aus allen
Verhältnissen herausgedrängt sahe? -- Da wo
auf einem kleinen Fleck der Erde die mensch¬
lichen Schicksale zusammenlaufen, war er nichts,
gar nichts! --

Ihm fiel ein, daß verdrängt zu werden von
Kindheit an sein Schicksal gewesen war -- wenn
er bei irgend etwas zusehen wollte, wobei es
darauf ankam, sich hinzuzudrängen, so war jeder
andere dreister wie er, und drängte sich ihm vor
-- er glaubte, es sollte etwa einmal eine Lücke
entstehen, wo er, ohne jemanden vor sich hin¬
wegzudrängen, sich in die Reihe mit einfügen
könnte -- aber es entstand keine solche Lücke --
und er zog sich von selbst zurück, und sahe nun
in der Ferne dem Gedränge zu, indem er einsam
da stand. --

Und wenn er nun so einsam da stand, so gab
ihm der Gedanke, daß er dem Gedränge nun so
ruhig zusehen konnte, ohne sich selbst hinein zu
mischen, schon einigen Ersatz für die Entbehrung
desjenigen, was er nun nicht zu sehen bekam --

3r Theil. E

Aber dann kehrte wieder das wehmuͤthige
Gefuͤhl zuruͤck: wo ſollte er nun in dieſer großen
oͤden Welt feſten Fuß faſſen, da er ſich aus allen
Verhaͤltniſſen herausgedraͤngt ſahe? — Da wo
auf einem kleinen Fleck der Erde die menſch¬
lichen Schickſale zuſammenlaufen, war er nichts,
gar nichts! —

Ihm fiel ein, daß verdraͤngt zu werden von
Kindheit an ſein Schickſal geweſen war — wenn
er bei irgend etwas zuſehen wollte, wobei es
darauf ankam, ſich hinzuzudraͤngen, ſo war jeder
andere dreiſter wie er, und draͤngte ſich ihm vor
— er glaubte, es ſollte etwa einmal eine Luͤcke
entſtehen, wo er, ohne jemanden vor ſich hin¬
wegzudraͤngen, ſich in die Reihe mit einfuͤgen
koͤnnte — aber es entſtand keine ſolche Luͤcke —
und er zog ſich von ſelbſt zuruͤck, und ſahe nun
in der Ferne dem Gedraͤnge zu, indem er einſam
da ſtand. —

Und wenn er nun ſo einſam da ſtand, ſo gab
ihm der Gedanke, daß er dem Gedraͤnge nun ſo
ruhig zuſehen konnte, ohne ſich ſelbſt hinein zu
miſchen, ſchon einigen Erſatz fuͤr die Entbehrung
desjenigen, was er nun nicht zu ſehen bekam —

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[65/0075] Aber dann kehrte wieder das wehmuͤthige Gefuͤhl zuruͤck: wo ſollte er nun in dieſer großen oͤden Welt feſten Fuß faſſen, da er ſich aus allen Verhaͤltniſſen herausgedraͤngt ſahe? — Da wo auf einem kleinen Fleck der Erde die menſch¬ lichen Schickſale zuſammenlaufen, war er nichts, gar nichts! — Ihm fiel ein, daß verdraͤngt zu werden von Kindheit an ſein Schickſal geweſen war — wenn er bei irgend etwas zuſehen wollte, wobei es darauf ankam, ſich hinzuzudraͤngen, ſo war jeder andere dreiſter wie er, und draͤngte ſich ihm vor — er glaubte, es ſollte etwa einmal eine Luͤcke entſtehen, wo er, ohne jemanden vor ſich hin¬ wegzudraͤngen, ſich in die Reihe mit einfuͤgen koͤnnte — aber es entſtand keine ſolche Luͤcke — und er zog ſich von ſelbſt zuruͤck, und ſahe nun in der Ferne dem Gedraͤnge zu, indem er einſam da ſtand. — Und wenn er nun ſo einſam da ſtand, ſo gab ihm der Gedanke, daß er dem Gedraͤnge nun ſo ruhig zuſehen konnte, ohne ſich ſelbſt hinein zu miſchen, ſchon einigen Erſatz fuͤr die Entbehrung desjenigen, was er nun nicht zu ſehen bekam — 3r Theil. E

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/75>, abgerufen am 09.11.2024.