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Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756.

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Das zweyte Hauptstück.
ausstrecken, und von den übrigen entfernen. Man mag alsdann den Bogen
mit dem ersten oder zweyten Gliede des Zeigefingers halten; so ist die Ausstre-
ckung des Zeigefingers allezeit ein Hauptfehler. Denn dadurch wird die Hand
steif: weil die Nerven angespannet sind. Und der Bogenstrich wird schwermü-
thig, plump, ja recht ungeschickt: da er mit dem ganzen Arme gemacht wird.
Man siehet diesen Fehler in der Abbildung Fig. V.

§. 6.

Wenn nun der Schüler auch dieses recht verstehet: so mag er die im er-
sten Abschnitte des ersten Hauptstücks §. 14. eingerückte Musikleiter oder A, b, c,
unter beständiger Beobachtung der folgenden Regeln abzuspielen den Anfang
machen.

Erstens, muß die Geige nicht zu hoch aber auch nicht zu nieder gehalten
werden. Das Mittel ist das Beste. Man halte demnach die Schnecke der
Violin dem Mund, oder höchstens den Augen gleich: man lasse sie aber auch
nicht tiefer sinken, als so, daß die Schnecke der Brust gleich komme. Hierzu
trägt vieles bey, wenn man die Noten, so man abspielen will, nicht zu nieder
hinleget; sondern etwas erhöhet vor das Angesicht bringet, damit man sich nicht
niederbiegen, sondern vielmehr den Leib gerad halten muß.

Zweytens, bringe man den Bogen mehr gerad als nach der Seite auf
die Violin: denn hierdurch erhält man mehr Stärke, und biegt dem Fehler vor,
den einige haben, welche so sehr mit dem Bogen nach der Seite kommen, daß
sie, wenn sie ein wenig nachdrücken, mehr mit dem Holze als mit den Pferd-
haaren geigen.

Drittens, muß der Strich nicht mit dem ganzen Arme geführt werden.
Man bewege das Achselglied wenig, den Ellenbogen stärker, das Glied der Hand
aber natürlich, und ungezwungen. Jch sage: das Glied der Hand soll man na-
türlich bewegen. Jch verstehe hierdurch: ohne lächerliche und unnatürliche Krüm-
mungen zu machen; ohne es gar zu sehr auswärts zu biegen, oder etwa gar
steif zu halten: sondern man lasse die Hand sinken, wenn man den Bogen ab-
wärts ziehet; bey dem Hinaufstriche aber biege man die Hand natürlich und un-
gezwungen, auch nicht mehr und nicht weniger, als es der Gang des Bogens
erforderet. Uebrigens merke man sich, daß die Hand bey der Mäßigung des
Tones das meiste thun muß.

Viertens,

Das zweyte Hauptſtuͤck.
ausſtrecken, und von den uͤbrigen entfernen. Man mag alsdann den Bogen
mit dem erſten oder zweyten Gliede des Zeigefingers halten; ſo iſt die Ausſtre-
ckung des Zeigefingers allezeit ein Hauptfehler. Denn dadurch wird die Hand
ſteif: weil die Nerven angeſpannet ſind. Und der Bogenſtrich wird ſchwermuͤ-
thig, plump, ja recht ungeſchickt: da er mit dem ganzen Arme gemacht wird.
Man ſiehet dieſen Fehler in der Abbildung Fig. V.

§. 6.

Wenn nun der Schuͤler auch dieſes recht verſtehet: ſo mag er die im er-
ſten Abſchnitte des erſten Hauptſtuͤcks §. 14. eingeruͤckte Muſikleiter oder A, b, c,
unter beſtaͤndiger Beobachtung der folgenden Regeln abzuſpielen den Anfang
machen.

Erſtens, muß die Geige nicht zu hoch aber auch nicht zu nieder gehalten
werden. Das Mittel iſt das Beſte. Man halte demnach die Schnecke der
Violin dem Mund, oder hoͤchſtens den Augen gleich: man laſſe ſie aber auch
nicht tiefer ſinken, als ſo, daß die Schnecke der Bruſt gleich komme. Hierzu
traͤgt vieles bey, wenn man die Noten, ſo man abſpielen will, nicht zu nieder
hinleget; ſondern etwas erhoͤhet vor das Angeſicht bringet, damit man ſich nicht
niederbiegen, ſondern vielmehr den Leib gerad halten muß.

