Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

deutsche, jungfräuliche Antlitz Maria's klar sich abheben läßt. Es scheint für jeden nachbildenden Künstler, sei es auf Stein oder Kupfer, eine Unmöglichkeit zu sein, den holdseligen Ausdruck dieses Gesichtes wiederzugewinnen. Es ist ein unwiderstehlicher Zauber darauf hingehaucht. Sie trägt eine Krone, welche im Kreise aus goldenen, aneinander gestellten gleichen Blumenblättern zusammengesetzt und mit Perlen verziert ist; auf jedem Blättchen sieht man die Figur eines Heiligen angedeutet. Ein Karfunkel steht wie ein Blutstropfen auf dem vordersten Blättchen über der todesklaren Stirn. Ihre goldenen Haare fluthen unter der Krone zu beiden Seiten einfach herunter, ihre niedergeschlagenen Augen bedecken sich mildverschleiernd mit den weichen Wimpern. Sie trägt ein dunkelgrünes Gewand, welches, um die Armgelenke zurückgeschlagen, das um die Vorderarme eng anliegende Untergewand und die feinen Manschetten, welche die schönen Hände umgeben, erscheinen läßt. Um die Hüfte hat sie eine nachlässig geschlungene, rothe, schmale Schärpe, welche mit den Enden herabhängt. Das Kind, von ihren Händen getragen, hat sein Köpfchen auf sein rechtes Händchen und dieses auf die linke Schulter der schwesterlichen Jungfrau gelegt. Es blickt und streckt sein linkes Händchen aus nach den Knieenden herunter. Es bedarf nicht der Aufforderung ihres jüngeren Bruders, des frischen Knaben zu ihren Füßen, sie abzubeten; diese in der deutschen Kunst

deutsche, jungfräuliche Antlitz Maria’s klar sich abheben läßt. Es scheint für jeden nachbildenden Künstler, sei es auf Stein oder Kupfer, eine Unmöglichkeit zu sein, den holdseligen Ausdruck dieses Gesichtes wiederzugewinnen. Es ist ein unwiderstehlicher Zauber darauf hingehaucht. Sie trägt eine Krone, welche im Kreise aus goldenen, aneinander gestellten gleichen Blumenblättern zusammengesetzt und mit Perlen verziert ist; auf jedem Blättchen sieht man die Figur eines Heiligen angedeutet. Ein Karfunkel steht wie ein Blutstropfen auf dem vordersten Blättchen über der todesklaren Stirn. Ihre goldenen Haare fluthen unter der Krone zu beiden Seiten einfach herunter, ihre niedergeschlagenen Augen bedecken sich mildverschleiernd mit den weichen Wimpern. Sie trägt ein dunkelgrünes Gewand, welches, um die Armgelenke zurückgeschlagen, das um die Vorderarme eng anliegende Untergewand und die feinen Manschetten, welche die schönen Hände umgeben, erscheinen läßt. Um die Hüfte hat sie eine nachlässig geschlungene, rothe, schmale Schärpe, welche mit den Enden herabhängt. Das Kind, von ihren Händen getragen, hat sein Köpfchen auf sein rechtes Händchen und dieses auf die linke Schulter der schwesterlichen Jungfrau gelegt. Es blickt und streckt sein linkes Händchen aus nach den Knieenden herunter. Es bedarf nicht der Aufforderung ihres jüngeren Bruders, des frischen Knaben zu ihren Füßen, sie abzubeten; diese in der deutschen Kunst

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0037" n="27"/>
deutsche, jungfräuliche Antlitz Maria&#x2019;s klar sich abheben läßt. Es scheint für jeden nachbildenden Künstler, sei es auf Stein oder Kupfer, eine Unmöglichkeit zu sein, den holdseligen Ausdruck dieses Gesichtes wiederzugewinnen. Es ist ein unwiderstehlicher Zauber darauf hingehaucht. Sie trägt eine Krone, welche im Kreise aus goldenen, aneinander gestellten gleichen Blumenblättern zusammengesetzt und mit Perlen verziert ist; auf jedem Blättchen sieht man die Figur eines Heiligen angedeutet. Ein Karfunkel steht wie ein Blutstropfen auf dem vordersten Blättchen über der todesklaren Stirn. Ihre goldenen Haare fluthen unter der Krone zu beiden Seiten einfach herunter, ihre niedergeschlagenen Augen bedecken sich mildverschleiernd mit den weichen Wimpern. Sie trägt ein dunkelgrünes Gewand, welches, um die Armgelenke zurückgeschlagen, das um die Vorderarme eng anliegende Untergewand und die feinen Manschetten, welche die schönen Hände umgeben, erscheinen läßt. Um die Hüfte hat sie eine nachlässig geschlungene, rothe, schmale Schärpe, welche mit den Enden herabhängt. Das Kind, von ihren Händen getragen, hat sein Köpfchen auf sein rechtes Händchen und dieses auf die linke Schulter der schwesterlichen Jungfrau gelegt. Es blickt und streckt sein linkes Händchen aus nach den Knieenden herunter. Es bedarf nicht der Aufforderung ihres jüngeren Bruders, des frischen Knaben zu ihren Füßen, sie abzubeten; diese in der deutschen Kunst
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0037] deutsche, jungfräuliche Antlitz Maria’s klar sich abheben läßt. Es scheint für jeden nachbildenden Künstler, sei es auf Stein oder Kupfer, eine Unmöglichkeit zu sein, den holdseligen Ausdruck dieses Gesichtes wiederzugewinnen. Es ist ein unwiderstehlicher Zauber darauf hingehaucht. Sie trägt eine Krone, welche im Kreise aus goldenen, aneinander gestellten gleichen Blumenblättern zusammengesetzt und mit Perlen verziert ist; auf jedem Blättchen sieht man die Figur eines Heiligen angedeutet. Ein Karfunkel steht wie ein Blutstropfen auf dem vordersten Blättchen über der todesklaren Stirn. Ihre goldenen Haare fluthen unter der Krone zu beiden Seiten einfach herunter, ihre niedergeschlagenen Augen bedecken sich mildverschleiernd mit den weichen Wimpern. Sie trägt ein dunkelgrünes Gewand, welches, um die Armgelenke zurückgeschlagen, das um die Vorderarme eng anliegende Untergewand und die feinen Manschetten, welche die schönen Hände umgeben, erscheinen läßt. Um die Hüfte hat sie eine nachlässig geschlungene, rothe, schmale Schärpe, welche mit den Enden herabhängt. Das Kind, von ihren Händen getragen, hat sein Köpfchen auf sein rechtes Händchen und dieses auf die linke Schulter der schwesterlichen Jungfrau gelegt. Es blickt und streckt sein linkes Händchen aus nach den Knieenden herunter. Es bedarf nicht der Aufforderung ihres jüngeren Bruders, des frischen Knaben zu ihren Füßen, sie abzubeten; diese in der deutschen Kunst

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-03-04T10:41:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-04T10:41:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-04T10:41:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844/37
Zitationshilfe: Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844/37>, abgerufen am 23.11.2024.