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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Hochzeit-Gedichte.
Sie stäupte seinen Leib mit einem Blumen-Strauß.
Er aber rief und sprach. Ach Mutter/ wenn ich wüste
Das deiner Majestät Haupt Urtheil stimmte bey/
So sagt ich/ daß nunmehr Herr Jänisch Sieger sey.
Jndem erzeigte sich ein Berg von seltnen Wundern/
Er als Cupido kaum der Mutter Brust entfällt/
Hat eine Riesin sich zur Gegenwehr gestellt/
Mit Waffen ausgerüst von nichts als Brand und Zundern.
Hier steht Herr Jänisch bloß/ er kennt den schönen Feind/
Und der in einer Nacht kan werden bester Freund.
Wie treugt uns nicht der Wahn! Er denckt zu sehen Riesen/
Und weiß nicht daß die Stadt/ die Perle dieser Welt/
Dergleichen Riesin schon in ihren Armen hält/
Die von der Tugend Lob und Höffligkeit gepriesen.
Sie tritt ihm ins Gesicht und zeuget daß sein Geist
Jn das Gebirge nicht/ in sie/ nur sey gereist.
Cupido sagte zwar/ die Künste meiner Künste
Sol ich in einem Berg und Riesen stellen dar/
Daß meine Deutung doch in allem werde war/
So webe Venus mir ein seidenes Gespinste/
Das unsern Bräutigam mit seiner Riesin deckt/
Und meldet was dabey vor ein Geheimnüß steckt.
Drauff fuhr er ferner fort/ ein auserwehlt Gebirge
Verheischt dir das Gelück/ beschert dir diese Nacht.
Die Venus spricht/ es werd ein Opffer abgeschlacht
Das auch dein eigne Hand im ersten Blut erwürge.
Jch aber mahle dir den Berg der Liebe für/
Wo eine Riesin steht voll Seufftzen/ voll Begier.
Ein Ries ist lang und groß/ schau die gerade Länge/
Wie gleich den Lilien sich deine Riesin weist.
Schau ihren treuen Sinn/ schau ihren keuschen Geist/
Und hastu nicht dabey der Tugend-Gaben Menge?
Ein Berg ist ja ein Schatz der reiche Schätze reicht/
Jch glaube daß sich doch nichts deinem Schatze gleicht.
Sih' an der Berge Höh/ wie schön ist ihre Stirne!
Der Himmel ist niemahls so hell und ausgeklärt/
Als ihre Blicke sie holdselig dir gewehrt/
Die Venus im Gesicht und Pallas im Gehirne.
Betrachtestu genau der Augen Sternen-Schein
So können sie bey Nacht ein rechter Pharus seyn.
Ein
J i
Hochzeit-Gedichte.
Sie ſtaͤupte ſeinen Leib mit einem Blumen-Strauß.
Er aber rief und ſprach. Ach Mutter/ wenn ich wuͤſte
Das deiner Majeſtaͤt Haupt Urtheil ſtimmte bey/
So ſagt ich/ daß nunmehr Herr Jaͤniſch Sieger ſey.
Jndem erzeigte ſich ein Berg von ſeltnen Wundern/
Er als Cupido kaum der Mutter Bruſt entfaͤllt/
Hat eine Rieſin ſich zur Gegenwehr geſtellt/
Mit Waffen ausgeruͤſt von nichts als Brand und Zundern.
Hier ſteht Herr Jaͤniſch bloß/ er kennt den ſchoͤnen Feind/
Und der in einer Nacht kan werden beſter Freund.
Wie treugt uns nicht der Wahn! Er denckt zu ſehen Rieſen/
Und weiß nicht daß die Stadt/ die Perle dieſer Welt/
Dergleichen Rieſin ſchon in ihren Armen haͤlt/
Die von der Tugend Lob und Hoͤffligkeit geprieſen.
Sie tritt ihm ins Geſicht und zeuget daß ſein Geiſt
Jn das Gebirge nicht/ in ſie/ nur ſey gereiſt.
Cupido ſagte zwar/ die Kuͤnſte meiner Kuͤnſte
Sol ich in einem Berg und Rieſen ſtellen dar/
Daß meine Deutung doch in allem werde war/
So webe Venus mir ein ſeidenes Geſpinſte/
Das unſern Braͤutigam mit ſeiner Rieſin deckt/
Und meldet was dabey vor ein Geheimnuͤß ſteckt.
