Doch diese und andere ähnliche von aussen her sich zudringende Gedult-Proben sind zwar drückend und niederbeugend; vor einen feuri- gen, raschen, kühnen und unternehmenden Herrscher-Geist bleibt aber allemahl die schwer- ste Lektion die Gedult, die er mit sich selbst haben muss: Wenn sie, um nur einige Winke davon anzugeben, gerne zugleich säen und erndten wollen, wie man Friedrichs des Gros- sen Handlungs-Projeckten nicht ohne Grund Schuld gegeben hat; wenn sie pflanzen wol- len, ohne den Boden vorher zubereitet zu ha- ben, oder drauf los bauen, ohne erwarten zu wollen, biss sich das Erdrich und die Mauern gesezt haben; wenn sie keine Fremde in ihren Diensten haben, sondern aus National-Stolz mit ihren Landes-Eingebohrnen Solo spielen wollen, ehe sie noch die Leute und Instru- mente dazu haben; wenn sie ihre Raschheit da- mit bedecken wollen, dass sie so lange haben warten müssen; an welchem Verzug doch die menschlichen Postpferde unschuldig sind, dass sie nicht ehender eingespannt worden; wenn ein solcher Herr wider Willen mit Ochsen fah- ren muss, weil er keine Pferde kriegen kann,
und
Doch diese und andere ähnliche von aussen her sich zudringende Gedult-Proben sind zwar drückend und niederbeugend; vor einen feuri- gen, raschen, kühnen und unternehmenden Herrscher-Geist bleibt aber allemahl die schwer- ste Lektion die Gedult, die er mit sich selbst haben muſs: Wenn sie, um nur einige Winke davon anzugeben, gerne zugleich säen und erndten wollen, wie man Friedrichs des Gros- sen Handlungs-Projeckten nicht ohne Grund Schuld gegeben hat; wenn sie pflanzen wol- len, ohne den Boden vorher zubereitet zu ha- ben, oder drauf los bauen, ohne erwarten zu wollen, biſs sich das Erdrich und die Mauern gesezt haben; wenn sie keine Fremde in ihren Diensten haben, sondern aus National-Stolz mit ihren Landes-Eingebohrnen Solo spielen wollen, ehe sie noch die Leute und Instru- mente dazu haben; wenn sie ihre Raschheit da- mit bedecken wollen, daſs sie so lange haben warten müssen; an welchem Verzug doch die menschlichen Postpferde unschuldig sind, daſs sie nicht ehender eingespannt worden; wenn ein solcher Herr wider Willen mit Ochsen fah- ren muſs, weil er keine Pferde kriegen kann,
und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0166"n="160"/><p>Doch diese und andere ähnliche von aussen<lb/>
her sich zudringende Gedult-Proben sind zwar<lb/>
drückend und niederbeugend; vor einen feuri-<lb/>
gen, raschen, kühnen und unternehmenden<lb/>
Herrscher-Geist bleibt aber allemahl die schwer-<lb/>
ste Lektion die <hirendition="#i"><hirendition="#g">Gedult</hi>,</hi> die er <hirendition="#i"><hirendition="#g">mit sich selbst</hi></hi><lb/>
haben muſs: Wenn sie, um nur einige Winke<lb/>
davon anzugeben, gerne zugleich säen und<lb/>
erndten wollen, wie man Friedrichs des Gros-<lb/>
sen Handlungs-Projeckten nicht ohne Grund<lb/>
Schuld gegeben hat; wenn sie pflanzen wol-<lb/>
len, ohne den Boden vorher zubereitet zu ha-<lb/>
ben, oder drauf los bauen, ohne erwarten zu<lb/>
wollen, biſs sich das Erdrich und die Mauern<lb/>
gesezt haben; wenn sie keine Fremde in ihren<lb/>
Diensten haben, sondern aus National-Stolz<lb/>
mit ihren Landes-Eingebohrnen Solo spielen<lb/>
wollen, ehe sie noch die Leute und Instru-<lb/>
mente dazu haben; wenn sie ihre Raschheit da-<lb/>
mit bedecken wollen, daſs sie so lange haben<lb/>
warten müssen; an welchem Verzug doch die<lb/>
menschlichen Postpferde unschuldig sind, daſs<lb/>
sie nicht ehender eingespannt worden; wenn<lb/>
ein solcher Herr wider Willen mit Ochsen fah-<lb/>
ren muſs, weil er keine Pferde kriegen kann,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[160/0166]
Doch diese und andere ähnliche von aussen
her sich zudringende Gedult-Proben sind zwar
drückend und niederbeugend; vor einen feuri-
gen, raschen, kühnen und unternehmenden
Herrscher-Geist bleibt aber allemahl die schwer-
ste Lektion die Gedult, die er mit sich selbst
haben muſs: Wenn sie, um nur einige Winke
davon anzugeben, gerne zugleich säen und
erndten wollen, wie man Friedrichs des Gros-
sen Handlungs-Projeckten nicht ohne Grund
Schuld gegeben hat; wenn sie pflanzen wol-
len, ohne den Boden vorher zubereitet zu ha-
ben, oder drauf los bauen, ohne erwarten zu
wollen, biſs sich das Erdrich und die Mauern
gesezt haben; wenn sie keine Fremde in ihren
Diensten haben, sondern aus National-Stolz
mit ihren Landes-Eingebohrnen Solo spielen
wollen, ehe sie noch die Leute und Instru-
mente dazu haben; wenn sie ihre Raschheit da-
mit bedecken wollen, daſs sie so lange haben
warten müssen; an welchem Verzug doch die
menschlichen Postpferde unschuldig sind, daſs
sie nicht ehender eingespannt worden; wenn
ein solcher Herr wider Willen mit Ochsen fah-
ren muſs, weil er keine Pferde kriegen kann,
und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/166>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.