Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Gedichte.
Und wünschen nur im Geist die Grittle noch zu sehn/
Wie er als seiner Braut must hertzbeweglich flehn/
Daß sie die gantze Heerd der Schweine rüff zusammen.
Was kan nicht kluger Witz? Wenn andern was gefehlt/
So hat doch herr Johanns sein Vieh stets voll gezehlt.
Die Jugend ließ sich so in solchen Räncken spüren/
Und wiese daß diß Holtz ein Götze würde seyn.
Die Thaten traffen auch noch über Hoffen ein.
Er wust' als Commiffar die Völcker wohl zu führen.
Ja durch den Zippel-Peltz guckt schon ein Amptmann rauß/
Und Bärndorff ward vergnügt da Lächel hielte Hauß.
Sein ehrbegierig Geist blieb nicht beym Ofen sitzen.
Er wuste daß der Weg der Tugend rauh und hart/
Daß so ein feiges Blut und weiche Zärtlings-Art/
Mit grossen Diensten nicht den Menschen könte nützen.
Er gieng den Adlern gleich in freye Lufft und Land/
Und macht in dem Gebürg als Ritter sich bekandt.
Das Glück erstarrte selbst ob solchen Helden Proben/
Und dachte Lächel muß noch mehr geübet seyn.
Es gab ihm Donnerblick/ und änderte den Schein.
Kurtz/ Lächel konte nicht die rauhen Stösse loben/
Als Hunger ihn geplagt/ und heisser Durst gequält/
Ja da ihm auch Taback sein Himmelbrod gefehlt;
Biß endlich Glück und Zeit ihn wiederumb begnadet.
Er stieg wie eine Flamm vom Abgrund in die Höh;
Hat jemand sich verknüpfft/ durchs Band der keuschen Eh/
So spricht man Lächeln an/ daß er die Gäste ladet/
Und seinem Marschalcks-Ampt ein voll Genügen thut/
Der Stab prangt in der Hand/ die Bänder auf dem Hut.
Als Ferdinand der Viert' ins Käyserthum getretten/
Und mit Panqueten sich auch Schlesien erfreut/
Wieß Lächel seinen Mann/ so daß nach dieser Zeit/
Er umb die Marschalcks-Würd hoch eifrig ward gebeten.
Nur daß wie ins gemein die Ehr ihn nicht verrenckt/
Sein Sinn wird feuriger/ daß er auf Kunst noch denckt.
Er hört die Bergleut an/ von vielen Wissenschafften/
Wie daß seit Noens Zeit das Einhorn nicht mehr sey.
Die Erde pflichte selbst der dürren Warheit bey/
Weil noch das gröste Stück soll in den Bergen hafften/
Viel länger als der Thurn den Babel je gebaut/
Und den man irgends sonst verwundernde beschaut.
Er
Vermiſchte Gedichte.
Und wuͤnſchen nur im Geiſt die Grittle noch zu ſehn/
Wie er als ſeiner Braut muſt hertzbeweglich flehn/
Daß ſie die gantze Heerd der Schweine ruͤff zuſammen.
Was kan nicht kluger Witz? Wenn andern was gefehlt/
So hat doch herr Johanns ſein Vieh ſtets voll gezehlt.
Die Jugend ließ ſich ſo in ſolchen Raͤncken ſpuͤren/
Und wieſe daß diß Holtz ein Goͤtze wuͤrde ſeyn.
Die Thaten traffen auch noch uͤber Hoffen ein.
Er wuſt’ als Commiffar die Voͤlcker wohl zu fuͤhren.
Ja durch den Zippel-Peltz guckt ſchon ein Amptmann rauß/
Und Baͤrndorff ward vergnuͤgt da Laͤchel hielte Hauß.
Sein ehrbegierig Geiſt blieb nicht beym Ofen ſitzen.
Er wuſte daß der Weg der Tugend rauh und hart/
Daß ſo ein feiges Blut und weiche Zaͤrtlings-Art/
Mit groſſen Dienſten nicht den Menſchen koͤnte nuͤtzen.
Er gieng den Adlern gleich in freye Lufft und Land/
Und macht in dem Gebuͤrg als Ritter ſich bekandt.
Das Gluͤck erſtarrte ſelbſt ob ſolchen Helden Proben/
Und dachte Laͤchel muß noch mehr geuͤbet ſeyn.
Es gab ihm Donnerblick/ und aͤnderte den Schein.
Kurtz/ Laͤchel konte nicht die rauhen Stoͤſſe loben/
Als Hunger ihn geplagt/ und heiſſer Durſt gequaͤlt/
Ja da ihm auch Taback ſein Himmelbrod gefehlt;
Biß endlich Gluͤck und Zeit ihn wiederumb begnadet.
Er ſtieg wie eine Flamm vom Abgrund in die Hoͤh;
Hat jemand ſich verknuͤpfft/ durchs Band der keuſchen Eh/
So ſpricht man Laͤcheln an/ daß er die Gaͤſte ladet/
Und ſeinem Marſchalcks-Ampt ein voll Genuͤgen thut/
Der Stab prangt in der Hand/ die Baͤnder auf dem Hut.
