temberg, ehedem Anhalt aus, wo das Dienen von Vater auf die Söhne, Brüder und den gan- zen Stamm erblich und zu einem Familien-Her- kommen geworden. Die Diener und Untertha- nen solcher Herrn, deren Eltern und sie selbst schon seit 40. bis 50. Jahren den preussischen Dienst gewohnt waren, können aus Erfahrung davon sprechen, wie viel von dem Geist der preussischen Regierung in sie übergegangen, und man bedarf nicht einmahl einer Landcharte, um bei der Reise aus einer solchen Provinz in die andern, an Miene, Ton und Melodie von Dienern und Unterthanen den Unterschied zu bemerken: Ob ein Soldaten-Fürst oder ein Friedens-Fürst das Land behersche?
Doch genug, wo nicht zu viel, über einen Gegenstand, wo Zeit und Erfahrung, mehr als alle Wünsche und Declamationen, belehren wird und belehren muss Wie lange auch diese Pe- riode dauern werde und dauern könne? Und ob nicht während derselben noch mancher Fürst das Attestat verdienen würde, womit die vor- trefliche Churfürstin Sophia zu Hannover, nach ihrem bey dem Czaar Peter dem Grossen, im Jahr 1697. abgestatteten Besuch, diesen fürch-
temberg, ehedem Anhalt aus, wo das Dienen von Vater auf die Söhne, Brüder und den gan- zen Stamm erblich und zu einem Familien-Her- kommen geworden. Die Diener und Untertha- nen solcher Herrn, deren Eltern und sie selbst schon seit 40. bis 50. Jahren den preussischen Dienst gewohnt waren, können aus Erfahrung davon sprechen, wie viel von dem Geist der preussischen Regierung in sie übergegangen, und man bedarf nicht einmahl einer Landcharte, um bei der Reise aus einer solchen Provinz in die andern, an Miene, Ton und Melodie von Dienern und Unterthanen den Unterschied zu bemerken: Ob ein Soldaten-Fürst oder ein Friedens-Fürst das Land behersche?
Doch genug, wo nicht zu viel, über einen Gegenstand, wo Zeit und Erfahrung, mehr als alle Wünsche und Declamationen, belehren wird und belehren muſs Wie lange auch diese Pe- riode dauern werde und dauern könne? Und ob nicht während derselben noch mancher Fürst das Attestat verdienen würde, womit die vor- trefliche Churfürstin Sophia zu Hannover, nach ihrem bey dem Czaar Peter dem Groſsen, im Jahr 1697. abgestatteten Besuch, diesen fürch-
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temberg, ehedem Anhalt aus, wo das Dienen
von Vater auf die Söhne, Brüder und den gan-
zen Stamm erblich und zu einem Familien-Her-
kommen geworden. Die Diener und Untertha-
nen solcher Herrn, deren Eltern und sie selbst
schon seit 40. bis 50. Jahren den preussischen
Dienst gewohnt waren, können aus Erfahrung
davon sprechen, wie viel von dem Geist der
preussischen Regierung in sie übergegangen,
und man bedarf nicht einmahl einer Landcharte,
um bei der Reise aus einer solchen Provinz in
die andern, an Miene, Ton und Melodie von
Dienern und Unterthanen den Unterschied zu
bemerken: Ob ein Soldaten-Fürst oder ein
Friedens-Fürst das Land behersche?
Doch genug, wo nicht zu viel, über einen
Gegenstand, wo Zeit und Erfahrung, mehr als
alle Wünsche und Declamationen, belehren wird
und belehren muſs Wie lange auch diese Pe-
riode dauern werde und dauern könne? Und
ob nicht während derselben noch mancher Fürst
das Attestat verdienen würde, womit die vor-
trefliche Churfürstin Sophia zu Hannover, nach
ihrem bey dem Czaar Peter dem Groſsen, im
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/122>, abgerufen am 23.11.2024.
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