Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Nicht nahe, nicht nahe, Herr Professor, aber tief, sehr tief berührt er mich, sehr schwer, sehr fürchterlich! Kein Freund! Kein Verwandter! Ich hab' ihn nie gekannt, ich hab' ihn nie gesehn, ich habe nie von ihm gehört. Sprechen Sie frei heraus. Wissen Sie mir nichts zu melden von der Herkunft des jungen Mannes? Ich versichere Sie noch einmal, ich habe keinen Verwandten in ganz Spanien. Der Name berührt mich an einem ganz andern Platze meines Innern. Seien Sie unbesorgt, ich bitte Sie, und sagen Sie mir alles, was Sie haben, von der Familie des ermordeten Schülers. Sehn Sie, es ist vorbei, es war eine Folge von dem Husten, und wir gehen sogleich weiter nach dem Corso. Der Marquis sammelte mit überspannter Anstrengung den kleinen Rest seiner Kräfte, stand auf und hing sich wieder an den Arm des Professors. Gedulden Sie sich, Herr Marquis, antwortete dieser, Sie sollen alles zur Genüge erfahren. Vor der Hand weiß ich wenig mehr als nichts von der Genealogie des Hauses Floridias. Der spanische Gesandte ist, wenn ich nicht irre, ein Oheim des Schülers, oder doch sonst ein naher Verwandter. Der hatte ihn auch mit aus Spanien gebracht und war hier sein Pflegevater. Vor einigen Jahren kam auch die Mutter nach Rom, eine reiche Wittwe aus Valencia. Ein guter Freund von mir hat sie damals gemalt, der nannte sie Donna Clara. Nicht nahe, nicht nahe, Herr Professor, aber tief, sehr tief berührt er mich, sehr schwer, sehr fürchterlich! Kein Freund! Kein Verwandter! Ich hab' ihn nie gekannt, ich hab' ihn nie gesehn, ich habe nie von ihm gehört. Sprechen Sie frei heraus. Wissen Sie mir nichts zu melden von der Herkunft des jungen Mannes? Ich versichere Sie noch einmal, ich habe keinen Verwandten in ganz Spanien. Der Name berührt mich an einem ganz andern Platze meines Innern. Seien Sie unbesorgt, ich bitte Sie, und sagen Sie mir alles, was Sie haben, von der Familie des ermordeten Schülers. Sehn Sie, es ist vorbei, es war eine Folge von dem Husten, und wir gehen sogleich weiter nach dem Corso. Der Marquis sammelte mit überspannter Anstrengung den kleinen Rest seiner Kräfte, stand auf und hing sich wieder an den Arm des Professors. Gedulden Sie sich, Herr Marquis, antwortete dieser, Sie sollen alles zur Genüge erfahren. Vor der Hand weiß ich wenig mehr als nichts von der Genealogie des Hauses Floridias. Der spanische Gesandte ist, wenn ich nicht irre, ein Oheim des Schülers, oder doch sonst ein naher Verwandter. Der hatte ihn auch mit aus Spanien gebracht und war hier sein Pflegevater. Vor einigen Jahren kam auch die Mutter nach Rom, eine reiche Wittwe aus Valencia. Ein guter Freund von mir hat sie damals gemalt, der nannte sie Donna Clara. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="11"> <pb facs="#f0083"/> <p>Nicht nahe, nicht nahe, Herr Professor, aber tief, sehr tief berührt er mich, sehr schwer, sehr fürchterlich! Kein Freund! Kein Verwandter! Ich hab' ihn nie gekannt, ich hab' ihn nie gesehn, ich habe nie von ihm gehört. Sprechen Sie frei heraus. Wissen Sie mir nichts zu melden von der Herkunft des jungen Mannes? Ich versichere Sie noch einmal, ich habe keinen Verwandten in ganz Spanien. Der Name berührt mich an einem ganz andern Platze meines Innern. Seien Sie unbesorgt, ich bitte Sie, und sagen Sie mir alles, was Sie haben, von der Familie des ermordeten Schülers. Sehn Sie, es ist vorbei, es war eine Folge von dem Husten, und wir gehen sogleich weiter nach dem Corso.</p><lb/> <p>Der Marquis sammelte mit überspannter Anstrengung den kleinen Rest seiner Kräfte, stand auf und hing sich wieder an den Arm des Professors. Gedulden Sie sich, Herr Marquis, antwortete dieser, Sie sollen alles zur Genüge erfahren. Vor der Hand weiß ich wenig mehr als nichts von der Genealogie des Hauses Floridias. Der spanische Gesandte ist, wenn ich nicht irre, ein Oheim des Schülers, oder doch sonst ein naher Verwandter. Der hatte ihn auch mit aus Spanien gebracht und war hier sein Pflegevater. Vor einigen Jahren kam auch die Mutter nach Rom, eine reiche Wittwe aus Valencia. Ein guter Freund von mir hat sie damals gemalt, der nannte sie Donna Clara.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0083]
Nicht nahe, nicht nahe, Herr Professor, aber tief, sehr tief berührt er mich, sehr schwer, sehr fürchterlich! Kein Freund! Kein Verwandter! Ich hab' ihn nie gekannt, ich hab' ihn nie gesehn, ich habe nie von ihm gehört. Sprechen Sie frei heraus. Wissen Sie mir nichts zu melden von der Herkunft des jungen Mannes? Ich versichere Sie noch einmal, ich habe keinen Verwandten in ganz Spanien. Der Name berührt mich an einem ganz andern Platze meines Innern. Seien Sie unbesorgt, ich bitte Sie, und sagen Sie mir alles, was Sie haben, von der Familie des ermordeten Schülers. Sehn Sie, es ist vorbei, es war eine Folge von dem Husten, und wir gehen sogleich weiter nach dem Corso.
Der Marquis sammelte mit überspannter Anstrengung den kleinen Rest seiner Kräfte, stand auf und hing sich wieder an den Arm des Professors. Gedulden Sie sich, Herr Marquis, antwortete dieser, Sie sollen alles zur Genüge erfahren. Vor der Hand weiß ich wenig mehr als nichts von der Genealogie des Hauses Floridias. Der spanische Gesandte ist, wenn ich nicht irre, ein Oheim des Schülers, oder doch sonst ein naher Verwandter. Der hatte ihn auch mit aus Spanien gebracht und war hier sein Pflegevater. Vor einigen Jahren kam auch die Mutter nach Rom, eine reiche Wittwe aus Valencia. Ein guter Freund von mir hat sie damals gemalt, der nannte sie Donna Clara.
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Zitationshilfe: | Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/83>, abgerufen am 16.07.2024. |