und Räthe seyen. Anderer Seits hatte er aus eigenem Nachdenken und aus denen aus der Regierungs-Geschichte seines Vaters abgezo- genen Bemerkungen wahrgenommen, wie oft die Minister nur nach eigenem Gutdünken und Leidenschaften verfahren; ohne Grundsätze, ohne Rücksicht auf das wahre Beste des Staats, nur für ihr eigenes Ansehen und Bereicherung sorgen, und nicht nur den Mit-Regenten, son- dern den Meister und Herrn ihres Herrn zu spielen suchen; das Land, so gut wie jeder kann, drücken und aussaugen, sich selbst aber unter einander beneiden, verläumden, verfol- gen und endlich aufreiben. Diesen Missbräu- chen nicht nur abzuhelfen, sondern sie auszu- rotten und unmöglich zu machen, machte K. Friedrich Wilhelm den Plan, selbst-regieren- der Herr zu seyn, und seine Minister nur von seiner eigenen Leitung, Stimmung und Beseh- len abhängig zu machen. Von allen ihren Ver- handlungen, die nicht blos laufende Sachen, sondern von irgend einiger Wichtigkeit waren, mussten ihm kurze und zuverlässige Berichte erstattet, seine Entschliessung und eigenhändi- ge Unterschrift darüber erwartet und mit dem unumschränktesten Gehorsam und buchstäbli-
und Räthe seyen. Anderer Seits hatte er aus eigenem Nachdenken und aus denen aus der Regierungs-Geschichte seines Vaters abgezo- genen Bemerkungen wahrgenommen, wie oft die Minister nur nach eigenem Gutdünken und Leidenschaften verfahren; ohne Grundsätze, ohne Rücksicht auf das wahre Beste des Staats, nur für ihr eigenes Ansehen und Bereicherung sorgen, und nicht nur den Mit-Regenten, son- dern den Meister und Herrn ihres Herrn zu spielen suchen; das Land, so gut wie jeder kann, drücken und aussaugen, sich selbst aber unter einander beneiden, verläumden, verfol- gen und endlich aufreiben. Diesen Miſsbräu- chen nicht nur abzuhelfen, sondern sie auszu- rotten und unmöglich zu machen, machte K. Friedrich Wilhelm den Plan, selbst-regieren- der Herr zu seyn, und seine Minister nur von seiner eigenen Leitung, Stimmung und Beseh- len abhängig zu machen. Von allen ihren Ver- handlungen, die nicht blos laufende Sachen, sondern von irgend einiger Wichtigkeit waren, muſsten ihm kurze und zuverläſsige Berichte erstattet, seine Entschliessung und eigenhändi- ge Unterschrift darüber erwartet und mit dem unumschränktesten Gehorsam und buchstäbli-
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[37/0043]
und Räthe seyen. Anderer Seits hatte er aus
eigenem Nachdenken und aus denen aus der
Regierungs-Geschichte seines Vaters abgezo-
genen Bemerkungen wahrgenommen, wie oft
die Minister nur nach eigenem Gutdünken und
Leidenschaften verfahren; ohne Grundsätze,
ohne Rücksicht auf das wahre Beste des Staats,
nur für ihr eigenes Ansehen und Bereicherung
sorgen, und nicht nur den Mit-Regenten, son-
dern den Meister und Herrn ihres Herrn zu
spielen suchen; das Land, so gut wie jeder
kann, drücken und aussaugen, sich selbst aber
unter einander beneiden, verläumden, verfol-
gen und endlich aufreiben. Diesen Miſsbräu-
chen nicht nur abzuhelfen, sondern sie auszu-
rotten und unmöglich zu machen, machte K.
Friedrich Wilhelm den Plan, selbst-regieren-
der Herr zu seyn, und seine Minister nur von
seiner eigenen Leitung, Stimmung und Beseh-
len abhängig zu machen. Von allen ihren Ver-
handlungen, die nicht blos laufende Sachen,
sondern von irgend einiger Wichtigkeit waren,
muſsten ihm kurze und zuverläſsige Berichte
erstattet, seine Entschliessung und eigenhändi-
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/43>, abgerufen am 21.11.2024.
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