härteste Schlag traf, den er noch immer zu vermeiden hofte, er mußte sein Haar verlieren.
Der Gedanke nunmehro in einer Perucke, welches unter den Erfurter Studenten ganz et¬ was Ungewöhnliches war, erscheinen zu müssen, war ihm unerträglich. Mit dem wenigen Gelde, was er noch übrig hatte, gieng er an das äußerste Ende der Stadt, wo er sich in einem Gasthof einquartierte, in welchem er aber nur schlief, und des Abends sich etwas Bier und Brodt ge¬ ben ließ, um desto länger mit seinem Gelbe zu reichen.
Bei Tage gieng er größtentheils in öden Ge¬ genden umher, suchte, wenn es regnete, in den Kirchen Schutz, und brachte auf die Weise beinahe vierzehn Tage zu, in welcher Zeit nie¬ mand wußte, wo er geblieben war; bis endlich denn doch einer seiner Freunde ihn ausspähte, und er auf einmal von N. . . O. . . W. . . und noch einigen, die sich für ihn interessirten, in dem Gasthofe unvermuthet überrascht, und über seine Entfernung ihm freundschaftliche Vorwürfe gemacht wurden.
M 2
haͤrteſte Schlag traf, den er noch immer zu vermeiden hofte, er mußte ſein Haar verlieren.
Der Gedanke nunmehro in einer Perucke, welches unter den Erfurter Studenten ganz et¬ was Ungewoͤhnliches war, erſcheinen zu muͤſſen, war ihm unertraͤglich. Mit dem wenigen Gelde, was er noch uͤbrig hatte, gieng er an das aͤußerſte Ende der Stadt, wo er ſich in einem Gaſthof einquartierte, in welchem er aber nur ſchlief, und des Abends ſich etwas Bier und Brodt ge¬ ben ließ, um deſto laͤnger mit ſeinem Gelbe zu reichen.
Bei Tage gieng er groͤßtentheils in oͤden Ge¬ genden umher, ſuchte, wenn es regnete, in den Kirchen Schutz, und brachte auf die Weiſe beinahe vierzehn Tage zu, in welcher Zeit nie¬ mand wußte, wo er geblieben war; bis endlich denn doch einer ſeiner Freunde ihn ausſpaͤhte, und er auf einmal von N. . . O. . . W. . . und noch einigen, die ſich fuͤr ihn intereſſirten, in dem Gaſthofe unvermuthet uͤberraſcht, und uͤber ſeine Entfernung ihm freundſchaftliche Vorwuͤrfe gemacht wurden.
M 2
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0193"n="179"/>
haͤrteſte Schlag traf, den er noch immer zu<lb/>
vermeiden hofte, er mußte ſein Haar verlieren.</p><lb/><p>Der Gedanke nunmehro in einer Perucke,<lb/>
welches unter den Erfurter Studenten ganz et¬<lb/>
was Ungewoͤhnliches war, erſcheinen zu muͤſſen,<lb/>
war ihm unertraͤglich. Mit dem wenigen Gelde,<lb/>
was er noch uͤbrig hatte, gieng er an das aͤußerſte<lb/>
Ende der Stadt, wo er ſich in einem Gaſthof<lb/>
einquartierte, in welchem er aber nur ſchlief,<lb/>
und des Abends ſich etwas Bier und Brodt ge¬<lb/>
ben ließ, um deſto laͤnger mit ſeinem Gelbe zu<lb/>
reichen.</p><lb/><p>Bei Tage gieng er groͤßtentheils in oͤden Ge¬<lb/>
genden umher, ſuchte, wenn es regnete, in<lb/>
den Kirchen Schutz, und brachte auf die Weiſe<lb/>
beinahe vierzehn Tage zu, in welcher Zeit nie¬<lb/>
mand wußte, wo er geblieben war; bis endlich<lb/>
denn doch einer ſeiner Freunde ihn ausſpaͤhte,<lb/>
und er auf einmal von N. . . O. . . W. . . und<lb/>
noch einigen, die ſich fuͤr ihn intereſſirten, in<lb/>
dem Gaſthofe unvermuthet uͤberraſcht, und uͤber<lb/>ſeine Entfernung ihm freundſchaftliche Vorwuͤrfe<lb/>
gemacht wurden.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">M 2<lb/></fw></body></text></TEI>
[179/0193]
haͤrteſte Schlag traf, den er noch immer zu
vermeiden hofte, er mußte ſein Haar verlieren.
Der Gedanke nunmehro in einer Perucke,
welches unter den Erfurter Studenten ganz et¬
was Ungewoͤhnliches war, erſcheinen zu muͤſſen,
war ihm unertraͤglich. Mit dem wenigen Gelde,
was er noch uͤbrig hatte, gieng er an das aͤußerſte
Ende der Stadt, wo er ſich in einem Gaſthof
einquartierte, in welchem er aber nur ſchlief,
und des Abends ſich etwas Bier und Brodt ge¬
ben ließ, um deſto laͤnger mit ſeinem Gelbe zu
reichen.
Bei Tage gieng er groͤßtentheils in oͤden Ge¬
genden umher, ſuchte, wenn es regnete, in
den Kirchen Schutz, und brachte auf die Weiſe
beinahe vierzehn Tage zu, in welcher Zeit nie¬
mand wußte, wo er geblieben war; bis endlich
denn doch einer ſeiner Freunde ihn ausſpaͤhte,
und er auf einmal von N. . . O. . . W. . . und
noch einigen, die ſich fuͤr ihn intereſſirten, in
dem Gaſthofe unvermuthet uͤberraſcht, und uͤber
ſeine Entfernung ihm freundſchaftliche Vorwuͤrfe
gemacht wurden.
M 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/193>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.