Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Morgen, sagte er, will ich nach Christiania und Stockholm schreiben und meine Vorbereitungen beginnen. Ich suche ein ehrenvolles Amt, gleichviel, was es einbringt; für unsere standesgemäße Erhaltung wird Hvaland mit Freuden Sorge tragen. -- Fort will ich, murmelte er dann erregter, wäre es auch nur um allen diesen Lappen und Böelappen, Missionären und langweiligen Gesichtern aus dem Wege zu gehen. -- Sonderbar, daß mir der blasse, schwarzhaarige Schelm immer wieder einfällt, daß mir die Augen immer wieder einfallen, mit denen er mich ansah, als er über den Rand der Klippe stürzte.

Er hatte sich auf sein Bett gesetzt und starrte ernsthaft vor sich hin, endlich aber sah er zur Decke empor, denn über ihm schlief Mary, und leise streckte er die Hand aus und flüsterte sich spöttisch zu: Warte, mein Goldfischchen, warte! Alle diese Sorgen und Plagen sollst du mir bezahlen. -- Ich will dich an einen Ort führen, wo du ganz mein eigen sein sollst, will dafür sorgen, daß dir die tugendhaften Grillen vergehen, und alle Erinnerungen an deine Verirrungen will ich dir austreiben.

In dem Augenblick, wo er diese Worte sprach, drang ein Ton in sein Ohr, der jähes Entsetzen über ihn brachte. -- Es war derselbe Ton, der ihn einst aufgeweckt hatte, als er in dem Felsspalt eingeschlafen war. Leise, süß und klagend zitterte er durch die Nacht. Stureson meinte den gespenstischen Geiger vor

Morgen, sagte er, will ich nach Christiania und Stockholm schreiben und meine Vorbereitungen beginnen. Ich suche ein ehrenvolles Amt, gleichviel, was es einbringt; für unsere standesgemäße Erhaltung wird Hvaland mit Freuden Sorge tragen. — Fort will ich, murmelte er dann erregter, wäre es auch nur um allen diesen Lappen und Böelappen, Missionären und langweiligen Gesichtern aus dem Wege zu gehen. — Sonderbar, daß mir der blasse, schwarzhaarige Schelm immer wieder einfällt, daß mir die Augen immer wieder einfallen, mit denen er mich ansah, als er über den Rand der Klippe stürzte.

Er hatte sich auf sein Bett gesetzt und starrte ernsthaft vor sich hin, endlich aber sah er zur Decke empor, denn über ihm schlief Mary, und leise streckte er die Hand aus und flüsterte sich spöttisch zu: Warte, mein Goldfischchen, warte! Alle diese Sorgen und Plagen sollst du mir bezahlen. — Ich will dich an einen Ort führen, wo du ganz mein eigen sein sollst, will dafür sorgen, daß dir die tugendhaften Grillen vergehen, und alle Erinnerungen an deine Verirrungen will ich dir austreiben.

In dem Augenblick, wo er diese Worte sprach, drang ein Ton in sein Ohr, der jähes Entsetzen über ihn brachte. — Es war derselbe Ton, der ihn einst aufgeweckt hatte, als er in dem Felsspalt eingeschlafen war. Leise, süß und klagend zitterte er durch die Nacht. Stureson meinte den gespenstischen Geiger vor

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="6">
        <pb facs="#f0155"/>
        <p> Morgen, sagte er, will ich nach Christiania und Stockholm schreiben und meine Vorbereitungen      beginnen. Ich suche ein ehrenvolles Amt, gleichviel, was es einbringt; für unsere standesgemäße      Erhaltung wird Hvaland mit Freuden Sorge tragen. &#x2014; Fort will ich, murmelte er dann erregter,      wäre es auch nur um allen diesen Lappen und Böelappen, Missionären und langweiligen Gesichtern      aus dem Wege zu gehen. &#x2014; Sonderbar, daß mir der blasse, schwarzhaarige Schelm immer wieder      einfällt, daß mir die Augen immer wieder einfallen, mit denen er mich ansah, als er über den      Rand der Klippe stürzte. </p><lb/>
        <p> Er hatte sich auf sein Bett gesetzt und starrte ernsthaft vor sich hin, endlich aber sah er      zur Decke empor, denn über ihm schlief Mary, und leise streckte er die Hand aus und flüsterte      sich spöttisch zu: Warte, mein Goldfischchen, warte! Alle diese Sorgen und Plagen sollst du mir      bezahlen. &#x2014; Ich will dich an einen Ort führen, wo du ganz mein eigen sein sollst, will dafür      sorgen, daß dir die tugendhaften Grillen vergehen, und alle Erinnerungen an deine Verirrungen      will ich dir austreiben. </p><lb/>
        <p> In dem Augenblick, wo er diese Worte sprach, drang ein Ton in sein Ohr, der jähes Entsetzen      über ihn brachte. &#x2014; Es war derselbe Ton, der ihn einst aufgeweckt hatte, als er in dem      Felsspalt eingeschlafen war. Leise, süß und klagend zitterte er durch die Nacht. Stureson      meinte den gespenstischen Geiger vor<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0155] Morgen, sagte er, will ich nach Christiania und Stockholm schreiben und meine Vorbereitungen beginnen. Ich suche ein ehrenvolles Amt, gleichviel, was es einbringt; für unsere standesgemäße Erhaltung wird Hvaland mit Freuden Sorge tragen. — Fort will ich, murmelte er dann erregter, wäre es auch nur um allen diesen Lappen und Böelappen, Missionären und langweiligen Gesichtern aus dem Wege zu gehen. — Sonderbar, daß mir der blasse, schwarzhaarige Schelm immer wieder einfällt, daß mir die Augen immer wieder einfallen, mit denen er mich ansah, als er über den Rand der Klippe stürzte. Er hatte sich auf sein Bett gesetzt und starrte ernsthaft vor sich hin, endlich aber sah er zur Decke empor, denn über ihm schlief Mary, und leise streckte er die Hand aus und flüsterte sich spöttisch zu: Warte, mein Goldfischchen, warte! Alle diese Sorgen und Plagen sollst du mir bezahlen. — Ich will dich an einen Ort führen, wo du ganz mein eigen sein sollst, will dafür sorgen, daß dir die tugendhaften Grillen vergehen, und alle Erinnerungen an deine Verirrungen will ich dir austreiben. In dem Augenblick, wo er diese Worte sprach, drang ein Ton in sein Ohr, der jähes Entsetzen über ihn brachte. — Es war derselbe Ton, der ihn einst aufgeweckt hatte, als er in dem Felsspalt eingeschlafen war. Leise, süß und klagend zitterte er durch die Nacht. Stureson meinte den gespenstischen Geiger vor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T15:04:01Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/155
Zitationshilfe: Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/155>, abgerufen am 09.11.2024.