Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.und Kindheit drängten sich zusammen. Er häufte Er wollte noch an diesem Tage wieder aus Nun gieng er zu Froriep, um Abschied von und Kindheit draͤngten ſich zuſammen. Er haͤufte Er wollte noch an dieſem Tage wieder aus Nun gieng er zu Froriep, um Abſchied von <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0178" n="164"/> und Kindheit draͤngten ſich zuſammen. Er haͤufte<lb/> ſelber alle Schmach auf ſich, und wollte ver¬<lb/> zweiflungsvoll ſich einem blinden Schickſal aufs<lb/> neue uͤberlaſſen.</p><lb/> <p>Er wollte noch an dieſem Tage wieder aus<lb/> Erfurt gehen, und tauſenderlei romanhafte<lb/> Ideen durchkreuzten ſich in ſeinem Kopfe, wor¬<lb/> unter eine ihm beſonders reizend ſchien, daß er<lb/> in Weimar bei dem Verfaſſer von Werthers Lei¬<lb/> den wollte Bedienter zu werden ſuchen, es ſey<lb/> unter welchen Bedingungen es wolle; daß er<lb/> auf die Art gleichſam unerkannter Weiſe, ſo nahe<lb/> um die Perſon desjenigen ſeyn wuͤrde, der un¬<lb/> ter allen Menſchen auf Erden den ſtaͤrkſten Ein¬<lb/> druck auf ſein Gemuͤth gemacht hatte; Er gieng<lb/> vors Thor und blickte nach dem Ettersberge hin¬<lb/> uͤber, der wie eine Scheidewand zwiſchen ihm<lb/> und ſeinen Wuͤnſchen lag.</p><lb/> <p>Nun gieng er zu Froriep, um Abſchied von<lb/> ihm zu nehmen, ohne ihm eine eigentliche Ur¬<lb/> ſache ſagen zu koͤnnen, weswegen er Erfurt wie¬<lb/> der verlaſſen wolle. Der Doktor Froriep ſchob<lb/> dieſen Entſchluß auf ſeine Melancholie, redete<lb/> ihm zu, daß er bleiben ſolle, und entließ ihn<lb/></p> </body> </text> </TEI> [164/0178]
und Kindheit draͤngten ſich zuſammen. Er haͤufte
ſelber alle Schmach auf ſich, und wollte ver¬
zweiflungsvoll ſich einem blinden Schickſal aufs
neue uͤberlaſſen.
Er wollte noch an dieſem Tage wieder aus
Erfurt gehen, und tauſenderlei romanhafte
Ideen durchkreuzten ſich in ſeinem Kopfe, wor¬
unter eine ihm beſonders reizend ſchien, daß er
in Weimar bei dem Verfaſſer von Werthers Lei¬
den wollte Bedienter zu werden ſuchen, es ſey
unter welchen Bedingungen es wolle; daß er
auf die Art gleichſam unerkannter Weiſe, ſo nahe
um die Perſon desjenigen ſeyn wuͤrde, der un¬
ter allen Menſchen auf Erden den ſtaͤrkſten Ein¬
druck auf ſein Gemuͤth gemacht hatte; Er gieng
vors Thor und blickte nach dem Ettersberge hin¬
uͤber, der wie eine Scheidewand zwiſchen ihm
und ſeinen Wuͤnſchen lag.
Nun gieng er zu Froriep, um Abſchied von
ihm zu nehmen, ohne ihm eine eigentliche Ur¬
ſache ſagen zu koͤnnen, weswegen er Erfurt wie¬
der verlaſſen wolle. Der Doktor Froriep ſchob
dieſen Entſchluß auf ſeine Melancholie, redete
ihm zu, daß er bleiben ſolle, und entließ ihn
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