Als Ferdinand der Viert’ ins Kaͤyſerthum getretten/
Und mit Panqueten ſich auch Schleſien erfreut/
Wieß Laͤchel ſeinen Mann/ ſo daß nach dieſer Zeit/
Er umb die Marſchalcks-Wuͤrd hoch eifrig ward gebeten.
Nur daß wie ins gemein die Ehr ihn nicht verrenckt/
Sein Sinn wird feuriger/ daß er auf Kunſt noch denckt.
Er hoͤrt die Bergleut an/ von vielen Wiſſenſchafften/
Wie daß ſeit Noens Zeit das Einhorn nicht mehr ſey.
Die Erde pflichte ſelbſt der duͤrren Warheit bey/
Weil noch das groͤſte Stuͤck ſoll in den Bergen hafften/
Viel laͤnger als der Thurn den Babel je gebaut/
Und den man irgends ſonſt verwundernde beſchaut.
Er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0726" n="30"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>Und wu&#x0364;n&#x017F;chen nur im Gei&#x017F;t die Grittle noch zu &#x017F;ehn/</l><lb/>
          <l>Wie er als &#x017F;einer Braut mu&#x017F;t hertzbeweglich flehn/</l><lb/>
          <l>Daß &#x017F;ie die gantze Heerd der Schweine ru&#x0364;ff zu&#x017F;ammen.</l><lb/>
          <l>Was kan nicht kluger Witz? Wenn andern was gefehlt/</l><lb/>
          <l>So hat doch herr Johanns &#x017F;ein Vieh &#x017F;tets voll gezehlt.</l><lb/>
          <l>Die Jugend ließ &#x017F;ich &#x017F;o in &#x017F;olchen Ra&#x0364;ncken &#x017F;pu&#x0364;ren/</l><lb/>
          <l>Und wie&#x017F;e daß diß Holtz ein Go&#x0364;tze wu&#x0364;rde &#x017F;eyn.</l><lb/>
          <l>Die Thaten traffen auch noch u&#x0364;ber Hoffen ein.</l><lb/>
          <l>Er wu&#x017F;t&#x2019; als <hi rendition="#aq">Commiffar</hi> die Vo&#x0364;lcker wohl zu fu&#x0364;hren.</l><lb/>
          <l>Ja durch den Zippel-Peltz guckt &#x017F;chon ein Amptmann rauß/</l><lb/>
          <l>Und Ba&#x0364;rndorff ward vergnu&#x0364;gt da <hi rendition="#fr">La&#x0364;chel</hi> hielte Hauß.</l><lb/>
          <l>Sein ehrbegierig Gei&#x017F;t blieb nicht beym Ofen &#x017F;itzen.</l><lb/>
          <l>Er wu&#x017F;te daß der Weg der Tugend rauh und hart/</l><lb/>
          <l>Daß &#x017F;o ein feiges Blut und weiche Za&#x0364;rtlings-Art/</l><lb/>
          <l>Mit gro&#x017F;&#x017F;en Dien&#x017F;ten nicht den Men&#x017F;chen ko&#x0364;nte nu&#x0364;tzen.</l><lb/>
          <l>Er gieng den Adlern gleich in freye Lufft und Land/</l><lb/>
          <l>Und macht in dem Gebu&#x0364;rg als Ritter &#x017F;ich bekandt.</l><lb/>
          <l>Das Glu&#x0364;ck er&#x017F;tarrte &#x017F;elb&#x017F;t ob &#x017F;olchen Helden Proben/</l><lb/>
          <l>Und dachte <hi rendition="#fr">La&#x0364;chel</hi> muß noch mehr geu&#x0364;bet &#x017F;eyn.</l><lb/>
          <l>Es gab ihm Donnerblick/ und a&#x0364;nderte den Schein.</l><lb/>
          <l>Kurtz/ <hi rendition="#fr">La&#x0364;chel</hi> konte nicht die rauhen Sto&#x0364;&#x017F;&#x017F;e loben/</l><lb/>
          <l>Als Hunger ihn geplagt/ und hei&#x017F;&#x017F;er Dur&#x017F;t gequa&#x0364;lt/</l><lb/>
          <l>Ja da ihm auch Taback &#x017F;ein Himmelbrod gefehlt;</l><lb/>
          <l>Biß endlich Glu&#x0364;ck und Zeit ihn wiederumb begnadet.</l><lb/>
          <l>Er &#x017F;tieg wie eine Flamm vom Abgrund in die Ho&#x0364;h;</l><lb/>
          <l>Hat jemand &#x017F;ich verknu&#x0364;pfft/ durchs Band der keu&#x017F;chen Eh/</l><lb/>
          <l>So &#x017F;pricht man <hi rendition="#fr">La&#x0364;cheln</hi> an/ daß er die Ga&#x0364;&#x017F;te ladet/</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;einem Mar&#x017F;chalcks-Ampt ein voll Genu&#x0364;gen thut/</l><lb/>
          <l>Der Stab prangt in der Hand/ die Ba&#x0364;nder auf dem Hut.</l><lb/>
