Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Geistliche Gedichte und Lieder. Zeig auch in deinem Zorn sanfftmüthige Geberden/Die Hand die Schwerdte trägt von der werd' Hülf erblickt/ Erlaubstu mir so viel (obschon die klügsten Worte/ Und der beredste Mund nichts meiner Sache nützt) Daß ich was weniges fürbring' an deinen Ort/ (So wünsch ich) daß zugleich dein Recht auch sey beschützt. Ach so vernein' ichs nicht/ ich bin befleckt mit Sünden/ Denn der gemeine Wahn der hat mich so verführt. Jtzt will man alle Schuld mir auf den Rücken binden/ Da jeder doch das Feur in Kohlen aufgerührt. Wenn der gantze Rasende in Weine sich besoffen/ Ein ander tolle Glut der Geilheit bey sich trug/ So hätten sie fürs Schwerdt den Oele-Zweig zu hoffen/ Und daß die Donner-Hand nicht drauf mit Keulen schlug. Soll ich denn ewiglich im Zwiekampf mit dir leben/ Wilstu ein Fechter stets mich zu ermorden seyn/ Jsts nicht genug daß ich dir will die Hände geben/ Und sagen meine Schuld verdienet Zorn und Pein. Werd' ich dir nicht zu gleich den schönsten Anlaß machen/ Daß meine Missethat dir noch zum Ruhm gedeyt/ Hätt ich mich nicht befleckt/ vergäbstu nicht die Sachen/ Und niemand priese dich ob deiner Gütigkeit. Ejusdem. Desiderium VII. Anima mea desideravit Te in nocte. Esa. 26. SO kommt Egyptens Nacht jetzt über mich gezogen? Denn meine Finsternüß ist ihren Nebeln gleich. Ach Schrecken/ Furcht und Qual ist in die Nacht ge- flogen/ So daß man sie verbannt aus andrer Nächte Reich. So traurig kan der Mond in Seythien nicht scheinen/ Obgleich der kalte Bär sich niemals da entzeucht. Die wohl leben/ werden sich so dichte nichtwereinen/ Wenn gleich das Phöbus Licht vom kalten Zembla weicht. Der schwartzen Höllen Burg hat nicht so schwartze Zimmer/ Obschon die tieffste Nacht da ihre Wohnstatt hält/ Denn ob die Augen da nicht sehn des Lichtes Schimmer/ So ist doch das Gemüth dem Tage zugesellt. Es sehen ihre Nacht die stillen Nachtverwandten/ Cimmerien erkennts/ daß ihm der Tag gebricht/ Doch
Geiſtliche Gedichte und Lieder. Zeig auch in deinem Zorn ſanfftmuͤthige Geberden/Die Hand die Schwerdte traͤgt von der werd’ Huͤlf erblickt/ Erlaubſtu mir ſo viel (obſchon die kluͤgſten Worte/ Und der beredſte Mund nichts meiner Sache nuͤtzt) Daß ich was weniges fuͤrbring’ an deinen Ort/ (So wuͤnſch ich) daß zugleich dein Recht auch ſey beſchuͤtzt. Ach ſo vernein’ ichs nicht/ ich bin befleckt mit Suͤnden/ Denn der gemeine Wahn der hat mich ſo verfuͤhrt. Jtzt will man alle Schuld mir auf den Ruͤcken binden/ Da jeder doch das Feur in Kohlen aufgeruͤhrt. Wenn der gantze Raſende in Weine ſich beſoffen/ Ein ander tolle Glut der Geilheit bey ſich trug/ So haͤtten ſie fuͤrs Schwerdt den Oele-Zweig zu hoffen/ Und daß die Donner-Hand nicht drauf mit Keulen ſchlug. Soll ich denn ewiglich im Zwiekampf mit dir leben/ Wilſtu ein Fechter ſtets mich zu ermorden ſeyn/ Jſts nicht genug daß ich dir will die Haͤnde geben/ Und ſagen meine Schuld verdienet Zorn und Pein. Werd’ ich dir nicht zu gleich den ſchoͤnſten Anlaß machen/ Daß