Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Zwar die Wohl-Edle Frau/ hat Tempel in den SeelenDer Menschen ihr erbaut/ durch Wohlthat/ Lieb und Gunst. Nicht was der Myron schnitzt/ und des Apelles Kunst/ Und was der Mentor kan in Ertz und Marmel hölen/ Verewigt so den Ruhm/ als was man Guts gethan/ Das schreibt man nicht der Wand/ man schreibt es Hertzen an. Hoch Edler/ ihm allein fällt dieser Fall zu bitter/ Der allertreuste Freund und Lebens-Trost ist hin. Wie wol sein edler Muth und unerschrockner Sinn Der schon gehärtet ist durch so manch Ungewitter/ Wird diesen Hertzens-Stoß vertragen mit Gedult. &q;Wer willig sich ergiebt/ dem ist der Himmel hold. Die festgegründete Hoffnung/ DEn Wohlstand bester Ruh/ das Heil erwünschter Zei-Fr. M. v. G. g. G. betrachtet den 20. Junii 1680. ten/ Stellt' uns das kluge Rom bloß durch die Hoffnung für; Es ließ auff seine Müntz ein folches Bild bereiten Wie einer Jungfer Hand prangt' in der Lilgen Zier. So war die Lilie ein Abriß guter Gaben/ So trug die keusche Blum ein keusches Jungfern Bild/ Und muste bey sich selbst die grosse Deutung haben/ Daß ihre Blume sey gemeiner Wohlfahrt Schild. Denn wo uns die Natur Ergründer nicht betriegen/ So wächst die Lilie in ihren Thränen auff; Sie wird damit gesäet/ muß sich darmit vergnügen/ Biß ihren weissen Kelch bestrahlt der Sonnen Lauff. Nicht anders geht es zu auch mit der Hoffnungs-Blume Die in dem matten Hertz der Seuffzer-Thau ernährt/ Eh als sie wurtzeln kan und kommt zu vollem Ruhme/ Hat sie manch heisser Tag und kalte Nacht beschwehrt. Doch Rom mag Lilien in seiner Hoffnung führen/ Sein Hoffen das bestand in Pracht und Eitelkeit/ Und muste nach und nach sich Blumen gleich verliehren/ Die in der Sonnen-Gluth des Mäders Faust abmeyt. Nein/
Leichen-Gedichte. Zwar die Wohl-Edle Frau/ hat Tempel in den SeelenDer Menſchen ihr erbaut/ durch Wohlthat/ Lieb und Gunſt. Nicht was der Myron ſchnitzt/ und des Apelles Kunſt/ Und was der Mentor kan in Ertz und Marmel hoͤlen/ Verewigt ſo den Ruhm/ als was man Guts gethan/ Das ſchreibt man nicht der Wand/ man ſchreibt es Hertzen an. Hoch Edler/ ihm allein faͤllt dieſer Fall zu bitter/ Der allertreuſte Freund und Lebens-Troſt iſt hin. Wie wol ſein edler Muth und unerſchrockner Sinn Der ſchon gehaͤrtet iſt durch ſo manch Ungewitter/ Wird dieſen Hertzens-Stoß vertragen mit Gedult. &q;Wer willig ſich ergiebt/ dem iſt der Himmel hold. Die feſtgegruͤndete Hoffnung/ DEn Wohlſtand beſter Ruh/ das Heil erwuͤnſchter Zei-Fr. M. v. G. g. G. betrachtet den 20. Junii 1680. ten/ Stellt’ uns das kluge Rom bloß durch die Hoffnung fuͤr; Es ließ auff ſeine Muͤntz ein folches Bild bereiten Wie einer Jungfer Hand prangt’ in der Lilgen Zier. So war die Lilie ein Abriß guter Gaben/ So trug die keuſche Blum ein keuſches Jungfern Bild/ Und muſte bey ſich ſelbſt die groſſe Deutung haben/ Daß ihre Blume ſey gemeiner Wohlfahrt Schild. Denn wo uns die Natur Ergruͤnder nicht betriegen/ So waͤchſt die Lilie in ihren Thraͤnen auff; Sie wird damit geſaͤet/ muß ſich darmit vergnuͤgen/ Biß ihren weiſſen Kelch beſtrahlt der Sonnen Lauff. Nicht anders geht es zu auch mit der Hoffnungs-Blume Die in dem matten Hertz der Seuffzer-Thau ernaͤhrt/ Eh als ſie wurtzeln kan und kommt zu vollem Ruhme/ Hat ſie manch heiſſer Tag und kalte Nacht beſchwehrt. Doch Rom mag Lilien in ſeiner Hoffnung fuͤhren/ Sein Hoffen das beſtand in Pracht und Eitelkeit/ Und muſte nach und nach ſich Blumen gleich verliehren/ Die in der Sonnen-Gluth des Maͤders Fauſt abmeyt. Nein/
