Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

Bild:
<< vorherige Seite
Leichen-Gedichte.
Und Schlesien wird stehn/ muß auch der Neid bekennen
Daß dir bey vielen noch Gedächtnüß-Ampeln brennen.
Offt wird der Marmelstein für falschem Lobe roth/
Und die erdichte Schrifft zersprenget ihn in Ritze.
Was ist das uns für Fäul' und Untergang beschütze?
Zerstört die Pyramis und das Mausol der Tod?
Macht seine Tyranney auch Leichen aus den Steinen?
Zerbricht er Ertzt und Stahl gleich unsern dürren Beinen?
So ist ja diß nur bloß was von uns übrig bleibt/
Der Sinnen Treffligkeit und deß Gemüthes Gaben;
Die Herr von Rosenberg dich so geführet haben/
Das dich ins graue Buch der Ewigkeiten schreibt
Ein unausleschlich Ruhm. Den du dir selbst verdienet
Durch dessen Ehren-Pracht auch dein Geschlechte grünet.
Dich sah' von Jugend auff Minerva günstig an.
Dein Frühling war berühmt vom Lesen und vom Reisen.
Man hörte hier und dort dich hohe Schulen preisen.
Dir war der Fürsten hold in Norden zugethan.
Drauf bist du auch nach Ost und Sud und West gegangen
Dann Franckreich gab dir Feur und Welschland Witz der
Schlangen/

Es hat dir Themis auch ihr heilig Recht vertraut/
Den Purpur umbgelegt/ die Lorber-Cron gescheucket/
Als gleich dein edles Hertz ans Vaterland gedencket.
Und wie Ulysses hat sein Jthaca gebaut/
Und wünscht noch einst zu sehn den Rauch der aufgegangen.
So zog dich auch nach Haus ein eifriges Verlangen.
Diß ist der Tugend Art/ ihr angeborner Schein
Dringt durch des Pöfels Nacht den Grossen in die Augen/
Es zeigt sich in der That was hohen Seelen taugen/
Und rühmlich nützen kan und was veracht soll seyn.
Man suchte bey dir Rath/ das Land hielt dich in Ehren
Und wolte deinen Mund als ein Oracul hören.
Es hat manch Graff und Fürst durch dich sein Recht vollführt.
Es gab Piastus Stamm dir angenehme Schatten.
Viel Höfen kam dein Witz und kluger Rath zu statten.
Und wo Demosthenes der Richter Hertz gerührt;
So hastu mit mehr Krafft mit mehr Red-Seeligkeiten
Von Grund aus beygelegt das zweiffelhaffte Streiten.
Es
Leichen-Gedichte.
Und Schleſien wird ſtehn/ muß auch der Neid bekennen
Daß dir bey vielen noch Gedaͤchtnuͤß-Ampeln brennen.
Offt wird der Marmelſtein fuͤr falſchem Lobe roth/
Und die erdichte Schrifft zerſprenget ihn in Ritze.
Was iſt das uns fuͤr Faͤul’ und Untergang beſchuͤtze?
Zerſtoͤrt die Pyramis und das Mauſol der Tod?
Macht ſeine Tyranney auch Leichen aus den Steinen?
Zerbricht er Ertzt und Stahl gleich unſern duͤrren Beinen?
So iſt ja diß nur bloß was von uns uͤbrig bleibt/
Der Sinnen Treffligkeit und deß Gemuͤthes Gaben;
Die Herr von Roſenberg dich ſo gefuͤhret haben/
Das dich ins graue Buch der Ewigkeiten ſchreibt
Ein unausleſchlich Ruhm. Den du dir ſelbſt verdienet
Durch deſſen Ehren-Pracht auch dein Geſchlechte gruͤnet.
Dich ſah’ von Jugend auff Minerva guͤnſtig an.
Dein Fruͤhling war beruͤhmt vom Leſen und vom Reiſen.
Man hoͤrte hier und dort dich hohe Schulen preiſen.
Dir war der Fuͤrſten hold in Norden zugethan.
Drauf biſt du auch nach Oſt und Sud und Weſt gegangen
Dann Franckreich gab dir Feur und Welſchland Witz der
Schlangen/

Es hat dir Themis auch ihr heilig Recht vertraut/
Den Purpur umbgelegt/ die Lorber-Cron geſcheucket/
Als gleich dein edles Hertz ans Vaterland gedencket.
