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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Hochzeit-Gedichte.
Und du/ o Delius/ kanst selber nicht wol leiden/
Wenn man verächtlich Zeug in deinen Tempel bringt:
Weß aber soll ich mich auff solchen Fall bescheiden/
Wo nehm ich ein solch Lied/ das dir und allen klingt?
Jch mag nicht den Gebrauch der Völcker hier erzehlen/
Und wie das Morgenland sein Hochzeit-Fest gemacht/
Den Deutschen wil ich nur zum Beyspiel hier erwehlen/
Der einen Kopff der Braut gab vor die erste Nacht.
Er muste sich zuvor wol für dem Feinde halten/
Eh als der Hymen ihn zu Bette hat geführt:
Ob zwar nun die Gesetz auch mit der Zeit veralten/
Und diß was gestern galt uns heute nicht gebührt/
Nichts destoweniger würd aus der Venus Munde
Kein ander Urtheil gehn/ als: Welcher sich verfreyt
Jst schuldig/ daß er auch zum festen Liebes-Bunde
Mit einem Kopff die Braut beschenckt die Lebens-Zeit.
Verknüpffte last euch nicht die Rede dunckel scheinen/
Die Warheit macht den Schluß als wie die Sonne klar:
Jch weis das Frauen-Volck wirds gäntzlich mit mir meynen/
Der Kopff/ den ich versteh/ hat nicht nur Haut und Haar/
Er muß auch mit Verstand und Weißheit seyn gezieret/
Denn Männer ohne Witz sind Lampen ohne Licht/
Und wem die Pallas nicht die Glut der Sinnen rühret/
Vermist hernach zu spät den Schatz/ so ihm gebricht.
Denn wie im Gegentheil man an dem Frauen-Zimmer
Zucht/ Schönheit/ Stand und Gut als Eigenschafften zehlt/
So dencket es auch drauff/ und irret hierin nimmer
Wenns einen weisen Mann für eine Thoren wehlt.
Was soll dem Narren Geld umb Weißheit zuerkauffeu/
Und hätt er Potosi und Lima im Besitz
Er möcht in Lybien und gar nach Zembla lauffen/
Er ändert zwar die Lufft doch nie den Aberwitz.
Dis hat ja die Natur sonst einem Mann gegeben/
Daß er auff Ernst bedacht/ und nicht mit Tocken spielt/
Und wo die Weißheit uns gebricht in diesem Leben/
Wird nimmermehr der Zweck verlangtes Glücks erzielt.
Setzt sie nicht Salomon weit über alle Schätze?
Erbaut die Königin nicht Städte/ Feld und Land?
Erklärt sie nicht das Recht/ und schreibet die Gesetze?
Macht sie uns Menschen nicht dem Himmel nah verwand?

Ja

Hochzeit-Gedichte.
Und du/ o Delius/ kanſt ſelber nicht wol leiden/
Wenn man veraͤchtlich Zeug in deinen Tempel bringt:
Weß aber ſoll ich mich auff ſolchen Fall beſcheiden/
Wo nehm ich ein ſolch Lied/ das dir und allen klingt?
Jch mag nicht den Gebrauch der Voͤlcker hier erzehlen/
Und wie das Morgenland ſein Hochzeit-Feſt gemacht/
Den Deutſchen wil ich nur zum Beyſpiel hier erwehlen/
Der einen Kopff der Braut gab vor die erſte Nacht.
Er muſte ſich zuvor wol fuͤr dem Feinde halten/
Eh als der Hymen ihn zu Bette hat gefuͤhrt:
Ob zwar nun die Geſetz auch mit der Zeit veralten/
Und diß was geſtern galt uns heute nicht gebuͤhrt/
Nichts deſtoweniger wuͤrd aus der Venus Munde
Kein ander Urtheil gehn/ als: Welcher ſich verfreyt
Jſt ſchuldig/ daß er auch zum feſten Liebes-Bunde
Mit einem Kopff die Braut beſchenckt die Lebens-Zeit.
Verknuͤpffte laſt euch nicht die Rede dunckel ſcheinen/
Die Warheit macht den Schluß als wie die Sonne klar:
Jch weis das Frauen-Volck wirds gaͤntzlich mit mir meynen/
Der Kopff/ den ich verſteh/ hat nicht nur Haut und Haar/
Er muß auch mit Verſtand und Weißheit ſeyn gezieret/
Denn Maͤnner ohne Witz ſind Lampen ohne Licht/
Und wem die Pallas nicht die Glut der Sinnen ruͤhret/
Vermiſt hernach zu ſpaͤt den Schatz/ ſo ihm gebricht.
Denn wie im Gegentheil man an dem Frauen-Zimmer
Zucht/ Schoͤnheit/ Stand und Gut als Eigenſchafften zehlt/
So dencket es auch drauff/ und irret hierin nimmer
Wenns einen weiſen Mann fuͤr eine Thoren wehlt.
Was ſoll dem Narren Geld umb Weißheit zuerkauffeu/
Und haͤtt er Potoſi und Lima im Beſitz
Er moͤcht in Lybien und gar nach Zembla lauffen/
Er aͤndert zwar die Lufft doch nie den Aberwitz.
Dis hat ja die Natur ſonſt einem Mann gegeben/
Daß er auff Ernſt bedacht/ und nicht mit Tocken ſpielt/
Und wo die Weißheit uns gebricht in dieſem Leben/
Wird nimmermehr der Zweck verlangtes Gluͤcks erzielt.
Setzt ſie nicht Salomon weit uͤber alle Schaͤtze?
Erbaut die Koͤnigin nicht Staͤdte/ Feld und Land?
Erklaͤrt ſie nicht das Recht/ und ſchreibet die Geſetze?
Macht ſie uns Menſchen nicht dem Himmel nah verwand?

