Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Pastorelle. ALs früh das Morgen-Licht den Himmel uns entdeckte/ Und sein blau Angesicht mit Rosen übersteckte/ Ging Charimildens Fuß des Wetters zu geniessen/ An einem hellen Fluß den Blumen rings umbschlies- sen/ Sie trieb die liebe Schaar der Wollen-reichen Lämmer; So schon gefüttert war/ an jene Seit' der Tämmer. Und daß nicht ihre Lust ein Coridon betrübte/ Hat sie den Ort gewust/ den Einsamkeit beliebte. Es stund ein dicker Wald mit frisch belaubten Myrten/ Der Rymffen Auffenhalt/ die Höle müder Hirten; An dessen Schatten-Nacht sie ihr Gemüth ergetzte/ Daß sie sich bey der Pracht der Bäume niedersetzte. Sie zog den schwartzen Flor von ihren Rosen-Wangen. So kommt die Sonn hervor im Purpur-Glantz gegangen. Das Haar flog Kercker[-]loß/ und flochte gleichsam Ringe/ An denen ein Türkoß/ Rubin und Demant hinge. Sie saß voll Lieblichkeit bey ihren fetten Heerden. Es wuchs ein Anmuth-Streit in zierlichsten Geberden; Biß daß der Finger Schnee sich noch beliebter machte/ Und von der Sinnen Höh' ein fertig Lust-Lied brachte. Die Alabaster Hand lieff hin auff die Claviren/ Und war sehr wohl gewandt den reinsten Thon zu führen. Der Wald stund gantz entzuckt/ die Vögel gantz bethöret/ Und schätzten sich beglückt/ daß sie den Klang gehöret. Geht/ sang sie/ meine Schaf; und brauchet eure Weide: Es macht mir nicht der Schlaf/ so angenehme Freude/ Alß wenn ihr munter springt/ und euch bey meinem Stande/ Den mir die Freyheit bringt/ nehrt in dem guten Lande. Hier A a a a a 2
Paſtorelle. ALs fruͤh das Morgen-Licht den Him̃el uns entdeckte/ Und ſein blau Angeſicht mit Roſen uͤberſteckte/ Ging Charimildens Fuß des Wetters zu genieſſen/ An einem hellen Fluß den Blumen rings umbſchlieſ- ſen/ Sie trieb die liebe Schaar der Wollen-reichen Laͤmmer; So ſchon gefuͤttert war/ an jene Seit’ der Taͤmmer. Und daß nicht ihre Luſt ein Coridon betruͤbte/ Hat ſie den Ort gewuſt/ den Einſamkeit beliebte. Es ſtund ein dicker Wald mit friſch belaubten Myrten/ Der Rymffen Auffenhalt/ die Hoͤle muͤder Hirten; An deſſen Schatten-Nacht ſie ihr Gemuͤth ergetzte/ Daß ſie ſich bey der Pracht der Baͤume niederſetzte. Sie zog den ſchwartzen Flor von ihren Roſen-Wangen. So kommt die Sonn hervor im Purpur-Glantz gegangen. Das Haar flog Kercker[-]loß/ und flochte gleichſam Ringe/ An denen ein Tuͤrkoß/ Rubin und Demant hinge. Sie ſaß voll Lieblichkeit bey ihren fetten Heerden. Es wuchs ein Anmuth-Streit in zierlichſten Geberden; Biß daß der Finger Schnee ſich noch beliebter machte/ Und von der Sinnen Hoͤh’ ein fertig Luſt-Lied brachte. Die Alabaſter Hand lieff hin auff die Claviren/ Und war ſehr wohl gewandt den reinſten Thon zu fuͤhren. Der Wald ſtund gantz entzuckt/ die Voͤgel gantz bethoͤret/ Und ſchaͤtzten ſich begluͤckt/ daß ſie den Klang gehoͤret. Geht/ ſang ſie/ meine Schaf; und brauchet eure Weide: Es macht mir nicht der Schlaf/ ſo angenehme Freude/ Alß wenn ihr munter ſpringt/ und euch bey meinem Stande/ Den mir die Freyheit bringt/ nehrt in dem guten Lande. Hier A a a a a 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0699" n="3"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Paſtorelle.</hi> </hi> </head><lb/> <lg> <l><hi rendition="#in">A</hi>Ls fruͤh das Morgen-Licht den Him̃el uns entdeckte/</l><lb/> <l>Und ſein blau Angeſicht mit Roſen uͤberſteckte/</l><lb/> <l>Ging Charimildens Fuß des Wetters zu genieſſen/</l><lb/> <l>An einem hellen Fluß den Blumen rings umbſchlieſ-<lb/><hi rendition="#et">ſen/</hi></l> </lg><lb/> <lg> <l>Sie trieb die liebe Schaar der Wollen-reichen Laͤmmer;</l><lb/> <l>So ſchon gefuͤttert war/ an jene Seit’ der Taͤmmer.