Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Daß er den Ancker wirfft in dem gelobten Lande/Da ihn kein Sturm erschreckt noch Kummer-Welle plagt. Jhr habet Pflicht gemäß die Augen ihm geschlossen. Betrübtste Töchter stellt die bittren Zähren ein: Denn wenn ihr die genug aus Schuldigkeit vergossen/ So lehrt euch Zeit und That; daß Gott wird Vater seyn. Erlangte Ruhe in dem Vaterlande WJe wird die schwartze Post dein gantzes Hauß erschre-Hn. G. G. den 3. Martii 1678. cken Nun du/ o Seeliger/ gehst in der Frembde heim! Und solte Thränen nicht dein Todes-Fall erwecken? Nun sich in Wermuth kehrt der Hoffnung Honigseim. Sie warten gantz umbsonst dich freudig zu empfangen Die GOtt dir zugesellt und die dein Blut erzeugt: Dieweil du bist den Weg zur langen Ruh gegangen/ Du schreibst nicht mehr zurück und Mund und Feder So sah Alcyone durch nächtliche Gesichte/ (schweigt. Ein Vorbild/ wie ihr Schatz im Schoß der See ertranck. Wer zweiffelt daß der Mund von fliegendem Gerüchte Bereit erzehlet hat/ wie du zu Breßlau kranck. Wiewol es führt dich GOtt auff seinen Wunder-Wegen Und was sein heilig Schluß bestimmt/ das muß geschehn. Du solst im Vaterland dich sanfft zur Ruhe legen Und dich wird Dantzig nicht mehr seinen Bürger sehn. Die Reiß ist wol verbracht. Jetzt bist du heimgezogen Vors erst in Schlesien/ denn nach dem Himmel zu/ Da baut die Freyheit dir so einen Sieges-Bogen Der deine Pilgramschafft deckt mit gewünschter Ruh. Wir sind doch frembd allhier/ und Gäste dieser Erden/ Beschiffen ein solch Meer das tausend Syrten hegt. Und unser gantzer Lauff ist Kummer und Beschwerden Biß daß man uns verblast hin zu drn meisten trägt. Wie ist die grosse See nicht voller Tieff' und Krümmen? Wie lacht uns ihr Crystall in aller Sanfftmuth an? Bald wird sie umb das Schiff mit linden Wellen schwimmen/ Als wenn ohn Arg und List die Marmel-glatte Bahn. Jn einem Augenblick wird drauff ihr Zorn sich heben/ Daß sie den grauen Schaum biß an die Sterne schmeist/ Die X x x 2
Leichen-Gedichte. Daß er den Ancker wirfft in dem gelobten Lande/Da ihn kein Sturm erſchreckt noch Kummer-Welle plagt. Jhr habet Pflicht gemaͤß die Augen ihm geſchloſſen. Betruͤbtſte Toͤchter ſtellt die bittren Zaͤhren ein: Denn wenn ihr die genug aus Schuldigkeit vergoſſen/ So lehrt euch Zeit und That; daß Gott wird Vater ſeyn. Erlangte Ruhe in dem Vaterlande WJe wird die ſchwartze Poſt dein gantzes Hauß erſchre-Hn. G. G. den 3. Martii 1678. cken Nun du/ o Seeliger/ gehſt in der Frembde heim! Und ſolte Thraͤnen nicht dein Todes-Fall erwecken? Nun ſich in Wermuth kehrt der Hoffnung Honigſeim. Sie warten gantz umbſonſt dich freudig zu empfangen Die GOtt dir zugeſellt und die dein Blut erzeugt: Dieweil du biſt den Weg zur langen Ruh gegangen/ Du ſchreibſt nicht mehr zuruͤck und Mund und Feder So ſah Alcyone durch naͤchtliche Geſichte/ (ſchweigt. Ein Vorbild/ wie ihr Schatz im Schoß der See ertranck. Wer zweiffelt daß der Mund von fliegendem Geruͤchte Bereit erzehlet hat/ wie du zu Breßlau kranck. Wiewol es fuͤhrt dich GOtt auff ſeinen Wunder-Wegen Und was ſein heilig Schluß beſtimmt/ das muß geſchehn. Du ſolſt im Vaterland dich ſanfft zur Ruhe legen Und dich wird Dantzig nicht mehr ſeinen Buͤrger ſehn. Die Reiß iſt wol verbracht. Jetzt biſt du heimgezogen Vors erſt in Schleſien/ denn nach dem Himmel zu/ Da baut die Freyheit dir ſo einen Sieges-Bogen Der deine Pilgramſchafft deckt mit gewuͤnſchter Ruh. Wir ſind doch frembd allhier/ und Gaͤſte dieſer Erden/ Beſchiffen ein ſolch Meer das tauſend Syrten hegt. Und unſer gantzer Lauff iſt Kummer und Beſchwerden Biß daß man uns verblaſt hin zu drn meiſten traͤgt. Wie iſt die groſſe See nicht voller Tieff’ und Kruͤmmen? Wie lacht uns ihr Cryſtall in aller Sanfftmuth an? Bald wird ſie umb das Schiff mit linden Wellen ſchwimmen/ Als wenn ohn Arg und Liſt die Marmel-glatte Bahn. Jn einem Augenblick wird drauff ihr Zorn ſich heben/ Daß ſie den grauen Schaum biß an die Sterne ſchmeiſt/ Die X x x 2
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Leichen-Gedichte.
Daß er den Ancker wirfft in dem gelobten Lande/
Da ihn kein Sturm erſchreckt noch Kummer-Welle plagt.
Jhr habet Pflicht gemaͤß die Augen ihm geſchloſſen.
Betruͤbtſte Toͤchter ſtellt die bittren Zaͤhren ein:
Denn wenn ihr die genug aus Schuldigkeit vergoſſen/
So lehrt euch Zeit und That; daß Gott wird Vater ſeyn.
Erlangte Ruhe in dem Vaterlande
Hn. G. G. den 3. Martii 1678.
WJe wird die ſchwartze Poſt dein gantzes Hauß erſchre-
cken
Nun du/ o Seeliger/ gehſt in der Frembde heim!
Und ſolte Thraͤnen nicht dein Todes-Fall erwecken?
Nun ſich in Wermuth kehrt der Hoffnung Honigſeim.
Sie warten gantz umbſonſt dich freudig zu empfangen
Die GOtt dir zugeſellt und die dein Blut erzeugt:
Dieweil du biſt den Weg zur langen Ruh gegangen/
Du ſchreibſt nicht mehr zuruͤck und Mund und Feder
So ſah Alcyone durch naͤchtliche Geſichte/ (ſchweigt.
Ein Vorbild/ wie ihr Schatz im Schoß der See ertranck.
Wer zweiffelt daß der Mund von fliegendem Geruͤchte
Bereit erzehlet hat/ wie du zu Breßlau kranck.
Wiewol es fuͤhrt dich GOtt auff ſeinen Wunder-Wegen
Und was ſein heilig Schluß beſtimmt/ das muß geſchehn.
Du ſolſt im Vaterland dich ſanfft zur Ruhe legen
Und dich wird Dantzig nicht mehr ſeinen Buͤrger ſehn.
Die Reiß iſt wol verbracht. Jetzt biſt du heimgezogen
Vors erſt in Schleſien/ denn nach dem Himmel zu/
Da baut die Freyheit dir ſo einen Sieges-Bogen
Der deine Pilgramſchafft deckt mit gewuͤnſchter Ruh.
Wir ſind doch frembd allhier/ und Gaͤſte dieſer Erden/
Beſchiffen ein ſolch Meer das tauſend Syrten hegt.
Und unſer gantzer Lauff iſt Kummer und Beſchwerden
Biß daß man uns verblaſt hin zu drn meiſten traͤgt.
Wie iſt die groſſe See nicht voller Tieff’ und Kruͤmmen?
Wie lacht uns ihr Cryſtall in aller Sanfftmuth an?
Bald wird ſie umb das Schiff mit linden Wellen ſchwimmen/
Als wenn ohn Arg und Liſt die Marmel-glatte Bahn.
Jn einem Augenblick wird drauff ihr Zorn ſich heben/
Daß ſie den grauen Schaum biß an die Sterne ſchmeiſt/
Die
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