das Lehrgeld mit seinem eigenen Schaden eini- gemahl theuer genug bezahlen müssen, noch lange nach ihm als Meister vom Stuhl wird er- kannt werden. Man kann nicht sagen, sein Ri- val, Kayser Joseph II. habe ihn nachgeahmt. Er war hierin zu sehr Original, und man hat ihn noch bey seines Leibes Leben offentlich in seiner eigenen Residenz beschuldigt: Dass er ehender eine ganze Provinz verlohren gehen liesse, als dass er einen launigten, witzigen Ein- fall, eine Spötterey, sie mochte noch so belei- digend seyn, hinunterschluckte; welches mit auffallenden Beweisen belegt wurde.
Man muss den Grossen der Erde gleichwohl auch die Gerechtigkeit wiederfahren lassen, dass sie eine Sache an andern ihres Geschlechts loben, wenn sie dieselbe nur nicht selbst thun dürfen. Dieses ist der gewöhnliche Fall bey einem geizigen, seine Dienerschaft nur de- fensive besoldenden König gegenüber einem freygebigen; der Fall eines den erbetenen Bey- stand des reichen Monarchen an seine armen Mi- nister wohl bezahlenden Fürsten; oder auch wenn bey Vergleichen, Ehepacten u. d. g. die herkommlichen Geschenke einerseits in baarem
das Lehrgeld mit seinem eigenen Schaden eini- gemahl theuer genug bezahlen müssen, noch lange nach ihm als Meister vom Stuhl wird er- kannt werden. Man kann nicht sagen, sein Ri- val, Kayser Joseph II. habe ihn nachgeahmt. Er war hierin zu sehr Original, und man hat ihn noch bey seines Leibes Leben offentlich in seiner eigenen Residenz beschuldigt: Daſs er ehender eine ganze Provinz verlohren gehen liesse, als daſs er einen launigten, witzigen Ein- fall, eine Spötterey, sie mochte noch so belei- digend seyn, hinunterschluckte; welches mit auffallenden Beweisen belegt wurde.
Man muſs den Groſsen der Erde gleichwohl auch die Gerechtigkeit wiederfahren lassen, daſs sie eine Sache an andern ihres Geschlechts loben, wenn sie dieselbe nur nicht selbst thun dürfen. Dieses ist der gewöhnliche Fall bey einem geizigen, seine Dienerschaft nur de- fensive besoldenden König gegenüber einem freygebigen; der Fall eines den erbetenen Bey- stand des reichen Monarchen an seine armen Mi- nister wohl bezahlenden Fürsten; oder auch wenn bey Vergleichen, Ehepacten u. d. g. die herkommlichen Geschenke einerseits in baarem
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das Lehrgeld mit seinem eigenen Schaden eini-
gemahl theuer genug bezahlen müssen, noch
lange nach ihm als Meister vom Stuhl wird er-
kannt werden. Man kann nicht sagen, sein Ri-
val, Kayser Joseph II. habe ihn nachgeahmt.
Er war hierin zu sehr Original, und man hat
ihn noch bey seines Leibes Leben offentlich
in seiner eigenen Residenz beschuldigt: Daſs er
ehender eine ganze Provinz verlohren gehen
liesse, als daſs er einen launigten, witzigen Ein-
fall, eine Spötterey, sie mochte noch so belei-
digend seyn, hinunterschluckte; welches mit
auffallenden Beweisen belegt wurde.
Man muſs den Groſsen der Erde gleichwohl
auch die Gerechtigkeit wiederfahren lassen,
daſs sie eine Sache an andern ihres Geschlechts
loben, wenn sie dieselbe nur nicht selbst
thun dürfen. Dieses ist der gewöhnliche Fall
bey einem geizigen, seine Dienerschaft nur de-
fensive besoldenden König gegenüber einem
freygebigen; der Fall eines den erbetenen Bey-
stand des reichen Monarchen an seine armen Mi-
nister wohl bezahlenden Fürsten; oder auch
wenn bey Vergleichen, Ehepacten u. d. g. die
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/114>, abgerufen am 22.11.2024.
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