Wie aber entsteht der Irrthum, daß der Produktions- überschuß eigentlicher Zweck aller Wirthschaft sey, aus dem sich dann der "heitere Lebensgenuß" des Grafen Soden, und "die ersehnten bessern Tage" des Professor Lüder er- geben sollen? -- daß alle diese Herrlichkeiten nur dürre Lebensfristung und übrigens völlig wesenlos sind, habe ich schon erwiesen, aber es ist noch dem Irrenden die Möglich- keit seines Irrthums zu erweisen, wenn er gründlich bekehrt werden soll. --
Es ist denen, welche an die Wunder der Arbeitstheilung glauben, längst bekannt, daß so lange jeder für sich produ- cirt, und das Producirte selbst consumirt, und nur produ- cirt, was er zu eigener Consumtion bedarf, die Wirthschaft selbst nicht fortschreitet. So bald sich die Arbeit theilt, so bald der Einzelne für die Consumtion der Uebrigen zu pro- duciren, und von ihrer Produktion zu consumiren anfängt, so erweitert sich die Wirthschaft. Bis hierher ist in der Dar- stellung des Adam Smith ein richtiges Schema von Wechsel- wirkung, also können wir auch so weit mit ihm einverstan- den seyn. Nun aber bleibt er bey dem größeren Produkte, daß diese fortschreitende Wirthschaft nachher absetzt, stehen, und nimmt für ein Resultat, was doch nicht mehr als ein Symptom ist. Er muß zugeben, daß genau, wie das Pro- dukt wächst, sich auch der Markt, der Absatz, kurz die Con- sumtion erweitern muß, daß also nur, in wie fern man den Augenblick und den einzelnen Producenten betrachtet, ein scheinbarer Ueberschuß Staat finden kann, der aber wieder verschwindet, wenn man ihn in Beziehung auf den ganzen
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Wie aber entſteht der Irrthum, daß der Produktions- uͤberſchuß eigentlicher Zweck aller Wirthſchaft ſey, aus dem ſich dann der „heitere Lebensgenuß” des Grafen Soden, und „die erſehnten beſſern Tage” des Profeſſor Luͤder er- geben ſollen? — daß alle dieſe Herrlichkeiten nur duͤrre Lebensfriſtung und uͤbrigens voͤllig weſenlos ſind, habe ich ſchon erwieſen, aber es iſt noch dem Irrenden die Moͤglich- keit ſeines Irrthums zu erweiſen, wenn er gruͤndlich bekehrt werden ſoll. —
Es iſt denen, welche an die Wunder der Arbeitstheilung glauben, laͤngſt bekannt, daß ſo lange jeder fuͤr ſich produ- cirt, und das Producirte ſelbſt conſumirt, und nur produ- cirt, was er zu eigener Conſumtion bedarf, die Wirthſchaft ſelbſt nicht fortſchreitet. So bald ſich die Arbeit theilt, ſo bald der Einzelne fuͤr die Conſumtion der Uebrigen zu pro- duciren, und von ihrer Produktion zu conſumiren anfaͤngt, ſo erweitert ſich die Wirthſchaft. Bis hierher iſt in der Dar- ſtellung des Adam Smith ein richtiges Schema von Wechſel- wirkung, alſo koͤnnen wir auch ſo weit mit ihm einverſtan- den ſeyn. Nun aber bleibt er bey dem groͤßeren Produkte, daß dieſe fortſchreitende Wirthſchaft nachher abſetzt, ſtehen, und nimmt fuͤr ein Reſultat, was doch nicht mehr als ein Symptom iſt. Er muß zugeben, daß genau, wie das Pro- dukt waͤchſt, ſich auch der Markt, der Abſatz, kurz die Con- ſumtion erweitern muß, daß alſo nur, in wie fern man den Augenblick und den einzelnen Producenten betrachtet, ein ſcheinbarer Ueberſchuß Staat finden kann, der aber wieder verſchwindet, wenn man ihn in Beziehung auf den ganzen
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Wie aber entſteht der Irrthum, daß der Produktions-
uͤberſchuß eigentlicher Zweck aller Wirthſchaft ſey, aus dem
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und „die erſehnten beſſern Tage” des Profeſſor Luͤder er-
geben ſollen? — daß alle dieſe Herrlichkeiten nur duͤrre
Lebensfriſtung und uͤbrigens voͤllig weſenlos ſind, habe ich
ſchon erwieſen, aber es iſt noch dem Irrenden die Moͤglich-
keit ſeines Irrthums zu erweiſen, wenn er gruͤndlich bekehrt
werden ſoll. —
Es iſt denen, welche an die Wunder der Arbeitstheilung
glauben, laͤngſt bekannt, daß ſo lange jeder fuͤr ſich produ-
cirt, und das Producirte ſelbſt conſumirt, und nur produ-
cirt, was er zu eigener Conſumtion bedarf, die Wirthſchaft
ſelbſt nicht fortſchreitet. So bald ſich die Arbeit theilt, ſo
bald der Einzelne fuͤr die Conſumtion der Uebrigen zu pro-
duciren, und von ihrer Produktion zu conſumiren anfaͤngt,
ſo erweitert ſich die Wirthſchaft. Bis hierher iſt in der Dar-
ſtellung des Adam Smith ein richtiges Schema von Wechſel-
wirkung, alſo koͤnnen wir auch ſo weit mit ihm einverſtan-
den ſeyn. Nun aber bleibt er bey dem groͤßeren Produkte,
daß dieſe fortſchreitende Wirthſchaft nachher abſetzt, ſtehen,
und nimmt fuͤr ein Reſultat, was doch nicht mehr als ein
Symptom iſt. Er muß zugeben, daß genau, wie das Pro-
dukt waͤchſt, ſich auch der Markt, der Abſatz, kurz die Con-
ſumtion erweitern muß, daß alſo nur, in wie fern man den
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/97>, abgerufen am 16.07.2024.
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