allenthalben in die des körperlichen Lebens eingreifen; geistige, idealische, oder, wie man sich sehr unrichtig auszudrücken pflegt, imaginäre Bedürfnisse an allen Stellen die körperlichen Bedürfnisse und somit das ganze gesellschaftliche Leben höchst wesentlich modificiren, -- so würde man empfinden, daß der Staat selbst (oder seine Axe, mit der die ganze Kugel des Staates) gegeben ist, ein viel reinerer Maaßstab aller Werthe im Staate ist, und daß das Metall nur Maaßstab ist, weil es die Geberden und Functionen des Staates in gewissem Grade nachzumachen im Stande ist.
Die Europäischen Staaten haben dem Metalle diese Künste gelehrt, weil es eine gewisse Fähigkeit dazu, eine gewisse Ge- lehrigkeit hatte; sie haben es dazu abgerichtet; sie haben ihre Hand damit erweitert, in dem Sinne, in welchem ich das Werkzeug des Künstlers seine erweiterte Hand nannte.
Dieser Gebrauch nun seit undenklichen Zeiten, der aller- dings mit der Natur und dem Berufe der edeln Metalle sehr wohl übereinstimmte, die Menge der Berührungen, in welche die Metalle mit der bürgerlichen Gesellschaft gekommen sind, und deren sich keine andere Sache hat erfreuen können, hat ihnen die Macht gegeben, auf die bürgerliche Gesellschaft ge- waltig zu reagiren: und wie muß eine einzelne Generation, zumahl wenn sie die moralische Macht der voran gegangenen Geschlechter nicht eben gegenwärtig erhalten, wie sie konnte; wenn sie die große geistige Erbschaft der Vorfahren nicht ungetreten hat, ergriffen werden von einer Sache, welche durch den Verkehr aller dieser früheren Geschlechter gewisser- maßen geheiligt worden? Es ist natürlich, daß sie von den
allenthalben in die des koͤrperlichen Lebens eingreifen; geiſtige, idealiſche, oder, wie man ſich ſehr unrichtig auszudruͤcken pflegt, imaginaͤre Beduͤrfniſſe an allen Stellen die koͤrperlichen Beduͤrfniſſe und ſomit das ganze geſellſchaftliche Leben hoͤchſt weſentlich modificiren, — ſo wuͤrde man empfinden, daß der Staat ſelbſt (oder ſeine Axe, mit der die ganze Kugel des Staates) gegeben iſt, ein viel reinerer Maaßſtab aller Werthe im Staate iſt, und daß das Metall nur Maaßſtab iſt, weil es die Geberden und Functionen des Staates in gewiſſem Grade nachzumachen im Stande iſt.
Die Europaͤiſchen Staaten haben dem Metalle dieſe Kuͤnſte gelehrt, weil es eine gewiſſe Faͤhigkeit dazu, eine gewiſſe Ge- lehrigkeit hatte; ſie haben es dazu abgerichtet; ſie haben ihre Hand damit erweitert, in dem Sinne, in welchem ich das Werkzeug des Kuͤnſtlers ſeine erweiterte Hand nannte.
Dieſer Gebrauch nun ſeit undenklichen Zeiten, der aller- dings mit der Natur und dem Berufe der edeln Metalle ſehr wohl uͤbereinſtimmte, die Menge der Beruͤhrungen, in welche die Metalle mit der buͤrgerlichen Geſellſchaft gekommen ſind, und deren ſich keine andere Sache hat erfreuen koͤnnen, hat ihnen die Macht gegeben, auf die buͤrgerliche Geſellſchaft ge- waltig zu reagiren: und wie muß eine einzelne Generation, zumahl wenn ſie die moraliſche Macht der voran gegangenen Geſchlechter nicht eben gegenwaͤrtig erhalten, wie ſie konnte; wenn ſie die große geiſtige Erbſchaft der Vorfahren nicht ungetreten hat, ergriffen werden von einer Sache, welche durch den Verkehr aller dieſer fruͤheren Geſchlechter gewiſſer- maßen geheiligt worden? Es iſt natuͤrlich, daß ſie von den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0220"n="206"/>
allenthalben in die des koͤrperlichen Lebens eingreifen; geiſtige,<lb/>
idealiſche, oder, wie man ſich ſehr unrichtig auszudruͤcken<lb/>
