Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

betet, wo seine Voreltern gebetet haben. Er sieht aus wie ein Träumer.

Er ist ein Christ, mehr als es viele sind, die diesen Namen führen, erwiderte sie lebhaft. Lassen Sie uns bei ihm eintreten; ich will ihn ersuchen, Nachmittags zu uns zu kommen, um Musik zu machen.

Er soll seine Geige mitbringen.

Mary schüttelte den Kopf. Er hat es noch nie gethan, sagte sie, fordern Sie es nicht von ihm, aber er spielt das Klavier gewiß zu Ihrem Beifall.

Sie waren während dessen an der Seite des Hügels niedergestiegen und gingen über den Rasen an dem Bache entlang, der mit einem Wasserfall aus den Felsen brach. Dann traten sie in das Gartengehege. Mary öffnete die äußere Thür des Hauses und, durch einen kleinen Vorraum gehend, trat sie in das Wohnzimmer, dicht gefolgt von Stureson. -- Beide blieben an der Schwelle stehen, als ein unerwarteter Anblick sich ihnen darbot.

Der Missionär saß auf einem niedrigen Stuhle, und vor ihm kniete der junge Mann, der sein Haupt in dem Schooß des Priesters verbarg. Stockfleth beugte sich über ihn hin, seine Hände lagen gefaltet auf Olaf's Kopf, sein langes graues Haar fiel darüber; er schien ein leises Gebet zu murmeln, das unverständlich in dem stillen Raum sich verlor.

Das Zimmer war niedrig, doch ziemlich groß. Die Holzwände ohne Schmuck, die Fugen der Balken

betet, wo seine Voreltern gebetet haben. Er sieht aus wie ein Träumer.

Er ist ein Christ, mehr als es viele sind, die diesen Namen führen, erwiderte sie lebhaft. Lassen Sie uns bei ihm eintreten; ich will ihn ersuchen, Nachmittags zu uns zu kommen, um Musik zu machen.

Er soll seine Geige mitbringen.

Mary schüttelte den Kopf. Er hat es noch nie gethan, sagte sie, fordern Sie es nicht von ihm, aber er spielt das Klavier gewiß zu Ihrem Beifall.

Sie waren während dessen an der Seite des Hügels niedergestiegen und gingen über den Rasen an dem Bache entlang, der mit einem Wasserfall aus den Felsen brach. Dann traten sie in das Gartengehege. Mary öffnete die äußere Thür des Hauses und, durch einen kleinen Vorraum gehend, trat sie in das Wohnzimmer, dicht gefolgt von Stureson. — Beide blieben an der Schwelle stehen, als ein unerwarteter Anblick sich ihnen darbot.

Der Missionär saß auf einem niedrigen Stuhle, und vor ihm kniete der junge Mann, der sein Haupt in dem Schooß des Priesters verbarg. Stockfleth beugte sich über ihn hin, seine Hände lagen gefaltet auf Olaf's Kopf, sein langes graues Haar fiel darüber; er schien ein leises Gebet zu murmeln, das unverständlich in dem stillen Raum sich verlor.

Das Zimmer war niedrig, doch ziemlich groß. Die Holzwände ohne Schmuck, die Fugen der Balken

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="2">
        <p><pb facs="#f0062"/>
betet, wo seine      Voreltern gebetet haben. Er sieht aus wie ein Träumer.</p><lb/>
        <p> Er ist ein Christ, mehr als es viele sind, die diesen Namen führen, erwiderte sie lebhaft.      Lassen Sie uns bei ihm eintreten; ich will ihn ersuchen, Nachmittags zu uns zu kommen, um Musik      zu machen.</p><lb/>
        <p> Er soll seine Geige mitbringen.</p><lb/>
        <p> Mary schüttelte den Kopf. Er hat es noch nie gethan, sagte sie, fordern Sie es nicht von      ihm, aber er spielt das Klavier gewiß zu Ihrem Beifall.</p><lb/>
        <p> Sie waren während dessen an der Seite des Hügels niedergestiegen und gingen über den Rasen      an dem Bache entlang, der mit einem Wasserfall aus den Felsen brach. Dann traten sie in das      Gartengehege. Mary öffnete die äußere Thür des Hauses und, durch einen kleinen Vorraum gehend,      trat sie in das Wohnzimmer, dicht gefolgt von Stureson. &#x2014; Beide blieben an der Schwelle stehen,      als ein unerwarteter Anblick sich ihnen darbot.</p><lb/>
        <p> Der Missionär saß auf einem niedrigen Stuhle, und vor ihm kniete der junge Mann, der sein      Haupt in dem Schooß des Priesters verbarg. Stockfleth beugte sich über ihn hin, seine Hände      lagen gefaltet auf Olaf's Kopf, sein langes graues Haar fiel darüber; er schien ein leises      Gebet zu murmeln, das unverständlich in dem stillen Raum sich verlor.</p><lb/>
        <p> Das Zimmer war niedrig, doch ziemlich groß. Die Holzwände ohne Schmuck, die Fugen der Balken<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0062] betet, wo seine Voreltern gebetet haben. Er sieht aus wie ein Träumer. Er ist ein Christ, mehr als es viele sind, die diesen Namen führen, erwiderte sie lebhaft. Lassen Sie uns bei ihm eintreten; ich will ihn ersuchen, Nachmittags zu uns zu kommen, um Musik zu machen. Er soll seine Geige mitbringen. Mary schüttelte den Kopf. Er hat es noch nie gethan, sagte sie, fordern Sie es nicht von ihm, aber er spielt das Klavier gewiß zu Ihrem Beifall. Sie waren während dessen an der Seite des Hügels niedergestiegen und gingen über den Rasen an dem Bache entlang, der mit einem Wasserfall aus den Felsen brach. Dann traten sie in das Gartengehege. Mary öffnete die äußere Thür des Hauses und, durch einen kleinen Vorraum gehend, trat sie in das Wohnzimmer, dicht gefolgt von Stureson. — Beide blieben an der Schwelle stehen, als ein unerwarteter Anblick sich ihnen darbot. Der Missionär saß auf einem niedrigen Stuhle, und vor ihm kniete der junge Mann, der sein Haupt in dem Schooß des Priesters verbarg. Stockfleth beugte sich über ihn hin, seine Hände lagen gefaltet auf Olaf's Kopf, sein langes graues Haar fiel darüber; er schien ein leises Gebet zu murmeln, das unverständlich in dem stillen Raum sich verlor. Das Zimmer war niedrig, doch ziemlich groß. Die Holzwände ohne Schmuck, die Fugen der Balken

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T15:04:01Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/62
Zitationshilfe: Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/62>, abgerufen am 24.05.2024.