Unordnungen, Verwirrungen, Ungerechtigkei- ten, Verläumdungen redlicher Diener, und un- nöthiger Mühe vor die Collegien und den Mini- ster. Der Fürst, überzeugt, wie sehr er miss- braucht und hintergangen worden, erliess end- lich einen gedruckten Befehl ins Land, wodurch aller und jeder Ueberlauf seiner Person in Sa- chen, die ihrer Natur nach vor die Collegia gehörten, bey zehen Gulden Strafe verboten und zugleich geboten wurde, diese Verordnung von den Canzeln alle vier Wochen zu verlesen. Der Fürst war der erste, so diesen Befehl brach; und die Unordnungen dauerten einen Weg wie den andern fort. Da war kein anderer Rath, als dass der Minister die Stelle seines Herrn vertreten, selbst über der Ordnung halten, alle dergleichen erschlichene Resolutionen als nicht gegeben ansehen, und die Sachen an die Colle- gien, wohin sie gehörten, verweisen, diejeni- ge aber, so die Güte des Herrn durch solche Schleichwege missbraucht, ohne Ansehen der Person strafen musste. Er musste über sich schreyen, schimpfen, fluchen lassen; taub seyn gegen alle Vorwürfe: Dass der Fürst so gut, und er so hart sey. Der Fürst war bey aller seiner Herzens-Güte doch zu gerecht, um sei-
Unordnungen, Verwirrungen, Ungerechtigkei- ten, Verläumdungen redlicher Diener, und un- nöthiger Mühe vor die Collegien und den Mini- ster. Der Fürst, überzeugt, wie sehr er miſs- braucht und hintergangen worden, erlieſs end- lich einen gedruckten Befehl ins Land, wodurch aller und jeder Ueberlauf seiner Person in Sa- chen, die ihrer Natur nach vor die Collegia gehörten, bey zehen Gulden Strafe verboten und zugleich geboten wurde, diese Verordnung von den Canzeln alle vier Wochen zu verlesen. Der Fürst war der erste, so diesen Befehl brach; und die Unordnungen dauerten einen Weg wie den andern fort. Da war kein anderer Rath, als daſs der Minister die Stelle seines Herrn vertreten, selbst über der Ordnung halten, alle dergleichen erschlichene Resolutionen als nicht gegeben ansehen, und die Sachen an die Colle- gien, wohin sie gehörten, verweisen, diejeni- ge aber, so die Güte des Herrn durch solche Schleichwege miſsbraucht, ohne Ansehen der Person strafen muſste. Er muſste über sich schreyen, schimpfen, fluchen lassen; taub seyn gegen alle Vorwürfe: Daſs der Fürst so gut, und er so hart sey. Der Fürst war bey aller seiner Herzens-Güte doch zu gerecht, um sei-
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Unordnungen, Verwirrungen, Ungerechtigkei-
ten, Verläumdungen redlicher Diener, und un-
nöthiger Mühe vor die Collegien und den Mini-
ster. Der Fürst, überzeugt, wie sehr er miſs-
braucht und hintergangen worden, erlieſs end-
lich einen gedruckten Befehl ins Land, wodurch
aller und jeder Ueberlauf seiner Person in Sa-
chen, die ihrer Natur nach vor die Collegia
gehörten, bey zehen Gulden Strafe verboten
und zugleich geboten wurde, diese Verordnung
von den Canzeln alle vier Wochen zu verlesen.
Der Fürst war der erste, so diesen Befehl brach;
und die Unordnungen dauerten einen Weg wie
den andern fort. Da war kein anderer Rath,
als daſs der Minister die Stelle seines Herrn
vertreten, selbst über der Ordnung halten, alle
dergleichen erschlichene Resolutionen als nicht
gegeben ansehen, und die Sachen an die Colle-
gien, wohin sie gehörten, verweisen, diejeni-
ge aber, so die Güte des Herrn durch solche
Schleichwege miſsbraucht, ohne Ansehen der
Person strafen muſste. Er muſste über sich
schreyen, schimpfen, fluchen lassen; taub seyn
gegen alle Vorwürfe: Daſs der Fürst so gut,
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/15>, abgerufen am 21.11.2024.
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