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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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Worte nach etlichen Jahren noch am Abend
des Lebens von beyden ein schweres Donner-
wetter und Hagelschlag nach; der dem in sei-
nen Hofnungen Betrogenen, die alte, eine Zeit-
lang vergessene, weltbekannte Warnung: Sich
niemahls verlassen auf Fürsten, wieder lebendig
fühlbar und erinnerlich machte.

21.
Stanislaus, Rex.

Der zweymahl gewählte und zweymahl ent-
thronte König Stanislaus in Pohlen schrieb sich,
da er nur noch Herzog in Lothringen war,
kraft des in den Friedensschlüssen ihm beibehal-
tenen Königlichen Titels, noch immer: Stanis-
laus Rex. Wenn er sich dabey seinem flei-
schernen, geistlosen, unthätigen, unvermögen-
den Rivalen, dem Sächsischen August, gegen-
über dachte, konnte es nicht fehlen, dass in
der Seele des edlen, in seinem Unglück noch
mehr als im Glück grossen Mannes, bey jeder
solchen Unterschrift der Gedanke auflebte: Ich
war König; ich war's werth, es zu seyn; ich
bin's noch, mehr, denn der, so die Crone
trägt, weil ich mich selbst zu besitzen geler-
net habe.

Worte nach etlichen Jahren noch am Abend
des Lebens von beyden ein schweres Donner-
wetter und Hagelschlag nach; der dem in sei-
nen Hofnungen Betrogenen, die alte, eine Zeit-
lang vergessene, weltbekannte Warnung: Sich
niemahls verlassen auf Fürsten, wieder lebendig
fühlbar und erinnerlich machte.

21.
Stanislaus, Rex.

Der zweymahl gewählte und zweymahl ent-
thronte König Stanislaus in Pohlen schrieb sich,
da er nur noch Herzog in Lothringen war,
kraft des in den Friedensschlüssen ihm beibehal-
tenen Königlichen Titels, noch immer: Stanis-
laus Rex. Wenn er sich dabey seinem flei-
schernen, geistlosen, unthätigen, unvermögen-
den Rivalen, dem Sächsischen August, gegen-
über dachte, konnte es nicht fehlen, daſs in
der Seele des edlen, in seinem Unglück noch
mehr als im Glück groſsen Mannes, bey jeder
solchen Unterschrift der Gedanke auflebte: Ich
war König; ich war’s werth, es zu seyn; ich
bin’s noch, mehr, denn der, so die Crone
trägt, weil ich mich selbst zu besitzen geler-
net habe.

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[255/0261] Worte nach etlichen Jahren noch am Abend des Lebens von beyden ein schweres Donner- wetter und Hagelschlag nach; der dem in sei- nen Hofnungen Betrogenen, die alte, eine Zeit- lang vergessene, weltbekannte Warnung: Sich niemahls verlassen auf Fürsten, wieder lebendig fühlbar und erinnerlich machte. 21. Stanislaus, Rex. Der zweymahl gewählte und zweymahl ent- thronte König Stanislaus in Pohlen schrieb sich, da er nur noch Herzog in Lothringen war, kraft des in den Friedensschlüssen ihm beibehal- tenen Königlichen Titels, noch immer: Stanis- laus Rex. Wenn er sich dabey seinem flei- schernen, geistlosen, unthätigen, unvermögen- den Rivalen, dem Sächsischen August, gegen- über dachte, konnte es nicht fehlen, daſs in der Seele des edlen, in seinem Unglück noch mehr als im Glück groſsen Mannes, bey jeder solchen Unterschrift der Gedanke auflebte: Ich war König; ich war’s werth, es zu seyn; ich bin’s noch, mehr, denn der, so die Crone trägt, weil ich mich selbst zu besitzen geler- net habe.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/261>, abgerufen am 24.11.2024.