Credit bey der bürgerlichen Gesellschaft. Was er von seinen Einkünften nicht selbst consumirt, muß immer wieder bey der bürgerlichen Gesellschaft angelegt, das heißt: von ihr consumirt werden. Es ergibt sich also für den Eigenthümer nie und an keiner Stelle ein absoluter Ueberschuß, welcher Gegenstand des ausschließenden Privateigenthums für ihn werden könnte: es ergibt sich für ihn nichts, als ein unsicht- bares aber immer festeres zuverläßigeres Band an die bür- gerliche Gesellschaft. Anstatt des vermeintlichen Ueberschusses wird er nur tiefer und tiefer in die Haushaltung, und zu- gleich in die Gesetze der bürgerlichen Gesellschaft verwoben, und weil er in größere Wechselwirkung mit dem Ganzen tritt, und den Credit des Ganzen mehr empfindet und deut- licher repräsentirt, als die Uebrigen -- fühlt er sich reicher, nennen wir ihn reicher als die Uebrigen.
Dem aufmerksamen Leser kann es unmöglich entgangen seyn, daß wir, indem durch das Bisherige der Wahn eines absoluten handgreiflichen Ueberschusses der Produktion über die Consumtion, des Ertrages über den Aufwand zerstört worden, zugleich in einer ganz andern Manier, als es in einem früheren Kapitel geschehen, die Unmöglichkeit eines absoluten Privateigenthums erwiesen haben: denn nur das der Consumtion der bürgerlichen Gesellschaft oder ihrem Mit- genuß Entzogene; das in dem Staat, in der Gemeinschaft mit den Uebrigen Erworbene, hernach aber aus dem Staat Herausgestellte, wäre wahrhaftiges Object des absoluten und ausschließenden Privateigenthums. Da aber, wie hinreichend erwiesen, was aus der großen Wechselwirkung der Produktion
Credit bey der buͤrgerlichen Geſellſchaft. Was er von ſeinen Einkuͤnften nicht ſelbſt conſumirt, muß immer wieder bey der buͤrgerlichen Geſellſchaft angelegt, das heißt: von ihr conſumirt werden. Es ergibt ſich alſo fuͤr den Eigenthuͤmer nie und an keiner Stelle ein abſoluter Ueberſchuß, welcher Gegenſtand des ausſchließenden Privateigenthums fuͤr ihn werden koͤnnte: es ergibt ſich fuͤr ihn nichts, als ein unſicht- bares aber immer feſteres zuverlaͤßigeres Band an die buͤr- gerliche Geſellſchaft. Anſtatt des vermeintlichen Ueberſchuſſes wird er nur tiefer und tiefer in die Haushaltung, und zu- gleich in die Geſetze der buͤrgerlichen Geſellſchaft verwoben, und weil er in groͤßere Wechſelwirkung mit dem Ganzen tritt, und den Credit des Ganzen mehr empfindet und deut- licher repraͤſentirt, als die Uebrigen — fuͤhlt er ſich reicher, nennen wir ihn reicher als die Uebrigen.
Dem aufmerkſamen Leſer kann es unmoͤglich entgangen ſeyn, daß wir, indem durch das Bisherige der Wahn eines abſoluten handgreiflichen Ueberſchuſſes der Produktion uͤber die Conſumtion, des Ertrages uͤber den Aufwand zerſtoͤrt worden, zugleich in einer ganz andern Manier, als es in einem fruͤheren Kapitel geſchehen, die Unmoͤglichkeit eines abſoluten Privateigenthums erwieſen haben: denn nur das der Conſumtion der buͤrgerlichen Geſellſchaft oder ihrem Mit- genuß Entzogene; das in dem Staat, in der Gemeinſchaft mit den Uebrigen Erworbene, hernach aber aus dem Staat Herausgeſtellte, waͤre wahrhaftiges Object des abſoluten und ausſchließenden Privateigenthums. Da aber, wie hinreichend erwieſen, was aus der großen Wechſelwirkung der Produktion
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Credit bey der buͤrgerlichen Geſellſchaft. Was er von ſeinen
Einkuͤnften nicht ſelbſt conſumirt, muß immer wieder bey
der buͤrgerlichen Geſellſchaft angelegt, das heißt: von ihr
conſumirt werden. Es ergibt ſich alſo fuͤr den Eigenthuͤmer
nie und an keiner Stelle ein abſoluter Ueberſchuß, welcher
Gegenſtand des ausſchließenden Privateigenthums fuͤr ihn
werden koͤnnte: es ergibt ſich fuͤr ihn nichts, als ein unſicht-
bares aber immer feſteres zuverlaͤßigeres Band an die buͤr-
gerliche Geſellſchaft. Anſtatt des vermeintlichen Ueberſchuſſes
wird er nur tiefer und tiefer in die Haushaltung, und zu-
gleich in die Geſetze der buͤrgerlichen Geſellſchaft verwoben,
und weil er in groͤßere Wechſelwirkung mit dem Ganzen
tritt, und den Credit des Ganzen mehr empfindet und deut-
licher repraͤſentirt, als die Uebrigen — fuͤhlt er ſich reicher,
nennen wir ihn reicher als die Uebrigen.
Dem aufmerkſamen Leſer kann es unmoͤglich entgangen
ſeyn, daß wir, indem durch das Bisherige der Wahn eines
abſoluten handgreiflichen Ueberſchuſſes der Produktion uͤber
die Conſumtion, des Ertrages uͤber den Aufwand zerſtoͤrt
worden, zugleich in einer ganz andern Manier, als es in
einem fruͤheren Kapitel geſchehen, die Unmoͤglichkeit eines
abſoluten Privateigenthums erwieſen haben: denn nur das
der Conſumtion der buͤrgerlichen Geſellſchaft oder ihrem Mit-
genuß Entzogene; das in dem Staat, in der Gemeinſchaft
mit den Uebrigen Erworbene, hernach aber aus dem Staat
Herausgeſtellte, waͤre wahrhaftiges Object des abſoluten und
ausſchließenden Privateigenthums. Da aber, wie hinreichend
erwieſen, was aus der großen Wechſelwirkung der Produktion
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/100>, abgerufen am 24.11.2024.
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