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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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der Minister, so es bey ihnen aushalten und ih-
rer Gnade versichert bleiben will, muss sich
vorerst aller Selbstständigkeit begeben, in stete
Verläugnung und Abhängigkeit sich hinein stu-
dieren, nichts eigenmächtig thun; über alles,
und über die geringfügigste Kleinigkeiten am
meisten, erst anfragen; alles pünktlich befol-
gen, wie, sollte es auch noch so überzwerch
seyn, es befohlen ist, und sich so befleissigen,
wo nicht ein nützlicher Staatsdiener, doch ein
guter Haus-Knecht zu werden.


Ein anderer Herr arbeitet von Sonnen-Auf-
gang biss zu deren Untergang, wie ein Taglöh-
ner, wird seines Lebens wenig froh, lässt sich
die Geschäfte mit wahrer Treue angelegen seyn,
und meint Wunder, wie sehr er sich um sein
Land verdient gemacht, da er sich an Schlaf
und Ruhe, Gemächlichkeit und Erholung ab-
bricht, um ja nichts zu versäumen, und als ein
vermeinter Atlas die Last des Staats zu tragen.
Beleuchtet man aber sein Thun und Lassen ge-
nauer, so findet man die blosse Treue eines
Zimmersgesellen, der Spähne macht. Von
dem Zusammenhang des ganzen Gebäudes, von
dem Verhältniss und Symmetrie der Theile zum

der Minister, so es bey ihnen aushalten und ih-
rer Gnade versichert bleiben will, muſs sich
vorerst aller Selbstständigkeit begeben, in stete
Verläugnung und Abhängigkeit sich hinein stu-
dieren, nichts eigenmächtig thun; über alles,
und über die geringfügigste Kleinigkeiten am
meisten, erst anfragen; alles pünktlich befol-
gen, wie, sollte es auch noch so überzwerch
seyn, es befohlen ist, und sich so befleissigen,
wo nicht ein nützlicher Staatsdiener, doch ein
guter Haus-Knecht zu werden.


Ein anderer Herr arbeitet von Sonnen-Auf-
gang biſs zu deren Untergang, wie ein Taglöh-
ner, wird seines Lebens wenig froh, läſst sich
die Geschäfte mit wahrer Treue angelegen seyn,
und meint Wunder, wie sehr er sich um sein
Land verdient gemacht, da er sich an Schlaf
und Ruhe, Gemächlichkeit und Erholung ab-
bricht, um ja nichts zu versäumen, und als ein
vermeinter Atlas die Last des Staats zu tragen.
Beleuchtet man aber sein Thun und Lassen ge-
nauer, so findet man die bloſse Treue eines
Zimmersgesellen, der Spähne macht. Von
dem Zusammenhang des ganzen Gebäudes, von
dem Verhältniſs und Symmetrie der Theile zum

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[54/0060] der Minister, so es bey ihnen aushalten und ih- rer Gnade versichert bleiben will, muſs sich vorerst aller Selbstständigkeit begeben, in stete Verläugnung und Abhängigkeit sich hinein stu- dieren, nichts eigenmächtig thun; über alles, und über die geringfügigste Kleinigkeiten am meisten, erst anfragen; alles pünktlich befol- gen, wie, sollte es auch noch so überzwerch seyn, es befohlen ist, und sich so befleissigen, wo nicht ein nützlicher Staatsdiener, doch ein guter Haus-Knecht zu werden. Ein anderer Herr arbeitet von Sonnen-Auf- gang biſs zu deren Untergang, wie ein Taglöh- ner, wird seines Lebens wenig froh, läſst sich die Geschäfte mit wahrer Treue angelegen seyn, und meint Wunder, wie sehr er sich um sein Land verdient gemacht, da er sich an Schlaf und Ruhe, Gemächlichkeit und Erholung ab- bricht, um ja nichts zu versäumen, und als ein vermeinter Atlas die Last des Staats zu tragen. Beleuchtet man aber sein Thun und Lassen ge- nauer, so findet man die bloſse Treue eines Zimmersgesellen, der Spähne macht. Von dem Zusammenhang des ganzen Gebäudes, von dem Verhältniſs und Symmetrie der Theile zum

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/60>, abgerufen am 24.11.2024.