Und wenn du Blut, wie Wasser deines Stroms, Vergiessen wirst, dir sagen: Du thust Recht! Und wenn du deinem Freund den Dolch ins Herz, Weil seine Wahrheit dir nicht wohlgefiel, Im Taumel stössest, sagen: Du thust Recht!
Wann man die Jugend- und Buben-Streiche unserer Königs- und Fürsten-Söhne mit der Aufmerksamkeit, wie von den alten Geschicht- schreibern geschehen, sammelte, so würde man sich in den Weissagungen über den Character unserer Cron- und Erb-Prinzen weniger, als geschieht, betrügen; von dem künftigen Glück oder Unglück ihrer Regierung richtiger prophe- zeyen und sich manche ihrer Regenten-Hand- lungen daraus erklären können. Ein König, in diesem Jahrhundert gebohren, der einen sehr gähzornigen Vater hatte, und von seiner Gou- vernante einst gezüchtigt worden war, ver- steckte sich in ein Camin, brachte sie und das ganze Schloss über den vermeinten Prinzen- Raub in Angst und Schrecken, und fertigte, nach- dem er endlich gefnnden und über seine Tücke ausgeschmält war, seine Hofmeisterin damit ab: "Papa, dir den Kopf abhauen, dass du mich
Und wenn du Blut, wie Wasser deines Stroms, Vergiessen wirst, dir sagen: Du thust Recht! Und wenn du deinem Freund den Dolch ins Herz, Weil seine Wahrheit dir nicht wohlgefiel, Im Taumel stöſsest, sagen: Du thust Recht!
Wann man die Jugend- und Buben-Streiche unserer Königs- und Fürsten-Söhne mit der Aufmerksamkeit, wie von den alten Geschicht- schreibern geschehen, sammelte, so würde man sich in den Weissagungen über den Character unserer Cron- und Erb-Prinzen weniger, als geschieht, betrügen; von dem künftigen Glück oder Unglück ihrer Regierung richtiger prophe- zeyen und sich manche ihrer Regenten-Hand- lungen daraus erklären können. Ein König, in diesem Jahrhundert gebohren, der einen sehr gähzornigen Vater hatte, und von seiner Gou- vernante einst gezüchtigt worden war, ver- steckte sich in ein Camin, brachte sie und das ganze Schloſs über den vermeinten Prinzen- Raub in Angst und Schrecken, und fertigte, nach- dem er endlich gefnnden und über seine Tücke ausgeschmält war, seine Hofmeisterin damit ab: „Papa, dir den Kopf abhauen, daſs du mich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0245"n="239"/><l>Und wenn du Blut, wie Wasser deines Stroms,</l><lb/><l>Vergiessen wirst, dir sagen: Du thust Recht!</l><lb/><l>Und wenn du deinem Freund den Dolch ins</l><lb/><l>Herz,</l><lb/><l>Weil seine Wahrheit dir nicht wohlgefiel,</l><lb/><l>Im Taumel stöſsest, sagen: Du thust Recht!</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Wann man die Jugend- und Buben-Streiche<lb/>
unserer Königs- und Fürsten-Söhne mit der<lb/>
Aufmerksamkeit, wie von den alten Geschicht-<lb/>
schreibern geschehen, sammelte, so würde man<lb/>
sich in den Weissagungen über den Character<lb/>
unserer Cron- und Erb-Prinzen weniger, als<lb/>
geschieht, betrügen; von dem künftigen Glück<lb/>
oder Unglück ihrer Regierung richtiger prophe-<lb/>
zeyen und sich manche ihrer Regenten-Hand-<lb/>
lungen daraus erklären können. Ein König, in<lb/>
diesem Jahrhundert gebohren, der einen sehr<lb/>
gähzornigen Vater hatte, und von seiner Gou-<lb/>
vernante einst gezüchtigt worden war, ver-<lb/>
steckte sich in ein Camin, brachte sie und das<lb/>
ganze Schloſs über den vermeinten Prinzen-<lb/>
Raub in Angst und Schrecken, und fertigte, nach-<lb/>
dem er endlich gefnnden und über seine Tücke<lb/>
ausgeschmält war, seine Hofmeisterin damit ab:<lb/>„Papa, dir den Kopf abhauen, daſs du mich<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[239/0245]
Und wenn du Blut, wie Wasser deines Stroms,
Vergiessen wirst, dir sagen: Du thust Recht!
Und wenn du deinem Freund den Dolch ins
Herz,
Weil seine Wahrheit dir nicht wohlgefiel,
Im Taumel stöſsest, sagen: Du thust Recht!
Wann man die Jugend- und Buben-Streiche
unserer Königs- und Fürsten-Söhne mit der
Aufmerksamkeit, wie von den alten Geschicht-
schreibern geschehen, sammelte, so würde man
sich in den Weissagungen über den Character
unserer Cron- und Erb-Prinzen weniger, als
geschieht, betrügen; von dem künftigen Glück
oder Unglück ihrer Regierung richtiger prophe-
zeyen und sich manche ihrer Regenten-Hand-
lungen daraus erklären können. Ein König, in
diesem Jahrhundert gebohren, der einen sehr
gähzornigen Vater hatte, und von seiner Gou-
vernante einst gezüchtigt worden war, ver-
steckte sich in ein Camin, brachte sie und das
ganze Schloſs über den vermeinten Prinzen-
Raub in Angst und Schrecken, und fertigte, nach-
dem er endlich gefnnden und über seine Tücke
ausgeschmält war, seine Hofmeisterin damit ab:
„Papa, dir den Kopf abhauen, daſs du mich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/245>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.