Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

überzeugt worden ist: Dass nämlich die Macht
der Regenten mit einem hohen Wohlstande der
Unterthanen unvereinbar seye, und dass die er-
stere in eben dem Verhältnisse wachse, in wel-
chem die Rechte der leztern gekränkt und die
Unterthanen willkührlich behandelt würden."

Aufrichtig zu bekennen, wüsste ich, höch-
stens Engelland ausgenommen, auf der Land-
karte von Europa das Reich nicht zu finden, auf
welches dieser Lobspruch anwendbar wäre; und
die Kluft zwischen den Fehde- und Ritter-Zei-
ten des Mittel-Alters und unsern Tagen möchte
wohl zu gross seyn, als dass eine richtige Ver-
gleichung zwischen beyden statt finden könnte;
man müsste dann, auf eine ähnliche Art, die
Frage so stellen wollen: Ob Aberglauben oder
Unglauben dem menschlichen Geschlecht schäd-
licher gewesen sey? Eins wie das andere, wür-
de, nach Wahrheit und Gerechtigkeit, die Ant-
wort ausfallen müssen.


Liebe eines Volks zu seinem Herrn, und Va-
ter-Sinn von diesem und von jeder Obrigkeit ge-
gen ihre Unterthanen und Untergebenen, wäre
freilich das edelste Motif eines frohen und wil-
ligsten Gehorsams, der schönste Kranz um das

überzeugt worden ist: Daſs nämlich die Macht
der Regenten mit einem hohen Wohlstande der
Unterthanen unvereinbar seye, und daſs die er-
stere in eben dem Verhältniſse wachse, in wel-
chem die Rechte der leztern gekränkt und die
Unterthanen willkührlich behandelt würden.„

Aufrichtig zu bekennen, wüſste ich, höch-
stens Engelland ausgenommen, auf der Land-
karte von Europa das Reich nicht zu finden, auf
welches dieser Lobspruch anwendbar wäre; und
die Kluft zwischen den Fehde- und Ritter-Zei-
ten des Mittel-Alters und unsern Tagen möchte
wohl zu groſs seyn, als daſs eine richtige Ver-
gleichung zwischen beyden statt finden könnte;
man müſste dann, auf eine ähnliche Art, die
Frage so stellen wollen: Ob Aberglauben oder
Unglauben dem menschlichen Geschlecht schäd-
licher gewesen sey? Eins wie das andere, wür-
de, nach Wahrheit und Gerechtigkeit, die Ant-
wort ausfallen müssen.


Liebe eines Volks zu seinem Herrn, und Va-
ter-Sinn von diesem und von jeder Obrigkeit ge-
gen ihre Unterthanen und Untergebenen, wäre
freilich das edelste Motif eines frohen und wil-
ligsten Gehorsams, der schönste Kranz um das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0067" n="61"/>
überzeugt worden ist: Da&#x017F;s nämlich die Macht<lb/>
der Regenten mit einem hohen Wohlstande der<lb/>
Unterthanen unvereinbar seye, und da&#x017F;s die er-<lb/>
stere in eben dem Verhältni&#x017F;se wachse, in wel-<lb/>
chem die Rechte der leztern gekränkt und die<lb/>
Unterthanen willkührlich behandelt würden.&#x201E;</p><lb/>
          <p>Aufrichtig zu bekennen, wü&#x017F;ste ich, höch-<lb/>
stens Engelland ausgenommen, auf der Land-<lb/>
karte von Europa das Reich nicht zu finden, auf<lb/>
welches dieser Lobspruch anwendbar wäre; und<lb/>
die Kluft zwischen den Fehde- und Ritter-Zei-<lb/>
ten des Mittel-Alters und unsern Tagen möchte<lb/>
wohl zu gro&#x017F;s seyn, als da&#x017F;s eine richtige Ver-<lb/>
gleichung zwischen beyden statt finden könnte;<lb/>
man mü&#x017F;ste dann, auf eine ähnliche Art, die<lb/>
Frage so stellen wollen: Ob Aberglauben oder<lb/>
Unglauben dem menschlichen Geschlecht schäd-<lb/>
licher gewesen sey? Eins wie das andere, wür-<lb/>
de, nach Wahrheit und Gerechtigkeit, die Ant-<lb/>
wort ausfallen müssen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Liebe</hi></hi> eines Volks zu seinem Herrn, und Va-<lb/>
ter-Sinn von diesem und von jeder Obrigkeit ge-<lb/>
gen ihre Unterthanen und Untergebenen, wäre<lb/>
freilich das edelste Motif eines frohen und wil-<lb/>
ligsten Gehorsams, der schönste Kranz um das<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0067] überzeugt worden ist: Daſs nämlich die Macht der Regenten mit einem hohen Wohlstande der Unterthanen unvereinbar seye, und daſs die er- stere in eben dem Verhältniſse wachse, in wel- chem die Rechte der leztern gekränkt und die Unterthanen willkührlich behandelt würden.„ Aufrichtig zu bekennen, wüſste ich, höch- stens Engelland ausgenommen, auf der Land- karte von Europa das Reich nicht zu finden, auf welches dieser Lobspruch anwendbar wäre; und die Kluft zwischen den Fehde- und Ritter-Zei- ten des Mittel-Alters und unsern Tagen möchte wohl zu groſs seyn, als daſs eine richtige Ver- gleichung zwischen beyden statt finden könnte; man müſste dann, auf eine ähnliche Art, die Frage so stellen wollen: Ob Aberglauben oder Unglauben dem menschlichen Geschlecht schäd- licher gewesen sey? Eins wie das andere, wür- de, nach Wahrheit und Gerechtigkeit, die Ant- wort ausfallen müssen. Liebe eines Volks zu seinem Herrn, und Va- ter-Sinn von diesem und von jeder Obrigkeit ge- gen ihre Unterthanen und Untergebenen, wäre freilich das edelste Motif eines frohen und wil- ligsten Gehorsams, der schönste Kranz um das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/67
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/67>, abgerufen am 18.12.2024.