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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Betrübtste! last den Schmertz nicht Oberhand gewinnen
Man gönnt Gefangenen ja endlich freye Lufft/
Herr Richter wird erfreut den Richtstuhl sehen können/
So bald des Höchsten Stimm/ steht auff ihr Todten/
rufft!
Unverblühte Lilie/
Bey Beerdigung Fr. S. Z. g. O. den 2.
Julii 1669.
WOIEdler/ wo sein Geist mit Ach und Weh umbschren-
cket/

Von Seufftzen angefüllt/ von Thränen überschwemmt
An seine Garten-Lust noch einst zurücke dencket/
Und nicht des Hertzens Blut der Augen Stralen hemmt;
So wird er unverblüht die edle Blumeschauen
Die Name/ Stand und Zucht zu einer Lilge macht/
Und daß/ ob in der Hitz ietzt schmachten Feld und Auen/
Jhr Glantz im höchsten Grad der Schönheit sey gebracht.
Es mag des Sommers Kleid mit Nelcken sich besternen/
Die Lilie bleibt doch der Blumen Königin/
Der Gärten bester Schmuck/ der Balsam der von fernen
Uns Hertz und Seelerfreut/ und sticht den Amber hin.
Es legte Jupiter an seiner Juno Brüste
Den Helden Hercules/ als einen Säugling/ an/
Ob so der Himmel ihm zu theile werden müste.
Wie das gestillte Kind nicht weiter trincken kan/
Jst doch der Göttin Milch im doppel Strom geflossen/
Der zarte Perlen-Safft/ so auff die Erde sprang/
War Zeug aus welchem erst die Lilien entsprossen/
Und daß ein Schnee Geruch auff dero Blätter sanck:
Was in die höh gespritzt das ist die Milchbahn worden/
Die sich bey heller Nacht in tausend Sternen zeigt.
Nun dieser Uhrsprung setzt die Lilg' in Hoheits Orden/
Daß sich für ihrem Stab der Blumen Pöfel neigt.
Alleine Fantasey und toller Wahn der Alten:
Dem Fabelwercke mist die Warheit niemand bey/
Nein/ unser Lilie kan diesen Ruhm behalten/
Daß sie der Ankunfft nach des Himmels Pflantze sey/
Von GOttes Hand erbaut/ von solchem Stamm geboren/
Der durch der Ahnen Ruhm und Thaten ist bekand/
Zu
Eee 4
Leichen-Gedichte.
Betruͤbtſte! laſt den Schmertz nicht Oberhand gewinnen
Man goͤnnt Gefangenen ja endlich freye Lufft/
Herr Richter wird erfreut den Richtſtuhl ſehen koͤnnen/
So bald des Hoͤchſten Stimm/ ſteht auff ihr Todten/
rufft!
Unverbluͤhte Lilie/
Bey Beerdigung Fr. S. Z. g. O. den 2.
Julii 1669.
WOIEdler/ wo ſein Geiſt mit Ach und Weh umbſchren-
cket/