Ja
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[38/0112] Hochzeit-Gedichte. Und du/ o Delius/ kanſt ſelber nicht wol leiden/ Wenn man veraͤchtlich Zeug in deinen Tempel bringt: Weß aber ſoll ich mich auff ſolchen Fall beſcheiden/ Wo nehm ich ein ſolch Lied/ das dir und allen klingt? Jch mag nicht den Gebrauch der Voͤlcker hier erzehlen/ Und wie das Morgenland ſein Hochzeit-Feſt gemacht/ Den Deutſchen wil ich nur zum Beyſpiel hier erwehlen/ Der einen Kopff der Braut gab vor die erſte Nacht. Er muſte ſich zuvor wol fuͤr dem Feinde halten/ Eh als der Hymen ihn zu Bette hat gefuͤhrt: Ob zwar nun die Geſetz auch mit der Zeit veralten/ Und diß was geſtern galt uns heute nicht gebuͤhrt/ Nichts deſtoweniger wuͤrd aus der Venus Munde Kein ander Urtheil gehn/ als: Welcher ſich verfreyt Jſt ſchuldig/ daß er auch zum feſten Liebes-Bunde Mit einem Kopff die Braut beſchenckt die Lebens-Zeit. Verknuͤpffte laſt euch nicht die Rede dunckel ſcheinen/ Die Warheit macht den Schluß als wie die Sonne klar: Jch weis das Frauen-Volck wirds gaͤntzlich mit mir meynen/ Der Kopff/ den ich verſteh/ hat nicht nur Haut und Haar/ Er muß auch mit Verſtand und Weißheit ſeyn gezieret/ Denn Maͤnner ohne Witz ſind Lampen ohne Licht/ Und wem die Pallas nicht die Glut der Sinnen ruͤhret/ Vermiſt hernach zu ſpaͤt den Schatz/ ſo ihm gebricht. Denn wie im Gegentheil man an dem Frauen-Zimmer Zucht/ Schoͤnheit/ Stand und Gut als Eigenſchafften zehlt/ So dencket es auch drauff/ und irret hierin nimmer Wenns einen weiſen Mann fuͤr eine Thoren wehlt. Was ſoll dem Narren Geld umb Weißheit zuerkauffeu/ Und haͤtt er Potoſi und Lima im Beſitz Er moͤcht in Lybien und gar nach Zembla lauffen/ Er aͤndert zwar die Lufft doch nie den Aberwitz. Dis hat ja die Natur ſonſt einem Mann gegeben/ Daß er auff Ernſt bedacht/ und nicht mit Tocken ſpielt/ Und wo die Weißheit uns gebricht in dieſem Leben/ Wird nimmermehr der Zweck verlangtes Gluͤcks erzielt. Setzt ſie nicht Salomon weit uͤber alle Schaͤtze? Erbaut die Koͤnigin nicht Staͤdte/ Feld und Land? Erklaͤrt ſie nicht das Recht/ und ſchreibet die Geſetze? Macht ſie uns Menſchen nicht dem Himmel nah verwand? Ja

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/112>, abgerufen am 09.11.2024.