Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756.Des ersten Hauptstücks, zweyter Abschnitt. §. 7. Dieß ist aber nur die gewöhnliche mathematische Eintheilung des Tacts, welches §. 8. Man muß demnach bey der Unterweisung eines Anfängers keine Mühe spah- gen (g) Tempus, Mensura, Tactus. Lat. Battuta. Ital. La Mesure. Franc.
Des erſten Hauptſtuͤcks, zweyter Abſchnitt. §. 7. Dieß iſt aber nur die gewoͤhnliche mathematiſche Eintheilung des Tacts, welches §. 8. Man muß demnach bey der Unterweiſung eines Anfaͤngers keine Muͤhe ſpah- gen (g) Tempus, Menſura, Tactus. Lat. Battuta. Ital. La Meſure. Franc.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0052" n="30"/> <fw type="header" place="top">Des erſten Hauptſtuͤcks, zweyter Abſchnitt.</fw><lb/> <div n="3"> <head>§. 7.</head><lb/> <p>Dieß iſt aber nur die gewoͤhnliche mathematiſche Eintheilung des Tacts, welches<lb/> wir eigentlich das Zeitmaas und den Tactſchlag nennen <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq">Tempus, Menſura, Tactus. <hi rendition="#i">Lat.</hi> Battuta. <hi rendition="#i">Ital.</hi> La Meſure. <hi rendition="#i">Franc.</hi></hi></note>. Nun kommt es noch<lb/> auf eine Hauptſache an: naͤmlich, auf die Art der Bewegung. Man muß nicht nur<lb/> den Tact richtig und gleich ſchlagen koͤnnen: ſondern man muß auch aus dem<lb/> Stuͤcke ſelbſt zu errathen wiſſen, ob es eine langſame oder eine etwas geſchwinde-<lb/> re Bewegung erheiſche. Man ſetzet zwar vor iedes Stuͤck eigens dazu beſtimm-<lb/> te Woͤrter, als da ſind: <hi rendition="#b">Allegro,</hi> luſtig; <hi rendition="#b">Adagio,</hi> langſam, u. ſ. f. Allein<lb/> das Langſame ſowohl als das Geſchwinde und Luſtige hat ſeine Stuffen. Und<lb/> wenn auch gleich der Componiſt die Art der Bewegung durch Beyfuͤgung noch<lb/> anderer Beywoͤrter und Nebenwoͤrter deutlicher zu erklaͤren bemuͤhet iſt: ſo kann<lb/> er doch unmoͤglich jene Art auf das genaueſte beſtimmen, die er bey dem Vor-<lb/> trage des Stuͤckes ausgedruͤcket wiſſen will. Man muß es alſo aus dem Stuͤcke<lb/> ſelbſt herleiten: Und hieraus erkennet man unfehlbar die wahre Staͤrke eines<lb/> Muſikverſtaͤndigen. Jedes melodiſches Stuͤck hat wenigſtens einen Satz, aus<lb/> welchem man die Art der Bewegung, die das Stuͤck erheiſchet, ganz ſicher er-<lb/> kennen kann. Ja oft treibt es mit Gewalt in ſeine natuͤrliche Bewegung; wenn<lb/> man anders mit genauer Achtſamkeit darauf ſiehet. Man merke dieſes, und wiſſe<lb/> aber auch, daß zu dieſer Erkenntniß eine lange Erfahrung, und eine gute Be-<lb/> urtheilungskraft erforderet werde. Wer wird mir alſo widerſprechen, wenn ich<lb/> es unter die erſten Vollkommenheiten der Tonkunſt zaͤhle?</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 8.</head><lb/> <p>Man muß demnach bey der Unterweiſung eines Anfaͤngers keine Muͤhe ſpah-<lb/> ren ihm den Tact recht begreiflich zu machen. Dazu wird ſehr dienlich ſeyn,<lb/> wenn der Lehrmeiſter dem Schuͤler oͤfters die Hand zum Tacte fuͤhret; alſdann aber<lb/> ihm ein und andere Stuͤcke von verſchiedener Tactsart und abwechſelnder Bewe-<lb/> gung vorſpielet, und den Lehrling den Tact ganz allein dazu ſchlagen laͤßt: um<lb/> zu verſuchen, ob er die Abtheilung, Gleichheit, und endlich auch die Veraͤnde-<lb/> rung der Bewegung verſtehet. Geſchieht dieſes nicht; ſo wird der Anfaͤnger<lb/> manches Stuͤcke ſchon fertig nach dem Gehoͤr wegſpielen, ohne einen guten Tact<lb/> ſchlagen zu koͤnnen. Und wem wird es nicht laͤcherlich ſcheinen, wenn ich ihm<lb/> ſage, daß ich ſelbſt einen geſehen, der, ob er gleich die Violin ſchon ziemlich gut<lb/> spielte, doch den Tact, ſonderbar zu langſamen Melodien, unmoͤglich hat ſchla-<lb/> <fw type="catch" place="bottom">gen</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [30/0052]
Des erſten Hauptſtuͤcks, zweyter Abſchnitt.