Von Seufftzen angefuͤllt/ von Thraͤnen uͤberſchwem̃t
An ſeine Garten-Luſt noch einſt zuruͤcke dencket/
Und nicht des Hertzens Blut der Augen Stralen hemmt;
So wird er unverbluͤht die edle Blumeſchauen
Die Name/ Stand und Zucht zu einer Lilge macht/
Und daß/ ob in der Hitz ietzt ſchmachten Feld und Auen/
Jhr Glantz im hoͤchſten Grad der Schoͤnheit ſey gebracht.
Es mag des Sommers Kleid mit Nelcken ſich beſternen/
Die Lilie bleibt doch der Blumen Koͤnigin/
Der Gaͤrten beſter Schmuck/ der Balſam der von fernen
Uns Hertz und Seelerfreut/ und ſticht den Amber hin.
Es legte Jupiter an ſeiner Juno Bruͤſte
Den Helden Hercules/ als einen Saͤugling/ an/
Ob ſo der Himmel ihm zu theile werden muͤſte.
Wie das geſtillte Kind nicht weiter trincken kan/
Jſt doch der Goͤttin Milch im doppel Strom gefloſſen/
Der zarte Perlen-Safft/ ſo auff die Erde ſprang/
War Zeug aus welchem erſt die Lilien entſproſſen/
Und daß ein Schnee Geruch auff dero Blaͤtter ſanck:
Was in die hoͤh geſpritzt das iſt die Milchbahn worden/
Die ſich bey heller Nacht in tauſend Sternen zeigt.
Nun dieſer Uhrſprung ſetzt die Lilg’ in Hoheits Orden/
Daß ſich fuͤr ihrem Stab der Blumen Poͤfel neigt.
Alleine Fantaſey und toller Wahn der Alten:
Dem Fabelwercke miſt die Warheit niemand bey/
Nein/ unſer Lilie kan dieſen Ruhm behalten/
Daß ſie der Ankunfft nach des Himmels Pflantze ſey/
Von GOttes Hand erbaut/ von ſolchem Stamm geboren/
Der durch der Ahnen Ruhm und Thaten iſt bekand/
Zu
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[71/0303] Leichen-Gedichte. Betruͤbtſte! laſt den Schmertz nicht Oberhand gewinnen Man goͤnnt Gefangenen ja endlich freye Lufft/ Herr Richter wird erfreut den Richtſtuhl ſehen koͤnnen/ So bald des Hoͤchſten Stimm/ ſteht auff ihr Todten/ rufft! Unverbluͤhte Lilie/ Bey Beerdigung Fr. S. Z. g. O. den 2. Julii 1669. WOIEdler/ wo ſein Geiſt mit Ach und Weh umbſchren- cket/ Von Seufftzen angefuͤllt/ von Thraͤnen uͤberſchwem̃t An ſeine Garten-Luſt noch einſt zuruͤcke dencket/ Und nicht des Hertzens Blut der Augen Stralen hemmt; So wird er unverbluͤht die edle Blumeſchauen Die Name/ Stand und Zucht zu einer Lilge macht/ Und daß/ ob in der Hitz ietzt ſchmachten Feld und Auen/ Jhr Glantz im hoͤchſten Grad der Schoͤnheit ſey gebracht. Es mag des Sommers Kleid mit Nelcken ſich beſternen/ Die Lilie bleibt doch der Blumen Koͤnigin/ Der Gaͤrten beſter Schmuck/ der Balſam der von fernen Uns Hertz und Seelerfreut/ und ſticht den Amber hin. Es legte Jupiter an ſeiner Juno Bruͤſte Den Helden Hercules/ als einen Saͤugling/ an/ Ob ſo der Himmel ihm zu theile werden muͤſte. Wie das geſtillte Kind nicht weiter trincken kan/ Jſt doch der Goͤttin Milch im doppel Strom gefloſſen/ Der zarte Perlen-Safft/ ſo auff die Erde ſprang/ War Zeug aus welchem erſt die Lilien entſproſſen/ Und daß ein Schnee Geruch auff dero Blaͤtter ſanck: Was in die hoͤh geſpritzt das iſt die Milchbahn worden/ Die ſich bey heller Nacht in tauſend Sternen zeigt. Nun dieſer Uhrſprung ſetzt die Lilg’ in Hoheits Orden/ Daß ſich fuͤr ihrem Stab der Blumen Poͤfel neigt. Alleine Fantaſey und toller Wahn der Alten: Dem Fabelwercke miſt die Warheit niemand bey/ Nein/ unſer Lilie kan dieſen Ruhm behalten/ Daß ſie der Ankunfft nach des Himmels Pflantze ſey/ Von GOttes Hand erbaut/ von ſolchem Stamm geboren/ Der durch der Ahnen Ruhm und Thaten iſt bekand/ Zu Eee 4

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/303>, abgerufen am 22.11.2024.