Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.Vor eben so wahr und richtig wird aber auch Auf diesem Glauben und Erfahrung gründet Um den Gefahren eines solchen allzuoft mög- Vor eben so wahr und richtig wird aber auch Auf diesem Glauben und Erfahrung gründet Um den Gefahren eines solchen allzuoft mög- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0030" n="24"/> <p>Vor eben so wahr und richtig wird aber auch<lb/> allgemein anerkannt, daſs Regenten und Obrig-<lb/> keiten, und wer stufenweis weiter zu befehlen<lb/> hat, böses wünschen, thun und befehlen; daſs<lb/> sie irren und fehlen; daſs sie sich erzürnen und<lb/> übereilen können, und also die Befolgung und<lb/> der <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">unbeschränkte Gehorsam</hi></hi> gegen ihre<lb/> Wünsche und Befehle, die gleich heilige Pflich-<lb/> ten gegen Gott, das Gewissen, sich selbst und<lb/> andere Menschen verlezen, und in vielen Fällen<lb/> selbst dem, welchem man blindlings gehorchet,<lb/> am ersten und meisten schaden könne.</p><lb/> <p>Auf diesem Glauben und Erfahrung gründet<lb/> sich die Ueberzeugung: Daſs es Fälle geben<lb/> könne, worinnen es Recht, Pflicht und Wohl-<lb/> that sey, <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">nicht</hi></hi> zu gehorchen; zu sagen, daſs<lb/> und warum man nicht gehorchen könne, wolle<lb/> und werde? Und es in dem über diſs Wollen<lb/> und Nichtwollen entstehenden Kampf drauf wa-<lb/> ge: Ob der befehlende oder nicht gehorchende<lb/> Theil siege oder unterliege?</p><lb/> <p>Um den Gefahren eines solchen allzuoft mög-<lb/> lichen Streits vorzubeugen, ist im Groſsen und<lb/> Ganzen der Menschen- Völker- und Länderbe-<lb/> herrschung in allen christlichen Staaten durch<lb/> diejenigen Barrieres gesorgt, welche wir im<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [24/0030]
Vor eben so wahr und richtig wird aber auch
allgemein anerkannt, daſs Regenten und Obrig-
keiten, und wer stufenweis weiter zu befehlen
hat, böses wünschen, thun und befehlen; daſs
sie irren und fehlen; daſs sie sich erzürnen und
übereilen können, und also die Befolgung und
der unbeschränkte Gehorsam gegen ihre
Wünsche und Befehle, die gleich heilige Pflich-
ten gegen Gott, das Gewissen, sich selbst und
andere Menschen verlezen, und in vielen Fällen
selbst dem, welchem man blindlings gehorchet,
am ersten und meisten schaden könne.
Auf diesem Glauben und Erfahrung gründet
sich die Ueberzeugung: Daſs es Fälle geben
könne, worinnen es Recht, Pflicht und Wohl-
that sey, nicht zu gehorchen; zu sagen, daſs
und warum man nicht gehorchen könne, wolle
und werde? Und es in dem über diſs Wollen
und Nichtwollen entstehenden Kampf drauf wa-
ge: Ob der befehlende oder nicht gehorchende
Theil siege oder unterliege?
Um den Gefahren eines solchen allzuoft mög-
lichen Streits vorzubeugen, ist im Groſsen und
Ganzen der Menschen- Völker- und Länderbe-
herrschung in allen christlichen Staaten durch
diejenigen Barrieres gesorgt, welche wir im
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