Und wie Ulyſſes hat ſein Jthaca gebaut/
Und wuͤnſcht noch einſt zu ſehn den Rauch der aufgegangen.
So zog dich auch nach Haus ein eifriges Verlangen.
Diß iſt der Tugend Art/ ihr angeborner Schein
Dringt durch des Poͤfels Nacht den Groſſen in die Augen/
Es zeigt ſich in der That was hohen Seelen taugen/
Und ruͤhmlich nuͤtzen kan und was veracht ſoll ſeyn.
Man ſuchte bey dir Rath/ das Land hielt dich in Ehren
Und wolte deinen Mund als ein Oracul hoͤren.
Es hat manch Graff und Fuͤrſt durch dich ſein Recht vollfuͤhrt.
Es gab Piaſtus Stamm dir angenehme Schatten.
Viel Hoͤfen kam dein Witz und kluger Rath zu ſtatten.
Und wo Demoſthenes der Richter Hertz geruͤhrt;
So haſtu mit mehr Krafft mit mehr Red-Seeligkeiten
Von Grund aus beygelegt das zweiffelhaffte Streiten.
Es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0547" n="315"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leichen-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>Und Schle&#x017F;ien wird &#x017F;tehn/ muß auch der Neid bekennen</l><lb/>
          <l>Daß dir bey vielen noch Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß-Ampeln brennen.</l><lb/>
          <l>Offt wird der Marmel&#x017F;tein fu&#x0364;r fal&#x017F;chem Lobe roth/</l><lb/>
          <l>Und die erdichte Schrifft zer&#x017F;prenget ihn in Ritze.</l><lb/>
          <l>Was i&#x017F;t das uns fu&#x0364;r Fa&#x0364;ul&#x2019; und Untergang be&#x017F;chu&#x0364;tze?</l><lb/>
          <l>Zer&#x017F;to&#x0364;rt die Pyramis und das Mau&#x017F;ol der Tod?</l><lb/>
          <l>Macht &#x017F;eine Tyranney auch Leichen aus den Steinen?</l><lb/>
          <l>Zerbricht er Ertzt und Stahl gleich un&#x017F;ern du&#x0364;rren Beinen?</l><lb/>
          <l>So i&#x017F;t ja diß nur bloß was von uns u&#x0364;brig bleibt/</l><lb/>
          <l>Der Sinnen Treffligkeit und deß Gemu&#x0364;thes Gaben;</l><lb/>
          <l>Die <hi rendition="#fr">Herr von Ro&#x017F;enberg</hi> dich &#x017F;o gefu&#x0364;hret haben/</l><lb/>
          <l>Das dich ins graue Buch der Ewigkeiten &#x017F;chreibt</l><lb/>
          <l>Ein unausle&#x017F;chlich Ruhm. Den du dir &#x017F;elb&#x017F;t verdienet</l><lb/>
          <l>Durch de&#x017F;&#x017F;en Ehren-Pracht auch dein Ge&#x017F;chlechte gru&#x0364;net.</l><lb/>
          <l>Dich &#x017F;ah&#x2019; von Jugend auff Minerva gu&#x0364;n&#x017F;tig an.</l><lb/>
          <l>Dein Fru&#x0364;hling war beru&#x0364;hmt vom Le&#x017F;en und vom Rei&#x017F;en.</l><lb/>
          <l>Man ho&#x0364;rte hier und dort dich hohe Schulen prei&#x017F;en.</l><lb/>
          <l>Dir war der Fu&#x0364;r&#x017F;ten hold in Norden zugethan.</l><lb/>
          <l>Drauf bi&#x017F;t du auch nach O&#x017F;t und Sud und We&#x017F;t gegangen</l><lb/>
          <l>Dann Franckreich gab dir Feur und Wel&#x017F;chland Witz der<lb/><hi rendition="#et">Schlangen/</hi></l><lb/>
          <l>Es hat dir Themis auch ihr heilig Recht vertraut/</l><lb/>
          <l>Den Purpur umbgelegt/ die Lorber-Cron ge&#x017F;cheucket/</l><lb/>
          <l>Als gleich dein edles Hertz ans Vaterland gedencket.</l><lb/>
          <l>Und wie Uly&#x017F;&#x017F;es hat &#x017F;ein Jthaca gebaut/</l><lb/>
          <l>Und wu&#x0364;n&#x017F;cht noch ein&#x017F;t zu &#x017F;ehn den Rauch der aufgegangen.</l><lb/>