Drauff fuhr er ferner fort/ ein auserwehlt Gebirge
Verheiſcht dir das Geluͤck/ beſchert dir dieſe Nacht.
Die Venus ſpricht/ es werd ein Opffer abgeſchlacht
Das auch dein eigne Hand im erſten Blut erwuͤrge.
Jch aber mahle dir den Berg der Liebe fuͤr/
Wo eine Rieſin ſteht voll Seufftzen/ voll Begier.
Ein Rieſ iſt lang und groß/ ſchau die gerade Laͤnge/
Wie gleich den Lilien ſich deine Rieſin weiſt.
Schau ihren treuen Sinn/ ſchau ihren keuſchen Geiſt/
Und haſtu nicht dabey der Tugend-Gaben Menge?
Ein Berg iſt ja ein Schatz der reiche Schaͤtze reicht/
Jch glaube daß ſich doch nichts deinem Schatze gleicht.
Sih’ an der Berge Hoͤh/ wie ſchoͤn iſt ihre Stirne!
Der Himmel iſt niemahls ſo hell und ausgeklaͤrt/
Als ihre Blicke ſie holdſelig dir gewehrt/
Die Venus im Geſicht und Pallas im Gehirne.
Betrachteſtu genau der Augen Sternen-Schein
So koͤnnen ſie bey Nacht ein rechter Pharus ſeyn.
Ein
J i
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[129/0203] Hochzeit-Gedichte. Sie ſtaͤupte ſeinen Leib mit einem Blumen-Strauß. Er aber rief und ſprach. Ach Mutter/ wenn ich wuͤſte Das deiner Majeſtaͤt Haupt Urtheil ſtimmte bey/ So ſagt ich/ daß nunmehr Herr Jaͤniſch Sieger ſey. Jndem erzeigte ſich ein Berg von ſeltnen Wundern/ Er als Cupido kaum der Mutter Bruſt entfaͤllt/ Hat eine Rieſin ſich zur Gegenwehr geſtellt/ Mit Waffen ausgeruͤſt von nichts als Brand und Zundern. Hier ſteht Herr Jaͤniſch bloß/ er kennt den ſchoͤnen Feind/ Und der in einer Nacht kan werden beſter Freund. Wie treugt uns nicht der Wahn! Er denckt zu ſehen Rieſen/ Und weiß nicht daß die Stadt/ die Perle dieſer Welt/ Dergleichen Rieſin ſchon in ihren Armen haͤlt/ Die von der Tugend Lob und Hoͤffligkeit geprieſen. Sie tritt ihm ins Geſicht und zeuget daß ſein Geiſt Jn das Gebirge nicht/ in ſie/ nur ſey gereiſt. Cupido ſagte zwar/ die Kuͤnſte meiner Kuͤnſte Sol ich in einem Berg und Rieſen ſtellen dar/ Daß meine Deutung doch in allem werde war/ So webe Venus mir ein ſeidenes Geſpinſte/ Das unſern Braͤutigam mit ſeiner Rieſin deckt/ Und meldet was dabey vor ein Geheimnuͤß ſteckt. Drauff fuhr er ferner fort/ ein auserwehlt Gebirge Verheiſcht dir das Geluͤck/ beſchert dir dieſe Nacht. Die Venus ſpricht/ es werd ein Opffer abgeſchlacht Das auch dein eigne Hand im erſten Blut erwuͤrge. Jch aber mahle dir den Berg der Liebe fuͤr/ Wo eine Rieſin ſteht voll Seufftzen/ voll Begier. Ein Rieſ iſt lang und groß/ ſchau die gerade Laͤnge/ Wie gleich den Lilien ſich deine Rieſin weiſt. Schau ihren treuen Sinn/ ſchau ihren keuſchen Geiſt/ Und haſtu nicht dabey der Tugend-Gaben Menge? Ein Berg iſt ja ein Schatz der reiche Schaͤtze reicht/ Jch glaube daß ſich doch nichts deinem Schatze gleicht. Sih’ an der Berge Hoͤh/ wie ſchoͤn iſt ihre Stirne! Der Himmel iſt niemahls ſo hell und ausgeklaͤrt/ Als ihre Blicke ſie holdſelig dir gewehrt/ Die Venus im Geſicht und Pallas im Gehirne. Betrachteſtu genau der Augen Sternen-Schein So koͤnnen ſie bey Nacht ein rechter Pharus ſeyn. Ein J i

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/203>, abgerufen am 15.05.2024.