          <l>Als Ferdinand der Viert&#x2019; ins Ka&#x0364;y&#x017F;erthum getretten/</l><lb/>
          <l>Und mit Panqueten &#x017F;ich auch Schle&#x017F;ien erfreut/</l><lb/>
          <l>Wieß <hi rendition="#fr">La&#x0364;chel</hi> &#x017F;einen Mann/ &#x017F;o daß nach die&#x017F;er Zeit/</l><lb/>
          <l>Er umb die Mar&#x017F;chalcks-Wu&#x0364;rd hoch eifrig ward gebeten.</l><lb/>
          <l>Nur daß wie ins gemein die Ehr ihn nicht verrenckt/</l><lb/>
          <l>Sein Sinn wird feuriger/ daß er auf Kun&#x017F;t noch denckt.</l><lb/>
          <l>Er ho&#x0364;rt die Bergleut an/ von vielen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften/</l><lb/>
          <l>Wie daß &#x017F;eit Noens Zeit das Einhorn nicht mehr &#x017F;ey.</l><lb/>
          <l>Die Erde pflichte &#x017F;elb&#x017F;t der du&#x0364;rren Warheit bey/</l><lb/>
          <l>Weil noch das gro&#x0364;&#x017F;te Stu&#x0364;ck &#x017F;oll in den Bergen hafften/</l><lb/>
          <l>Viel la&#x0364;nger als der Thurn den Babel je gebaut/</l><lb/>
          <l>Und den man irgends &#x017F;on&#x017F;t verwundernde be&#x017F;chaut.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0726] Vermiſchte Gedichte. Und wuͤnſchen nur im Geiſt die Grittle noch zu ſehn/ Wie er als ſeiner Braut muſt hertzbeweglich flehn/ Daß ſie die gantze Heerd der Schweine ruͤff zuſammen. Was kan nicht kluger Witz? Wenn andern was gefehlt/ So hat doch herr Johanns ſein Vieh ſtets voll gezehlt. Die Jugend ließ ſich ſo in ſolchen Raͤncken ſpuͤren/ Und wieſe daß diß Holtz ein Goͤtze wuͤrde ſeyn. Die Thaten traffen auch noch uͤber Hoffen ein. Er wuſt’ als Commiffar die Voͤlcker wohl zu fuͤhren. Ja durch den Zippel-Peltz guckt ſchon ein Amptmann rauß/ Und Baͤrndorff ward vergnuͤgt da Laͤchel hielte Hauß. Sein ehrbegierig Geiſt blieb nicht beym Ofen ſitzen. Er wuſte daß der Weg der Tugend rauh und hart/ Daß ſo ein feiges Blut und weiche Zaͤrtlings-Art/ Mit groſſen Dienſten nicht den Menſchen koͤnte nuͤtzen. Er gieng den Adlern gleich in freye Lufft und Land/ Und macht in dem Gebuͤrg als Ritter ſich bekandt. Das Gluͤck erſtarrte ſelbſt ob ſolchen Helden Proben/ Und dachte Laͤchel muß noch mehr geuͤbet ſeyn. Es gab ihm Donnerblick/ und aͤnderte den Schein. Kurtz/ Laͤchel konte nicht die rauhen Stoͤſſe loben/ Als Hunger ihn geplagt/ und heiſſer Durſt gequaͤlt/ Ja da ihm auch Taback ſein Himmelbrod gefehlt; Biß endlich Gluͤck und Zeit ihn wiederumb begnadet. Er ſtieg wie eine Flamm vom Abgrund in die Hoͤh; Hat jemand ſich verknuͤpfft/ durchs Band der keuſchen Eh/ So ſpricht man Laͤcheln an/ daß er die Gaͤſte ladet/ Und ſeinem Marſchalcks-Ampt ein voll Genuͤgen thut/ Der Stab prangt in der Hand/ die Baͤnder auf dem Hut. Als Ferdinand der Viert’ ins Kaͤyſerthum getretten/ Und mit Panqueten ſich auch Schleſien erfreut/ Wieß Laͤchel ſeinen Mann/ ſo daß nach dieſer Zeit/ Er umb die Marſchalcks-Wuͤrd hoch eifrig ward gebeten. Nur daß wie ins gemein die Ehr ihn nicht verrenckt/ Sein Sinn wird feuriger/ daß er auf Kunſt noch denckt. Er hoͤrt die Bergleut an/ von vielen Wiſſenſchafften/ Wie daß ſeit Noens Zeit das Einhorn nicht mehr ſey. Die Erde pflichte ſelbſt der duͤrren Warheit bey/ Weil noch das groͤſte Stuͤck ſoll in den Bergen hafften/ Viel laͤnger als der Thurn den Babel je gebaut/ Und den man irgends ſonſt verwundernde beſchaut. Er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/726
Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/726>, abgerufen am 22.11.2024.