          <l>So zog dich auch nach Haus ein eifriges Verlangen.</l><lb/>
          <l>Diß i&#x017F;t der Tugend Art/ ihr angeborner Schein</l><lb/>
          <l>Dringt durch des Po&#x0364;fels Nacht den Gro&#x017F;&#x017F;en in die Augen/</l><lb/>
          <l>Es zeigt &#x017F;ich in der That was hohen Seelen taugen/</l><lb/>
          <l>Und ru&#x0364;hmlich nu&#x0364;tzen kan und was veracht &#x017F;oll &#x017F;eyn.</l><lb/>
          <l>Man &#x017F;uchte bey dir Rath/ das Land hielt dich in Ehren</l><lb/>
          <l>Und wolte deinen Mund als ein Oracul ho&#x0364;ren.</l><lb/>
          <l>Es hat manch Graff und Fu&#x0364;r&#x017F;t durch dich &#x017F;ein Recht vollfu&#x0364;hrt.</l><lb/>
          <l>Es gab Pia&#x017F;tus Stamm dir angenehme Schatten.</l><lb/>
          <l>Viel Ho&#x0364;fen kam dein Witz und kluger Rath zu &#x017F;tatten.</l><lb/>
          <l>Und wo Demo&#x017F;thenes der Richter Hertz geru&#x0364;hrt;</l><lb/>
          <l>So ha&#x017F;tu mit mehr Krafft mit mehr Red-Seeligkeiten</l><lb/>
          <l>Von Grund aus beygelegt das zweiffelhaffte Streiten.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0547] Leichen-Gedichte. Und Schleſien wird ſtehn/ muß auch der Neid bekennen Daß dir bey vielen noch Gedaͤchtnuͤß-Ampeln brennen. Offt wird der Marmelſtein fuͤr falſchem Lobe roth/ Und die erdichte Schrifft zerſprenget ihn in Ritze. Was iſt das uns fuͤr Faͤul’ und Untergang beſchuͤtze? Zerſtoͤrt die Pyramis und das Mauſol der Tod? Macht ſeine Tyranney auch Leichen aus den Steinen? Zerbricht er Ertzt und Stahl gleich unſern duͤrren Beinen? So iſt ja diß nur bloß was von uns uͤbrig bleibt/ Der Sinnen Treffligkeit und deß Gemuͤthes Gaben; Die Herr von Roſenberg dich ſo gefuͤhret haben/ Das dich ins graue Buch der Ewigkeiten ſchreibt Ein unausleſchlich Ruhm. Den du dir ſelbſt verdienet Durch deſſen Ehren-Pracht auch dein Geſchlechte gruͤnet. Dich ſah’ von Jugend auff Minerva guͤnſtig an. Dein Fruͤhling war beruͤhmt vom Leſen und vom Reiſen. Man hoͤrte hier und dort dich hohe Schulen preiſen. Dir war der Fuͤrſten hold in Norden zugethan. Drauf biſt du auch nach Oſt und Sud und Weſt gegangen Dann Franckreich gab dir Feur und Welſchland Witz der Schlangen/ Es hat dir Themis auch ihr heilig Recht vertraut/ Den Purpur umbgelegt/ die Lorber-Cron geſcheucket/ Als gleich dein edles Hertz ans Vaterland gedencket. Und wie Ulyſſes hat ſein Jthaca gebaut/ Und wuͤnſcht noch einſt zu ſehn den Rauch der aufgegangen. So zog dich auch nach Haus ein eifriges Verlangen. Diß iſt der Tugend Art/ ihr angeborner Schein Dringt durch des Poͤfels Nacht den Groſſen in die Augen/ Es zeigt ſich in der That was hohen Seelen taugen/ Und ruͤhmlich nuͤtzen kan und was veracht ſoll ſeyn. Man ſuchte bey dir Rath/ das Land hielt dich in Ehren Und wolte deinen Mund als ein Oracul hoͤren. Es hat manch Graff und Fuͤrſt durch dich ſein Recht vollfuͤhrt. Es gab Piaſtus Stamm dir angenehme Schatten. Viel Hoͤfen kam dein Witz und kluger Rath zu ſtatten. Und wo Demoſthenes der Richter Hertz geruͤhrt; So haſtu mit mehr Krafft mit mehr Red-Seeligkeiten Von Grund aus beygelegt das zweiffelhaffte Streiten. Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/547
Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/547>, abgerufen am 22.11.2024.