</l><lb/> <l>Und daß nicht ihre Luſt ein Coridon betruͤbte/</l><lb/> <l>Hat ſie den Ort gewuſt/ den Einſamkeit beliebte.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Es ſtund ein dicker Wald mit friſch belaubten Myrten/</l><lb/> <l>Der Rymffen Auffenhalt/ die Hoͤle muͤder Hirten;</l><lb/> <l>An deſſen Schatten-Nacht ſie ihr Gemuͤth ergetzte/</l><lb/> <l>Daß ſie ſich bey der Pracht der Baͤume niederſetzte.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Sie zog den ſchwartzen Flor von ihren Roſen-Wangen.</l><lb/> <l>So kommt die Sonn hervor im Purpur-Glantz gegangen.</l><lb/> <l>Das Haar flog Kercker<supplied>-</supplied>loß/ und flochte gleichſam Ringe/</l><lb/> <l>An denen ein Tuͤrkoß/ Rubin und Demant hinge.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Sie ſaß voll Lieblichkeit bey ihren fetten Heerden.</l><lb/> <l>Es wuchs ein Anmuth-Streit in zierlichſten Geberden;</l><lb/> <l>Biß daß der Finger Schnee ſich noch beliebter machte/</l><lb/> <l>Und von der Sinnen Hoͤh’ ein fertig Luſt-Lied brachte.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Die Alabaſter Hand lieff hin auff die Claviren/</l><lb/> <l>Und war ſehr wohl gewandt den reinſten Thon zu fuͤhren.</l><lb/> <l>Der Wald ſtund gantz entzuckt/ die Voͤgel gantz bethoͤret/</l><lb/> <l>Und ſchaͤtzten ſich begluͤckt/ daß ſie den Klang gehoͤret.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Geht/ ſang ſie/ meine Schaf; und brauchet eure Weide:</l><lb/> <l>Es macht mir nicht der Schlaf/ ſo angenehme Freude/</l><lb/> <l>Alß wenn ihr munter ſpringt/ und euch bey meinem Stande/</l><lb/> <l>Den mir die Freyheit bringt/ nehrt in dem guten Lande.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">A a a a a 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">Hier</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [3/0699]
Paſtorelle.
ALs fruͤh das Morgen-Licht den Him̃el uns entdeckte/
Und ſein blau Angeſicht mit Roſen uͤberſteckte/
Ging Charimildens Fuß des Wetters zu genieſſen/
An einem hellen Fluß den Blumen rings umbſchlieſ-
ſen/
Sie trieb die liebe Schaar der Wollen-reichen Laͤmmer;
So ſchon gefuͤttert war/ an jene Seit’ der Taͤmmer.
Und daß nicht ihre Luſt ein Coridon betruͤbte/
Hat ſie den Ort gewuſt/ den Einſamkeit beliebte.
Es ſtund ein dicker Wald mit friſch belaubten Myrten/
Der Rymffen Auffenhalt/ die Hoͤle muͤder Hirten;
An deſſen Schatten-Nacht ſie ihr Gemuͤth ergetzte/
Daß ſie ſich bey der Pracht der Baͤume niederſetzte.
Sie zog den ſchwartzen Flor von ihren Roſen-Wangen.
So kommt die Sonn hervor im Purpur-Glantz gegangen.
Das Haar flog Kercker-loß/ und flochte gleichſam Ringe/
An denen ein Tuͤrkoß/ Rubin und Demant hinge.
Sie ſaß voll Lieblichkeit bey ihren fetten Heerden.
Es wuchs ein Anmuth-Streit in zierlichſten Geberden;
Biß daß der Finger Schnee ſich noch beliebter machte/
Und von der Sinnen Hoͤh’ ein fertig Luſt-Lied brachte.
Die Alabaſter Hand lieff hin auff die Claviren/
Und war ſehr wohl gewandt den reinſten Thon zu fuͤhren.
Der Wald ſtund gantz entzuckt/ die Voͤgel gantz bethoͤret/
Und ſchaͤtzten ſich begluͤckt/ daß ſie den Klang gehoͤret.
Geht/ ſang ſie/ meine Schaf; und brauchet eure Weide:
Es macht mir nicht der Schlaf/ ſo angenehme Freude/
Alß wenn ihr munter ſpringt/ und euch bey meinem Stande/
Den mir die Freyheit bringt/ nehrt in dem guten Lande.
Hier
A a a a a 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |