Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844.hat. Sie wird die Schrift in dieser Entfernung kaum erkennen, sie braucht aber doch wenigstens nicht das sündhafte Weib anzusehen. Dagegen starrt der heilige Joseph mit dem tiefsten Ingrimme und herzlichster Verachtung die Herzogin an. Wie im vorigen Bilde: die Gesegnete! nichts als Erhörung der frommen Demuth, so hier nur Verwerfung der heuchelnden Sünde. Wie ist es möglich, kann man fragen, daß der Künstler ein bestelltes Portraitbild so auffassen und darstellen konnte? Tizian konnte, wie jeder große Meister, in seinen besten Gemälden nur seine Gemüthsstimmung, welche ihm der Gegenstand einflöste, zur Darstellung bringen. Diese Gemüthsstimmung zu verstehen, ist nicht die Sache vieler, am allerwenigsten der im äußerlichen Scheinleben befangenen Menschen. Alphons wird ihm das Portraitgemälde bezahlt haben, ohne sich dabei weiter Etwas zu denken; doch wird es weder ihn noch seine Lucrezia bezaubert haben, ohne daß sie sich des Grundes davon bewußt gewesen sein möchten. Die Verklärung des Fleisches. Auf weißem Lager ruht die schöne Gestalt der Venus im Schatten eines rothen Vorhanges. Zu ihren Füßen an der Brüstung des Altans, mit dem Rücken ihr und uns zugekehrt, sitzt ein junger Cavalier. hat. Sie wird die Schrift in dieser Entfernung kaum erkennen, sie braucht aber doch wenigstens nicht das sündhafte Weib anzusehen. Dagegen starrt der heilige Joseph mit dem tiefsten Ingrimme und herzlichster Verachtung die Herzogin an. Wie im vorigen Bilde: die Gesegnete! nichts als Erhörung der frommen Demuth, so hier nur Verwerfung der heuchelnden Sünde. Wie ist es möglich, kann man fragen, daß der Künstler ein bestelltes Portraitbild so auffassen und darstellen konnte? Tizian konnte, wie jeder große Meister, in seinen besten Gemälden nur seine Gemüthsstimmung, welche ihm der Gegenstand einflöste, zur Darstellung bringen. Diese Gemüthsstimmung zu verstehen, ist nicht die Sache vieler, am allerwenigsten der im äußerlichen Scheinleben befangenen Menschen. Alphons wird ihm das Portraitgemälde bezahlt haben, ohne sich dabei weiter Etwas zu denken; doch wird es weder ihn noch seine Lucrezia bezaubert haben, ohne daß sie sich des Grundes davon bewußt gewesen sein möchten. Die Verklärung des Fleisches. Auf weißem Lager ruht die schöne Gestalt der Venus im Schatten eines rothen Vorhanges. Zu ihren Füßen an der Brüstung des Altans, mit dem Rücken ihr und uns zugekehrt, sitzt ein junger Cavalier. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0048" n="38"/> hat. Sie wird die Schrift in dieser Entfernung kaum erkennen, sie braucht aber doch wenigstens nicht das sündhafte Weib anzusehen.</p> <p>Dagegen starrt der heilige Joseph mit dem tiefsten Ingrimme und herzlichster Verachtung die Herzogin an.</p> <p>Wie im vorigen Bilde: die Gesegnete! nichts als Erhörung der frommen Demuth, so hier nur Verwerfung der heuchelnden Sünde.</p> <p>Wie ist es möglich, kann man fragen, daß der Künstler ein bestelltes Portraitbild so auffassen und darstellen konnte?</p> <p>Tizian konnte, wie jeder große Meister, in seinen besten Gemälden nur seine Gemüthsstimmung, welche ihm der Gegenstand einflöste, zur Darstellung bringen. Diese Gemüthsstimmung zu verstehen, ist nicht die Sache vieler, am allerwenigsten der im äußerlichen Scheinleben befangenen Menschen. Alphons wird ihm das Portraitgemälde bezahlt haben, ohne sich dabei weiter Etwas zu denken; doch wird es weder ihn noch seine Lucrezia bezaubert haben, ohne daß sie sich des Grundes davon bewußt gewesen sein möchten.</p> <p rendition="#c"> <hi rendition="#g">Die Verklärung des Fleisches.</hi> </p> <p>Auf weißem Lager ruht die schöne Gestalt der Venus im Schatten eines rothen Vorhanges. Zu ihren Füßen an der Brüstung des Altans, mit dem Rücken ihr und uns zugekehrt, sitzt ein junger Cavalier. </p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0048]
hat. Sie wird die Schrift in dieser Entfernung kaum erkennen, sie braucht aber doch wenigstens nicht das sündhafte Weib anzusehen.
Dagegen starrt der heilige Joseph mit dem tiefsten Ingrimme und herzlichster Verachtung die Herzogin an.
Wie im vorigen Bilde: die Gesegnete! nichts als Erhörung der frommen Demuth, so hier nur Verwerfung der heuchelnden Sünde.
Wie ist es möglich, kann man fragen, daß der Künstler ein bestelltes Portraitbild so auffassen und darstellen konnte?
Tizian konnte, wie jeder große Meister, in seinen besten Gemälden nur seine Gemüthsstimmung, welche ihm der Gegenstand einflöste, zur Darstellung bringen. Diese Gemüthsstimmung zu verstehen, ist nicht die Sache vieler, am allerwenigsten der im äußerlichen Scheinleben befangenen Menschen. Alphons wird ihm das Portraitgemälde bezahlt haben, ohne sich dabei weiter Etwas zu denken; doch wird es weder ihn noch seine Lucrezia bezaubert haben, ohne daß sie sich des Grundes davon bewußt gewesen sein möchten.
Die Verklärung des Fleisches.
Auf weißem Lager ruht die schöne Gestalt der Venus im Schatten eines rothen Vorhanges. Zu ihren Füßen an der Brüstung des Altans, mit dem Rücken ihr und uns zugekehrt, sitzt ein junger Cavalier.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-03-04T10:41:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-03-04T10:41:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-03-04T10:41:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |