Ich habe bereits oben angedeutet, daß dieses Bedürf- niß der Vereinigung in der natürlichen Ordnung der Dinge zunehmen müsse in demselben Grade wie die Theilung der Arbeit; daß je mehr die Kräfte des Menschen aus einander treten, auch das Band derselben, oder der Staat um so gewaltiger werden müsse. Alles dieses stellt sich den Sin- nen dar in den Verrichtungen des Geldes: das Verlan- gen nach dem Gelde ist ein bloßer unvollkommener Reprä- sentant des höheren Verlangens nach der Vereinigung, nach dem Staate; und es gilt unter allen tiefen Verwickelungen des ökonomischen Lebens noch heut, daß, wer in dem Gelde irgend etwas anders begehrt, als die bürgerliche Gesellschaft, welche die Materie des Geldes nur symbolisch andeutet, oder wer diese Materie an sich begehrt, nie befriedigt wer- den könne. Daher habe ich an einem andern Orte gezeigt *), wie das Geld eigentlich nichts anders sey, als die Eigen- schaft der Geselligkeit, welche in größerem oder geringerem Grade allen Dingen inwohne, und daß unter den Sachen, besonders die edeln Metalle, unter den Personen aber noch in viel vollkommnerer Gestalt der wahre Staatsmann diese Eigenschaft an sich trage.
Wenn man also in neueren Zeiten die Sache so darge- stellt, als sey ein Staatspapier ein bloßes Substitut der Metalle, oder als könne ein Versprechen des Staates die Metalle nur repräsentiren, und als sey selbiges ohne
*) Elemente der Staatskunst. II. III. Theil.
Ich habe bereits oben angedeutet, daß dieſes Beduͤrf- niß der Vereinigung in der natuͤrlichen Ordnung der Dinge zunehmen muͤſſe in demſelben Grade wie die Theilung der Arbeit; daß je mehr die Kraͤfte des Menſchen aus einander treten, auch das Band derſelben, oder der Staat um ſo gewaltiger werden muͤſſe. Alles dieſes ſtellt ſich den Sin- nen dar in den Verrichtungen des Geldes: das Verlan- gen nach dem Gelde iſt ein bloßer unvollkommener Repraͤ- ſentant des hoͤheren Verlangens nach der Vereinigung, nach dem Staate; und es gilt unter allen tiefen Verwickelungen des oͤkonomiſchen Lebens noch heut, daß, wer in dem Gelde irgend etwas anders begehrt, als die buͤrgerliche Geſellſchaft, welche die Materie des Geldes nur ſymboliſch andeutet, oder wer dieſe Materie an ſich begehrt, nie befriedigt wer- den koͤnne. Daher habe ich an einem andern Orte gezeigt *), wie das Geld eigentlich nichts anders ſey, als die Eigen- ſchaft der Geſelligkeit, welche in groͤßerem oder geringerem Grade allen Dingen inwohne, und daß unter den Sachen, beſonders die edeln Metalle, unter den Perſonen aber noch in viel vollkommnerer Geſtalt der wahre Staatsmann dieſe Eigenſchaft an ſich trage.
Wenn man alſo in neueren Zeiten die Sache ſo darge- ſtellt, als ſey ein Staatspapier ein bloßes Subſtitut der Metalle, oder als koͤnne ein Verſprechen des Staates die Metalle nur repraͤſentiren, und als ſey ſelbiges ohne
*) Elemente der Staatskunſt. II. III. Theil.
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Ich habe bereits oben angedeutet, daß dieſes Beduͤrf-
niß der Vereinigung in der natuͤrlichen Ordnung der Dinge
zunehmen muͤſſe in demſelben Grade wie die Theilung der
Arbeit; daß je mehr die Kraͤfte des Menſchen aus einander
treten, auch das Band derſelben, oder der Staat um ſo
gewaltiger werden muͤſſe. Alles dieſes ſtellt ſich den Sin-
nen dar in den Verrichtungen des Geldes: das Verlan-
gen nach dem Gelde iſt ein bloßer unvollkommener Repraͤ-
ſentant des hoͤheren Verlangens nach der Vereinigung, nach
dem Staate; und es gilt unter allen tiefen Verwickelungen
des oͤkonomiſchen Lebens noch heut, daß, wer in dem Gelde
irgend etwas anders begehrt, als die buͤrgerliche Geſellſchaft,
welche die Materie des Geldes nur ſymboliſch andeutet,
oder wer dieſe Materie an ſich begehrt, nie befriedigt wer-
den koͤnne. Daher habe ich an einem andern Orte gezeigt *),
wie das Geld eigentlich nichts anders ſey, als die Eigen-
ſchaft der Geſelligkeit, welche in groͤßerem oder geringerem
Grade allen Dingen inwohne, und daß unter den Sachen,
beſonders die edeln Metalle, unter den Perſonen aber noch
in viel vollkommnerer Geſtalt der wahre Staatsmann dieſe
Eigenſchaft an ſich trage.
Wenn man alſo in neueren Zeiten die Sache ſo darge-
ſtellt, als ſey ein Staatspapier ein bloßes Subſtitut der
Metalle, oder als koͤnne ein Verſprechen des Staates
die Metalle nur repraͤſentiren, und als ſey ſelbiges ohne
*) Elemente der Staatskunſt. II. III. Theil.
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/170>, abgerufen am 23.07.2024.
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