pflegt, imaginaͤre Beduͤrfniſſe an allen Stellen die koͤrperlichen<lb/>
Beduͤrfniſſe und ſomit das ganze geſellſchaftliche Leben hoͤchſt<lb/>
weſentlich modificiren, —ſo wuͤrde man empfinden, daß der<lb/>
Staat ſelbſt (oder ſeine Axe, mit der die ganze Kugel des<lb/>
Staates) gegeben iſt, ein viel reinerer Maaßſtab aller Werthe<lb/>
im Staate iſt, und daß das Metall nur Maaßſtab iſt, weil<lb/>
es die Geberden und Functionen des Staates in gewiſſem Grade<lb/>
nachzumachen im Stande iſt.</p><lb/><p>Die Europaͤiſchen Staaten haben dem Metalle dieſe Kuͤnſte<lb/>
gelehrt, weil es eine gewiſſe Faͤhigkeit dazu, eine gewiſſe Ge-<lb/>
lehrigkeit hatte; ſie haben es dazu abgerichtet; ſie haben ihre<lb/>
Hand damit erweitert, in dem Sinne, in welchem ich das<lb/>
Werkzeug des Kuͤnſtlers ſeine erweiterte Hand nannte.</p><lb/><p>Dieſer Gebrauch nun ſeit undenklichen Zeiten, der aller-<lb/>
dings mit der Natur und dem Berufe der edeln Metalle ſehr<lb/>
wohl uͤbereinſtimmte, die Menge der Beruͤhrungen, in welche<lb/>
die Metalle mit der buͤrgerlichen Geſellſchaft gekommen ſind,<lb/>
und deren ſich keine andere Sache hat erfreuen koͤnnen, hat<lb/>
ihnen die Macht gegeben, auf die buͤrgerliche Geſellſchaft ge-<lb/>
waltig zu reagiren: und wie muß eine einzelne Generation,<lb/>
zumahl wenn ſie die moraliſche Macht der voran gegangenen<lb/>
Geſchlechter nicht eben gegenwaͤrtig erhalten, wie ſie konnte;<lb/>
wenn ſie die große geiſtige Erbſchaft der Vorfahren nicht<lb/>
ungetreten hat, ergriffen werden von einer Sache, welche<lb/>
durch den Verkehr aller dieſer fruͤheren Geſchlechter gewiſſer-<lb/>
maßen geheiligt worden? Es iſt natuͤrlich, daß ſie von den<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[206/0220]
allenthalben in die des koͤrperlichen Lebens eingreifen; geiſtige,
idealiſche, oder, wie man ſich ſehr unrichtig auszudruͤcken
pflegt, imaginaͤre Beduͤrfniſſe an allen Stellen die koͤrperlichen
Beduͤrfniſſe und ſomit das ganze geſellſchaftliche Leben hoͤchſt
weſentlich modificiren, — ſo wuͤrde man empfinden, daß der
Staat ſelbſt (oder ſeine Axe, mit der die ganze Kugel des
Staates) gegeben iſt, ein viel reinerer Maaßſtab aller Werthe
im Staate iſt, und daß das Metall nur Maaßſtab iſt, weil
es die Geberden und Functionen des Staates in gewiſſem Grade
nachzumachen im Stande iſt.
Die Europaͤiſchen Staaten haben dem Metalle dieſe Kuͤnſte
gelehrt, weil es eine gewiſſe Faͤhigkeit dazu, eine gewiſſe Ge-
lehrigkeit hatte; ſie haben es dazu abgerichtet; ſie haben ihre
Hand damit erweitert, in dem Sinne, in welchem ich das
Werkzeug des Kuͤnſtlers ſeine erweiterte Hand nannte.
Dieſer Gebrauch nun ſeit undenklichen Zeiten, der aller-
dings mit der Natur und dem Berufe der edeln Metalle ſehr
wohl uͤbereinſtimmte, die Menge der Beruͤhrungen, in welche
die Metalle mit der buͤrgerlichen Geſellſchaft gekommen ſind,
und deren ſich keine andere Sache hat erfreuen koͤnnen, hat
ihnen die Macht gegeben, auf die buͤrgerliche Geſellſchaft ge-
waltig zu reagiren: und wie muß eine einzelne Generation,
zumahl wenn ſie die moraliſche Macht der voran gegangenen
Geſchlechter nicht eben gegenwaͤrtig erhalten, wie ſie konnte;
wenn ſie die große geiſtige Erbſchaft der Vorfahren nicht
ungetreten hat, ergriffen werden von einer Sache, welche
durch den Verkehr aller dieſer fruͤheren Geſchlechter gewiſſer-
maßen geheiligt worden? Es iſt natuͤrlich, daß ſie von den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/220>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.