Ganzen des Staates wieder finden müsse, und unter allen gedenkbaren Figuren sich vorbildlich für die Haushaltung des Staates am besten eigne, wie denn auch gleichfalls der Arzt wieder den Staat bey seinen Untersuchungen des menschlichen Körpers mit glücklichstem Erfolge benutzen könnte; denn, was sich seiner Betrachtung hier innerlich verbirgt, und nur im Stillstande oder Tode vollständig betrachtet werden kann, das stellt sich dort äußerlich dar, und kann nur in der Bewegung und im Leben zur Anschauung kommen.
Von jenem Römer der so sinnvoll den Staatsprozeß mit dem Streit des Magens und der Glieder verglich, bis auf unsere Zeit herab, die nicht aufhört, neben ihren Summen und Massen, auch von Circulation des Geldes, von Staatskörper, von politischer Arzeney, von Constitu- tionen und Organisationen zu sprechen, ohne zu wissen, welche große Sachen sie damit ausspricht, schwebt diese Wechselvorbildlichkeit des Staats und des menschlichen Kör- pers, wenigstens dämmernd vor den Augen aller.
Indeß wollen wir vor der Hand durch ein drittes noch einfacheres Schema die große Gemeinschaftlichkeit dieser beyden Bilder ausdrücken, bis wir es wagen können, das complieirtere aber deßhalb auch erfreulichere Bild des mensch- lichen Körpers anzuwenden. --
Man will noch immer nicht einsehen, wie der Mensch nicht bloße Hauptgedanken, sondern auch Hauptbilder vor der Seele hat, wenn er sich zum Handeln anschickt, ferner, wie ganze Geschlechter von einem falschen Bilde beherrscht
Ganzen des Staates wieder finden muͤſſe, und unter allen gedenkbaren Figuren ſich vorbildlich fuͤr die Haushaltung des Staates am beſten eigne, wie denn auch gleichfalls der Arzt wieder den Staat bey ſeinen Unterſuchungen des menſchlichen Koͤrpers mit gluͤcklichſtem Erfolge benutzen koͤnnte; denn, was ſich ſeiner Betrachtung hier innerlich verbirgt, und nur im Stillſtande oder Tode vollſtaͤndig betrachtet werden kann, das ſtellt ſich dort aͤußerlich dar, und kann nur in der Bewegung und im Leben zur Anſchauung kommen.
Von jenem Roͤmer der ſo ſinnvoll den Staatsprozeß mit dem Streit des Magens und der Glieder verglich, bis auf unſere Zeit herab, die nicht aufhoͤrt, neben ihren Summen und Maſſen, auch von Circulation des Geldes, von Staatskoͤrper, von politiſcher Arzeney, von Conſtitu- tionen und Organiſationen zu ſprechen, ohne zu wiſſen, welche große Sachen ſie damit ausſpricht, ſchwebt dieſe Wechſelvorbildlichkeit des Staats und des menſchlichen Koͤr- pers, wenigſtens daͤmmernd vor den Augen aller.
Indeß wollen wir vor der Hand durch ein drittes noch einfacheres Schema die große Gemeinſchaftlichkeit dieſer beyden Bilder ausdruͤcken, bis wir es wagen koͤnnen, das complieirtere aber deßhalb auch erfreulichere Bild des menſch- lichen Koͤrpers anzuwenden. —
Man will noch immer nicht einſehen, wie der Menſch nicht bloße Hauptgedanken, ſondern auch Hauptbilder vor der Seele hat, wenn er ſich zum Handeln anſchickt, ferner, wie ganze Geſchlechter von einem falſchen Bilde beherrſcht
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Ganzen des Staates wieder finden muͤſſe, und unter allen
gedenkbaren Figuren ſich vorbildlich fuͤr die Haushaltung
des Staates am beſten eigne, wie denn auch gleichfalls der
Arzt wieder den Staat bey ſeinen Unterſuchungen des
menſchlichen Koͤrpers mit gluͤcklichſtem Erfolge benutzen
koͤnnte; denn, was ſich ſeiner Betrachtung hier innerlich
verbirgt, und nur im Stillſtande oder Tode vollſtaͤndig
betrachtet werden kann, das ſtellt ſich dort aͤußerlich dar,
und kann nur in der Bewegung und im Leben zur Anſchauung
kommen.
Von jenem Roͤmer der ſo ſinnvoll den Staatsprozeß
mit dem Streit des Magens und der Glieder verglich, bis
auf unſere Zeit herab, die nicht aufhoͤrt, neben ihren
Summen und Maſſen, auch von Circulation des Geldes,
von Staatskoͤrper, von politiſcher Arzeney, von Conſtitu-
tionen und Organiſationen zu ſprechen, ohne zu wiſſen,
welche große Sachen ſie damit ausſpricht, ſchwebt dieſe
Wechſelvorbildlichkeit des Staats und des menſchlichen Koͤr-
pers, wenigſtens daͤmmernd vor den Augen aller.
Indeß wollen wir vor der Hand durch ein drittes noch
einfacheres Schema die große Gemeinſchaftlichkeit dieſer
beyden Bilder ausdruͤcken, bis wir es wagen koͤnnen, das
complieirtere aber deßhalb auch erfreulichere Bild des menſch-
lichen Koͤrpers anzuwenden. —
Man will noch immer nicht einſehen, wie der Menſch
nicht bloße Hauptgedanken, ſondern auch Hauptbilder vor
der Seele hat, wenn er ſich zum Handeln anſchickt, ferner,
wie ganze Geſchlechter von einem falſchen Bilde beherrſcht
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/154>, abgerufen am 16.07.2024.
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