Zweytens, bringe man den Bogen mehr gerad als nach der Seite auf
die Violin: denn hierdurch erhaͤlt man mehr Staͤrke, und biegt dem Fehler vor,
den einige haben, welche ſo ſehr mit dem Bogen nach der Seite kommen, daß
ſie, wenn ſie ein wenig nachdruͤcken, mehr mit dem Holze als mit den Pferd-
haaren geigen.

Drittens, muß der Strich nicht mit dem ganzen Arme gefuͤhrt werden.
Man bewege das Achſelglied wenig, den Ellenbogen ſtaͤrker, das Glied der Hand
aber natuͤrlich, und ungezwungen. Jch ſage: das Glied der Hand ſoll man na-
tuͤrlich bewegen. Jch verſtehe hierdurch: ohne laͤcherliche und unnatuͤrliche Kruͤm-
mungen zu machen; ohne es gar zu ſehr auswaͤrts zu biegen, oder etwa gar
ſteif zu halten: ſondern man laſſe die Hand ſinken, wenn man den Bogen ab-
waͤrts ziehet; bey dem Hinaufſtriche aber biege man die Hand natuͤrlich und un-
gezwungen, auch nicht mehr und nicht weniger, als es der Gang des Bogens
erforderet. Uebrigens merke man ſich, daß die Hand bey der Maͤßigung des
Tones das meiſte thun muß.

Viertens,
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[55/0083] Das zweyte Hauptſtuͤck. ausſtrecken, und von den uͤbrigen entfernen. Man mag alsdann den Bogen mit dem erſten oder zweyten Gliede des Zeigefingers halten; ſo iſt die Ausſtre- ckung des Zeigefingers allezeit ein Hauptfehler. Denn dadurch wird die Hand ſteif: weil die Nerven angeſpannet ſind. Und der Bogenſtrich wird ſchwermuͤ- thig, plump, ja recht ungeſchickt: da er mit dem ganzen Arme gemacht wird. Man ſiehet dieſen Fehler in der Abbildung Fig. V. §. 6. Wenn nun der Schuͤler auch dieſes recht verſtehet: ſo mag er die im er- ſten Abſchnitte des erſten Hauptſtuͤcks §. 14. eingeruͤckte Muſikleiter oder A, b, c, unter beſtaͤndiger Beobachtung der folgenden Regeln abzuſpielen den Anfang machen. Erſtens, muß die Geige nicht zu hoch aber auch nicht zu nieder gehalten werden. Das Mittel iſt das Beſte. Man halte demnach die Schnecke der Violin dem Mund, oder hoͤchſtens den Augen gleich: man laſſe ſie aber auch nicht tiefer ſinken, als ſo, daß die Schnecke der Bruſt gleich komme. Hierzu traͤgt vieles bey, wenn man die Noten, ſo man abſpielen will, nicht zu nieder hinleget; ſondern etwas erhoͤhet vor das Angeſicht bringet, damit man ſich nicht niederbiegen, ſondern vielmehr den Leib gerad halten muß. Zweytens, bringe man den Bogen mehr gerad als nach der Seite auf die Violin: denn hierdurch erhaͤlt man mehr Staͤrke, und biegt dem Fehler vor, den einige haben, welche ſo ſehr mit dem Bogen nach der Seite kommen, daß ſie, wenn ſie ein wenig nachdruͤcken, mehr mit dem Holze als mit den Pferd- haaren geigen. Drittens, muß der Strich nicht mit dem ganzen Arme gefuͤhrt werden. Man bewege das Achſelglied wenig, den Ellenbogen ſtaͤrker, das Glied der Hand aber natuͤrlich, und ungezwungen. Jch ſage: das Glied der Hand ſoll man na- tuͤrlich bewegen. Jch verſtehe hierdurch: ohne laͤcherliche und unnatuͤrliche Kruͤm- mungen zu machen; ohne es gar zu ſehr auswaͤrts zu biegen, oder etwa gar ſteif zu halten: ſondern man laſſe die Hand ſinken, wenn man den Bogen ab- waͤrts ziehet; bey dem Hinaufſtriche aber biege man die Hand natuͤrlich und un- gezwungen, auch nicht mehr und nicht weniger, als es der Gang des Bogens erforderet. Uebrigens merke man ſich, daß die Hand bey der Maͤßigung des Tones das meiſte thun muß. Viertens,

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Zitationshilfe: Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mozart_violinschule_1756/83>, abgerufen am 25.11.2024.