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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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Doch diese und andere ähnliche von aussen
her sich zudringende Gedult-Proben sind zwar
drückend und niederbeugend; vor einen feuri-
gen, raschen, kühnen und unternehmenden
Herrscher-Geist bleibt aber allemahl die schwer-
ste Lektion die Gedult, die er mit sich selbst
haben muss: Wenn sie, um nur einige Winke
davon anzugeben, gerne zugleich säen und
erndten wollen, wie man Friedrichs des Gros-
sen Handlungs-Projeckten nicht ohne Grund
Schuld gegeben hat; wenn sie pflanzen wol-
len, ohne den Boden vorher zubereitet zu ha-
ben, oder drauf los bauen, ohne erwarten zu
wollen, biss sich das Erdrich und die Mauern
gesezt haben; wenn sie keine Fremde in ihren
Diensten haben, sondern aus National-Stolz
mit ihren Landes-Eingebohrnen Solo spielen
wollen, ehe sie noch die Leute und Instru-
mente dazu haben; wenn sie ihre Raschheit da-
mit bedecken wollen, dass sie so lange haben
warten müssen; an welchem Verzug doch die
menschlichen Postpferde unschuldig sind, dass
sie nicht ehender eingespannt worden; wenn
ein solcher Herr wider Willen mit Ochsen fah-
ren muss, weil er keine Pferde kriegen kann,

und

Doch diese und andere ähnliche von aussen
her sich zudringende Gedult-Proben sind zwar
drückend und niederbeugend; vor einen feuri-
gen, raschen, kühnen und unternehmenden
Herrscher-Geist bleibt aber allemahl die schwer-
ste Lektion die Gedult, die er mit sich selbst
haben muſs: Wenn sie, um nur einige Winke
davon anzugeben, gerne zugleich säen und
erndten wollen, wie man Friedrichs des Gros-
sen Handlungs-Projeckten nicht ohne Grund
Schuld gegeben hat; wenn sie pflanzen wol-
len, ohne den Boden vorher zubereitet zu ha-
ben, oder drauf los bauen, ohne erwarten zu
wollen, biſs sich das Erdrich und die Mauern
gesezt haben; wenn sie keine Fremde in ihren
Diensten haben, sondern aus National-Stolz
mit ihren Landes-Eingebohrnen Solo spielen
wollen, ehe sie noch die Leute und Instru-
mente dazu haben; wenn sie ihre Raschheit da-
mit bedecken wollen, daſs sie so lange haben
warten müssen; an welchem Verzug doch die
menschlichen Postpferde unschuldig sind, daſs
sie nicht ehender eingespannt worden; wenn
ein solcher Herr wider Willen mit Ochsen fah-
ren muſs, weil er keine Pferde kriegen kann,

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[160/0166] Doch diese und andere ähnliche von aussen her sich zudringende Gedult-Proben sind zwar drückend und niederbeugend; vor einen feuri- gen, raschen, kühnen und unternehmenden Herrscher-Geist bleibt aber allemahl die schwer- ste Lektion die Gedult, die er mit sich selbst haben muſs: Wenn sie, um nur einige Winke davon anzugeben, gerne zugleich säen und erndten wollen, wie man Friedrichs des Gros- sen Handlungs-Projeckten nicht ohne Grund Schuld gegeben hat; wenn sie pflanzen wol- len, ohne den Boden vorher zubereitet zu ha- ben, oder drauf los bauen, ohne erwarten zu wollen, biſs sich das Erdrich und die Mauern gesezt haben; wenn sie keine Fremde in ihren Diensten haben, sondern aus National-Stolz mit ihren Landes-Eingebohrnen Solo spielen wollen, ehe sie noch die Leute und Instru- mente dazu haben; wenn sie ihre Raschheit da- mit bedecken wollen, daſs sie so lange haben warten müssen; an welchem Verzug doch die menschlichen Postpferde unschuldig sind, daſs sie nicht ehender eingespannt worden; wenn ein solcher Herr wider Willen mit Ochsen fah- ren muſs, weil er keine Pferde kriegen kann, und

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/166>, abgerufen am 21.11.2024.