§. 7.
Dieß iſt aber nur die gewoͤhnliche mathematiſche Eintheilung des Tacts, welches
wir eigentlich das Zeitmaas und den Tactſchlag nennen (g). Nun kommt es noch
auf eine Hauptſache an: naͤmlich, auf die Art der Bewegung. Man muß nicht nur
den Tact richtig und gleich ſchlagen koͤnnen: ſondern man muß auch aus dem
Stuͤcke ſelbſt zu errathen wiſſen, ob es eine langſame oder eine etwas geſchwinde-
re Bewegung erheiſche. Man ſetzet zwar vor iedes Stuͤck eigens dazu beſtimm-
te Woͤrter, als da ſind: Allegro, luſtig; Adagio, langſam, u. ſ. f. Allein
das Langſame ſowohl als das Geſchwinde und Luſtige hat ſeine Stuffen. Und
wenn auch gleich der Componiſt die Art der Bewegung durch Beyfuͤgung noch
anderer Beywoͤrter und Nebenwoͤrter deutlicher zu erklaͤren bemuͤhet iſt: ſo kann
er doch unmoͤglich jene Art auf das genaueſte beſtimmen, die er bey dem Vor-
trage des Stuͤckes ausgedruͤcket wiſſen will. Man muß es alſo aus dem Stuͤcke
ſelbſt herleiten: Und hieraus erkennet man unfehlbar die wahre Staͤrke eines
Muſikverſtaͤndigen. Jedes melodiſches Stuͤck hat wenigſtens einen Satz, aus
welchem man die Art der Bewegung, die das Stuͤck erheiſchet, ganz ſicher er-
kennen kann. Ja oft treibt es mit Gewalt in ſeine natuͤrliche Bewegung; wenn
man anders mit genauer Achtſamkeit darauf ſiehet. Man merke dieſes, und wiſſe
aber auch, daß zu dieſer Erkenntniß eine lange Erfahrung, und eine gute Be-
urtheilungskraft erforderet werde. Wer wird mir alſo widerſprechen, wenn ich
es unter die erſten Vollkommenheiten der Tonkunſt zaͤhle?
§. 8.
Man muß demnach bey der Unterweiſung eines Anfaͤngers keine Muͤhe ſpah-
ren ihm den Tact recht begreiflich zu machen. Dazu wird ſehr dienlich ſeyn,
wenn der Lehrmeiſter dem Schuͤler oͤfters die Hand zum Tacte fuͤhret; alſdann aber
ihm ein und andere Stuͤcke von verſchiedener Tactsart und abwechſelnder Bewe-
gung vorſpielet, und den Lehrling den Tact ganz allein dazu ſchlagen laͤßt: um
zu verſuchen, ob er die Abtheilung, Gleichheit, und endlich auch die Veraͤnde-
rung der Bewegung verſtehet. Geſchieht dieſes nicht; ſo wird der Anfaͤnger
manches Stuͤcke ſchon fertig nach dem Gehoͤr wegſpielen, ohne einen guten Tact
ſchlagen zu koͤnnen. Und wem wird es nicht laͤcherlich ſcheinen, wenn ich ihm
ſage, daß ich ſelbſt einen geſehen, der, ob er gleich die Violin ſchon ziemlich gut
spielte, doch den Tact, ſonderbar zu langſamen Melodien, unmoͤglich hat ſchla-
gen
(g) Tempus, Menſura, Tactus. Lat. Battuta. Ital. La Meſure. Franc.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |