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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
4.
Wie/ oder seyd ihr Gratien gewesen/
Voll Lieblichkeit/ voll Anmuth/ voller Wonn'/
Und wie das Buch der Zeiten gibt zu lesen/
Jn einem Tantz verfallen in den Bronn
Und den versetzt in blasse Sträucher worden?
So stellt ihr doch des Todes Rasen für.
Sein Grimm der fährt durch aller Menschen Orden
Und raubt zu erst der Jugend beste Zier.
5.
Herr Seelmann den wir mit Cypressen decken/
Muß meiner Wort ein kläglich Beyspiel seyn.
Wir sehen ihn die Hand des Todes strecken/
Sein letztes Hauß ist dieser schwartze Schrein.
Der Jugend Lentz/ die Geister-reichen Jahre/
Sind vor dem Stoß der Parten nicht befreyt.
Man legt so bald die Jungen auff die Baare/
Als die gar tieff im Leben gehn beschneyt.
6.
Cypressen seyd ihr nichts als Todes Zeichen/
Die Heyden auch dem Pluto nur geweyht/
So muß ich bald aus Abscheu von euch weichen/
Wie/ oder lehrt ihr auch die Ewigkeit?
Ach freylich! ja den Stab den Götter tragen/
Der war zu erst von eurem Holtz gemacht/
Und weil ihr könt die Schlangen gantz verjagen/
So hat euch hoch das Alterthum geacht.
7.
So seyd ihr nicht der Libitinen Beute/
Die ins gemein das Pöbel-Volck verscharrt?
Jhr seyd ein Schmuck nur der berühmten Leute
Die biß ans End im Glauben fest verharrt;
Und solten nicht jetzt eure Sieges-Binden
Mit letzter Pracht beziehren dessen Grab/
Der frölich kont' im Glauben überwinden/
Und GOtt die Seel/ den Leib der Erden gab.
8.
Jhr schützt ja auch/ Cypressen/ vor dem Schimmel
Denn euer Safft streicht die Verwesung weg.
Vor Fäul und Tod bewahret uns der Himmel/
Das Sterben ist der Aufferstehung Zweck.
Und
D d d d 5
Leichen-Gedichte.
4.
Wie/ oder ſeyd ihr Gratien geweſen/
Voll Lieblichkeit/ voll Anmuth/ voller Wonn’/
Und wie das Buch der Zeiten gibt zu leſen/
Jn einem Tantz verfallen in den Bronn
Und den verſetzt in blaſſe Straͤucher worden?
So ſtellt ihr doch des Todes Raſen fuͤr.
Sein Grimm der faͤhrt durch aller Menſchen Orden
Und raubt zu erſt der Jugend beſte Zier.
5.
Herr Seelmann den wir mit Cypreſſen decken/
Muß meiner Wort ein klaͤglich Beyſpiel ſeyn.
Wir ſehen ihn die Hand des Todes ſtrecken/
Sein letztes Hauß iſt dieſer ſchwartze Schrein.
Der Jugend Lentz/ die Geiſter-reichen Jahre/
Sind vor dem Stoß der Parten nicht befreyt.
Man legt ſo bald die Jungen auff die Baare/
Als die gar tieff im Leben gehn beſchneyt.
6.
Cypreſſen ſeyd ihr nichts als Todes Zeichen/
Die Heyden auch dem Pluto nur geweyht/
So muß ich bald aus Abſcheu von euch weichen/
Wie/ oder lehrt ihr auch die Ewigkeit?
Ach freylich! ja den Stab den Goͤtter tragen/
Der war zu erſt von eurem Holtz gemacht/
Und weil ihr koͤnt die Schlangen gantz verjagen/
So hat euch hoch das Alterthum geacht.
7.
So ſeyd ihr nicht der Libitinen Beute/
Die ins gemein das Poͤbel-Volck verſcharrt?
Jhr ſeyd ein Schmuck nur der beruͤhmten Leute
Die biß ans End im Glauben feſt verharrt;
Und ſolten nicht jetzt eure Sieges-Binden
Mit letzter Pracht beziehren deſſen Grab/
Der froͤlich kont’ im Glauben uͤberwinden/
Und GOtt die Seel/ den Leib der Erden gab.
8.
Jhr ſchuͤtzt ja auch/ Cypreſſen/ vor dem Schimmel
Denn euer Safft ſtreicht die Verweſung weg.
Vor Faͤul und Tod bewahret uns der Himmel/
Das Sterben iſt der Aufferſtehung Zweck.
Und
D d d d 5
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[425/0657] Leichen-Gedichte. 4. Wie/ oder ſeyd ihr Gratien geweſen/ Voll Lieblichkeit/ voll Anmuth/ voller Wonn’/ Und wie das Buch der Zeiten gibt zu leſen/ Jn einem Tantz verfallen in den Bronn Und den verſetzt in blaſſe Straͤucher worden? So ſtellt ihr doch des Todes Raſen fuͤr. Sein Grimm der faͤhrt durch aller Menſchen Orden Und raubt zu erſt der Jugend beſte Zier. 5. Herr Seelmann den wir mit Cypreſſen decken/ Muß meiner Wort ein klaͤglich Beyſpiel ſeyn. Wir ſehen ihn die Hand des Todes ſtrecken/ Sein letztes Hauß iſt dieſer ſchwartze Schrein. Der Jugend Lentz/ die Geiſter-reichen Jahre/ Sind vor dem Stoß der Parten nicht befreyt. Man legt ſo bald die Jungen auff die Baare/ Als die gar tieff im Leben gehn beſchneyt. 6. Cypreſſen ſeyd ihr nichts als Todes Zeichen/ Die Heyden auch dem Pluto nur geweyht/ So muß ich bald aus Abſcheu von euch weichen/ Wie/ oder lehrt ihr auch die Ewigkeit? Ach freylich! ja den Stab den Goͤtter tragen/ Der war zu erſt von eurem Holtz gemacht/ Und weil ihr koͤnt die Schlangen gantz verjagen/ So hat euch hoch das Alterthum geacht. 7. So ſeyd ihr nicht der Libitinen Beute/ Die ins gemein das Poͤbel-Volck verſcharrt? Jhr ſeyd ein Schmuck nur der beruͤhmten Leute Die biß ans End im Glauben feſt verharrt; Und ſolten nicht jetzt eure Sieges-Binden Mit letzter Pracht beziehren deſſen Grab/ Der froͤlich kont’ im Glauben uͤberwinden/ Und GOtt die Seel/ den Leib der Erden gab. 8. Jhr ſchuͤtzt ja auch/ Cypreſſen/ vor dem Schimmel Denn euer Safft ſtreicht die Verweſung weg. Vor Faͤul und Tod bewahret uns der Himmel/ Das Sterben iſt der Aufferſtehung Zweck. Und D d d d 5

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/657>, abgerufen am 22.11.2024.