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Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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in der Wüste verbergen und sein Lebelang unter Gammen und Rennthieren umherwandern wollen. -- Ich denke, es steckt mehr in ihm, als Sie denken, fuhr er fort, als Stockfleth ihn unmuthig ansah. Alle Achtung vor dem geistlichen Stande und der frommen Thätigkeit eines Missionärs, aber in diesem jungen Mann wohnt nicht der Glaube, sondern die Unruhe; in seinem Auge glüht ein Feuer, das Leidenschaften ankündigt, sein Herz ist erfüllt mit Träumen und Bildern, und sein Kopf mit Gedanken. Das ist kein Stoff, aus dem ein Allem entsagender Priester gemacht wird, Herr Probst, weit eher ein Künstler oder, wenn wir noch in romantischer Zeit lebten, ein kühner Anführer seines Stammes. Das bedenkt, Herr Niels Stockfleth, ich sage nichts mehr.

Das Gespräch wurde aber doch fortgesetzt, bis es anderen Gegenständen Platz machte, und Stureson ging zuletzt davon, als ihm das Geschwätz langweilig wurde. Er ging an der Bucht hinauf, stieg über die Felsen fort und sah nach einigen hundert Schritten nicht weit von sich den kleinen Colonisten Henrik Jansen bei seinen Netzen am Strande beschäftigt.

Der Böelappe grins'te ihn mit heuchlerischer Unterthänigkeit an, schwenkte seinen Glanzhut und winkte unter wunderlichen Geberden ihm einladend zu, das hohe Ufer hinabzusteigen.

Was willst du von mir? fragte Stureson, als er in seiner Nähe war.

in der Wüste verbergen und sein Lebelang unter Gammen und Rennthieren umherwandern wollen. — Ich denke, es steckt mehr in ihm, als Sie denken, fuhr er fort, als Stockfleth ihn unmuthig ansah. Alle Achtung vor dem geistlichen Stande und der frommen Thätigkeit eines Missionärs, aber in diesem jungen Mann wohnt nicht der Glaube, sondern die Unruhe; in seinem Auge glüht ein Feuer, das Leidenschaften ankündigt, sein Herz ist erfüllt mit Träumen und Bildern, und sein Kopf mit Gedanken. Das ist kein Stoff, aus dem ein Allem entsagender Priester gemacht wird, Herr Probst, weit eher ein Künstler oder, wenn wir noch in romantischer Zeit lebten, ein kühner Anführer seines Stammes. Das bedenkt, Herr Niels Stockfleth, ich sage nichts mehr.

Das Gespräch wurde aber doch fortgesetzt, bis es anderen Gegenständen Platz machte, und Stureson ging zuletzt davon, als ihm das Geschwätz langweilig wurde. Er ging an der Bucht hinauf, stieg über die Felsen fort und sah nach einigen hundert Schritten nicht weit von sich den kleinen Colonisten Henrik Jansen bei seinen Netzen am Strande beschäftigt.

Der Böelappe grins'te ihn mit heuchlerischer Unterthänigkeit an, schwenkte seinen Glanzhut und winkte unter wunderlichen Geberden ihm einladend zu, das hohe Ufer hinabzusteigen.

Was willst du von mir? fragte Stureson, als er in seiner Nähe war.

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[0075] in der Wüste verbergen und sein Lebelang unter Gammen und Rennthieren umherwandern wollen. — Ich denke, es steckt mehr in ihm, als Sie denken, fuhr er fort, als Stockfleth ihn unmuthig ansah. Alle Achtung vor dem geistlichen Stande und der frommen Thätigkeit eines Missionärs, aber in diesem jungen Mann wohnt nicht der Glaube, sondern die Unruhe; in seinem Auge glüht ein Feuer, das Leidenschaften ankündigt, sein Herz ist erfüllt mit Träumen und Bildern, und sein Kopf mit Gedanken. Das ist kein Stoff, aus dem ein Allem entsagender Priester gemacht wird, Herr Probst, weit eher ein Künstler oder, wenn wir noch in romantischer Zeit lebten, ein kühner Anführer seines Stammes. Das bedenkt, Herr Niels Stockfleth, ich sage nichts mehr. Das Gespräch wurde aber doch fortgesetzt, bis es anderen Gegenständen Platz machte, und Stureson ging zuletzt davon, als ihm das Geschwätz langweilig wurde. Er ging an der Bucht hinauf, stieg über die Felsen fort und sah nach einigen hundert Schritten nicht weit von sich den kleinen Colonisten Henrik Jansen bei seinen Netzen am Strande beschäftigt. Der Böelappe grins'te ihn mit heuchlerischer Unterthänigkeit an, schwenkte seinen Glanzhut und winkte unter wunderlichen Geberden ihm einladend zu, das hohe Ufer hinabzusteigen. Was willst du von mir? fragte Stureson, als er in seiner Nähe war.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T15:04:01Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/75>, abgerufen am 18.05.2024.