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0670" n="438"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leichen-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Zwar die <hi rendition="#fr">Wohl-Edle Frau/</hi> hat Tempel in den Seelen</l><lb/> <l>Der Menſchen ihr erbaut/ durch Wohlthat/ Lieb und Gunſt.</l><lb/> <l>Nicht was der Myron ſchnitzt/ und des Apelles Kunſt/</l><lb/> <l>Und was der Mentor kan in Ertz und Marmel hoͤlen/</l><lb/> <l>Verewigt ſo den Ruhm/ als was man Guts gethan/</l><lb/> <l>Das ſchreibt man nicht der Wand/ man ſchreibt es Hertzen an.</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">Hoch Edler/</hi> ihm allein faͤllt dieſer Fall zu bitter/</l><lb/> <l>Der allertreuſte Freund und Lebens-Troſt iſt hin.</l><lb/> <l>Wie wol ſein edler Muth und unerſchrockner Sinn</l><lb/> <l>Der ſchon gehaͤrtet iſt durch ſo manch Ungewitter/</l><lb/> <l>Wird dieſen Hertzens-Stoß vertragen mit Gedult.</l><lb/> <l>&q;Wer willig ſich ergiebt/ dem iſt der Himmel hold.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c">Die feſtgegruͤndete Hoffnung/<lb/><hi rendition="#fr">Fr. M. v. G. g. G. betrachtet den 20. Junii</hi><lb/> 1680.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">D</hi>En Wohlſtand beſter Ruh/ das Heil erwuͤnſchter Zei-<lb/><hi rendition="#et">ten/</hi></l><lb/> <l>Stellt’ uns das kluge Rom bloß durch die Hoffnung<lb/><hi rendition="#et">fuͤr;</hi></l><lb/> <l>Es ließ auff ſeine Muͤntz ein folches Bild bereiten</l><lb/> <l>Wie einer Jungfer Hand prangt’ in der Lilgen Zier.</l><lb/> <l>So war die Lilie ein Abriß guter Gaben/</l><lb/> <l>So trug die keuſche Blum ein keuſches Jungfern Bild/</l><lb/> <l>Und muſte bey ſich ſelbſt die groſſe Deutung haben/</l><lb/> <l>Daß ihre Blume ſey gemeiner Wohlfahrt Schild.</l><lb/> <l>Denn wo uns die Natur Ergruͤnder nicht betriegen/</l><lb/> <l>So waͤchſt die Lilie in ihren Thraͤnen auff;</l><lb/> <l>Sie wird damit geſaͤet/ muß ſich darmit vergnuͤgen/</l><lb/> <l>Biß ihren weiſſen Kelch beſtrahlt der Sonnen Lauff.</l><lb/> <l>Nicht anders geht es zu auch mit der Hoffnungs-Blume</l><lb/> <l>Die in dem matten Hertz der Seuffzer-Thau ernaͤhrt/</l><lb/> <l>Eh als ſie wurtzeln kan und kommt zu vollem Ruhme/</l><lb/> <l>Hat ſie manch heiſſer Tag und kalte Nacht beſchwehrt.</l><lb/> <l>Doch Rom mag Lilien in ſeiner Hoffnung fuͤhren/</l><lb/> <l>Sein Hoffen das beſtand in Pracht und Eitelkeit/</l><lb/> <l>Und muſte nach und nach ſich Blumen gleich verliehren/</l><lb/> <l>Die in der Sonnen-Gluth des Maͤders Fauſt abmeyt.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Nein/</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [438/0670]
Leichen-Gedichte.
Zwar die Wohl-Edle Frau/ hat Tempel in den Seelen
Der Menſchen ihr erbaut/ durch Wohlthat/ Lieb und Gunſt.
Nicht was der Myron ſchnitzt/ und des Apelles Kunſt/
Und was der Mentor kan in Ertz und Marmel hoͤlen/
Verewigt ſo den Ruhm/ als was man Guts gethan/
Das ſchreibt man nicht der Wand/ man ſchreibt es Hertzen an.
Hoch Edler/ ihm allein faͤllt dieſer Fall zu bitter/
Der allertreuſte Freund und Lebens-Troſt iſt hin.
Wie wol ſein edler Muth und unerſchrockner Sinn
Der ſchon gehaͤrtet iſt durch ſo manch Ungewitter/
Wird dieſen Hertzens-Stoß vertragen mit Gedult.
&q;Wer willig ſich ergiebt/ dem iſt der Himmel hold.
Die feſtgegruͤndete Hoffnung/
Fr. M. v. G. g. G. betrachtet den 20. Junii
1680.
DEn Wohlſtand beſter Ruh/ das Heil erwuͤnſchter Zei-
ten/
Stellt’ uns das kluge Rom bloß durch die Hoffnung
fuͤr;
Es ließ auff ſeine Muͤntz ein folches Bild bereiten
Wie einer Jungfer Hand prangt’ in der Lilgen Zier.
So war die Lilie ein Abriß guter Gaben/
So trug die keuſche Blum ein keuſches Jungfern Bild/
Und muſte bey ſich ſelbſt die groſſe Deutung haben/
Daß ihre Blume ſey gemeiner Wohlfahrt Schild.
Denn wo uns die Natur Ergruͤnder nicht betriegen/
So waͤchſt die Lilie in ihren Thraͤnen auff;
Sie wird damit geſaͤet/ muß ſich darmit vergnuͤgen/
Biß ihren weiſſen Kelch beſtrahlt der Sonnen Lauff.
Nicht anders geht es zu auch mit der Hoffnungs-Blume
Die in dem matten Hertz der Seuffzer-Thau ernaͤhrt/
Eh als ſie wurtzeln kan und kommt zu vollem Ruhme/
Hat ſie manch heiſſer Tag und kalte Nacht beſchwehrt.
Doch Rom mag Lilien in ſeiner Hoffnung fuͤhren/
Sein Hoffen das beſtand in Pracht und Eitelkeit/
Und muſte nach und nach ſich Blumen gleich verliehren/
Die in der Sonnen-Gluth des Maͤders Fauſt abmeyt.
Nein/
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/670 |
Zitationshilfe: | Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/670>, abgerufen am 28.07.2024. |