meine Miſſethat dir noch zum Ruhm gedeyt/ Haͤtt ich mich nicht befleckt/ vergaͤbſtu nicht die Sachen/ Und niemand prieſe dich ob deiner Guͤtigkeit. Ejusdem. Deſiderium VII. Anima mea deſideravit Te in nocte. Eſa. 26. SO kommt Egyptens Nacht jetzt uͤber mich gezogen? Denn meine Finſternuͤß iſt ihren Nebeln gleich. Ach Schrecken/ Furcht und Qual iſt in die Nacht ge- flogen/ So daß man ſie verbannt aus andrer Naͤchte Reich. So traurig kan der Mond in Seythien nicht ſcheinen/ Obgleich der kalte Baͤr ſich niemals da entzeucht. Die wohl leben/ werden ſich ſo dichte nichtwereinen/ Wenn gleich das Phoͤbus Licht vom kalten Zembla weicht. Der ſchwartzen Hoͤllen Burg hat nicht ſo ſchwartze Zimmer/ Obſchon die tieffſte Nacht da ihre Wohnſtatt haͤlt/ Denn ob die Augen da nicht ſehn des Lichtes Schimmer/ So iſt doch das Gemuͤth dem Tage zugeſellt. Es ſehen ihre Nacht die ſtillen Nachtverwandten/ Cimmerien erkennts/ daß ihm der Tag gebricht/ Doch
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Geiſtliche Gedichte und Lieder.
Zeig auch in deinem Zorn ſanfftmuͤthige Geberden/
Die Hand die Schwerdte traͤgt von der werd’ Huͤlf erblickt/
Erlaubſtu mir ſo viel (obſchon die kluͤgſten Worte/
Und der beredſte Mund nichts meiner Sache nuͤtzt)
Daß ich was weniges fuͤrbring’ an deinen Ort/
(So wuͤnſch ich) daß zugleich dein Recht auch ſey beſchuͤtzt.
Ach ſo vernein’ ichs nicht/ ich bin befleckt mit Suͤnden/
Denn der gemeine Wahn der hat mich ſo verfuͤhrt.
Jtzt will man alle Schuld mir auf den Ruͤcken binden/
Da jeder doch das Feur in Kohlen aufgeruͤhrt.
Wenn der gantze Raſende in Weine ſich beſoffen/
Ein ander tolle Glut der Geilheit bey ſich trug/
So haͤtten ſie fuͤrs Schwerdt den Oele-Zweig zu hoffen/
Und daß die Donner-Hand nicht drauf mit Keulen ſchlug.
Soll ich denn ewiglich im Zwiekampf mit dir leben/
Wilſtu ein Fechter ſtets mich zu ermorden ſeyn/
Jſts nicht genug daß ich dir will die Haͤnde geben/
Und ſagen meine Schuld verdienet Zorn und Pein.
Werd’ ich dir nicht zu gleich den ſchoͤnſten Anlaß machen/
Daß meine Miſſethat dir noch zum Ruhm gedeyt/
Haͤtt ich mich nicht befleckt/ vergaͤbſtu nicht die Sachen/
Und niemand prieſe dich ob deiner Guͤtigkeit.
Ejusdem. Deſiderium VII.
Anima mea deſideravit Te in nocte. Eſa. 26.
SO kommt Egyptens Nacht jetzt uͤber mich gezogen?
Denn meine Finſternuͤß iſt ihren Nebeln gleich.
Ach Schrecken/ Furcht und Qual iſt in die Nacht ge-
flogen/
So daß man ſie verbannt aus andrer Naͤchte Reich.
So traurig kan der Mond in Seythien nicht ſcheinen/
Obgleich der kalte Baͤr ſich niemals da entzeucht.
Die wohl leben/ werden ſich ſo dichte nichtwereinen/
Wenn gleich das Phoͤbus Licht vom kalten Zembla weicht.
Der ſchwartzen Hoͤllen Burg hat nicht ſo ſchwartze Zimmer/
Obſchon die tieffſte Nacht da ihre Wohnſtatt haͤlt/
Denn ob die Augen da nicht ſehn des Lichtes Schimmer/
So iſt doch das Gemuͤth dem Tage zugeſellt.
Es ſehen ihre Nacht die ſtillen Nachtverwandten/
Cimmerien erkennts/ daß ihm der Tag gebricht/
Doch
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