Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.Dir Freund, will ich mein Leiden klagen, O könnten dir es Worte sagen: Ich weiß, du fühltest meinen Schmerz -- Mich tränkt nicht hoffnungslose Liebe, Nicht kränkten unerfüllte Triebe Nach Ehr und Gold mein Herz. -- Dieser Anfang bezog sich zum Theil auf Phi¬ Denn so wie er die Verachtung, welche auf Dir Freund, will ich mein Leiden klagen, O koͤnnten dir es Worte ſagen: Ich weiß, du fuͤhlteſt meinen Schmerz — Mich traͤnkt nicht hoffnungsloſe Liebe, Nicht kraͤnkten unerfuͤllte Triebe Nach Ehr und Gold mein Herz. — Dieſer Anfang bezog ſich zum Theil auf Phi¬ Denn ſo wie er die Verachtung, welche auf <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0080" n="70"/> <lg type="poem"> <l>Dir Freund, will ich mein Leiden klagen,</l><lb/> <l>O koͤnnten dir es Worte ſagen:</l><lb/> <l>Ich weiß, du fuͤhlteſt meinen Schmerz —</l><lb/> <l>Mich traͤnkt nicht hoffnungsloſe Liebe,</l><lb/> <l>Nicht kraͤnkten unerfuͤllte Triebe</l><lb/> <l>Nach Ehr und Gold mein Herz. —</l> </lg><lb/> <p>Dieſer Anfang bezog ſich zum Theil auf Phi¬<lb/> lipp Reiſers verliebte Launen, womit ihn dieſer<lb/> oft quaͤlte, indem er ihm alle die allmaͤligen<lb/> Fortſchritte erzaͤhlte, die er in der Gunſt ſeines<lb/> Maͤdchens gethan hatte, — und ſeine Hoffnun¬<lb/> gen und Auſſichten, die ſich alle auf die Errei¬<lb/> chung der Gegengunſt ſeines Maͤdchens be¬<lb/> ſchraͤnkten. — Wofuͤr nun Anton Reiſer gar kei¬<lb/> nen Sinn hatte, dem es nie eingefallen war,<lb/> ſich die Liebe eines Maͤdchens zu erwerben, weil<lb/> er es fuͤr ganz unmoͤglich hielt, daß ihm bei ſeiner<lb/> ſchlechten Kleidung, und bei der allgemeinen<lb/> Verachtung, der er ausgeſetzt war, je ein ſolcher<lb/> Verſuch gelingen wuͤrde. —</p><lb/> <p>Denn ſo wie er die Verachtung, welche auf<lb/> ſeinen Geiſt fiel, gleichſam mit zu ſich ſelber rech¬<lb/> nete, ſo rechnete er auch die ſchlechte Kleidung<lb/></p> </body> </text> </TEI> [70/0080]
Dir Freund, will ich mein Leiden klagen,
O koͤnnten dir es Worte ſagen:
Ich weiß, du fuͤhlteſt meinen Schmerz —
Mich traͤnkt nicht hoffnungsloſe Liebe,
Nicht kraͤnkten unerfuͤllte Triebe
Nach Ehr und Gold mein Herz. —
Dieſer Anfang bezog ſich zum Theil auf Phi¬
lipp Reiſers verliebte Launen, womit ihn dieſer
oft quaͤlte, indem er ihm alle die allmaͤligen
Fortſchritte erzaͤhlte, die er in der Gunſt ſeines
Maͤdchens gethan hatte, — und ſeine Hoffnun¬
gen und Auſſichten, die ſich alle auf die Errei¬
chung der Gegengunſt ſeines Maͤdchens be¬
ſchraͤnkten. — Wofuͤr nun Anton Reiſer gar kei¬
nen Sinn hatte, dem es nie eingefallen war,
ſich die Liebe eines Maͤdchens zu erwerben, weil
er es fuͤr ganz unmoͤglich hielt, daß ihm bei ſeiner
ſchlechten Kleidung, und bei der allgemeinen
Verachtung, der er ausgeſetzt war, je ein ſolcher
Verſuch gelingen wuͤrde. —
Denn ſo wie er die Verachtung, welche auf
ſeinen Geiſt fiel, gleichſam mit zu ſich ſelber rech¬
nete, ſo rechnete er auch die ſchlechte Kleidung
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