Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
Es wölkt sich über mir, --
der Mond verbirgt sein Licht --
die Lampe schwindet!
Es dampft: es zucken rothe Strahlen
mir um das Haupt. Es weht
ein Schauer vom Gewölb herab
und faßt mich an!
Ich fühle, du schwebst um mich, erflehter Geist,
enthülle dich!

Mit diesen subjectiven Gesichtserscheinungen allgemei-
ner Art, wie sie unter vielen andern Umständen eintreten,
schließt das äußere Sinnesleben, worauf der Sinn der
Phantasie unterthan wird.

114.

Es ist höchst merkwürdig und bedeutsam, daß die ma-
gischen Gesichtserscheinungen eben nur gewöhnlich entwe-
der auch unter anderen Bedingungen auftretende subjective
Gesichtserscheinungen, wie wallende Nebel, Strahlenfiguren
Flammen u. s. w. oder doch allgemeine auch sonst auftreten-
de Phantasiebilder waren. In des Petri de Abano
Elementa magica sind die nach der Citation eintretenden
subjectiven Gesichtserscheinungen folgendermaßen beschrieben:
Quibus rite peractis apparebunt infinitae visiones et
phantasmata, pulsantia organa et omnis generis instru-
menta musica. Post haec videbis infinitos sagittarios
cum infinita multitudine bestiarum horribilium. Hepta-
meron, seu Elementa magica Petri de Abano philosophi.

Das sind ja die gewöhnlichen Phantasiebilder der Dämme-
rung und des Halbwachens. Oft mag es nur zu diesen
allgemeinen Gesichtserscheinungen, die man als unreine
Geister mit dem Pentaculum abzutreiben hatte, gekommen
seyn.


Es woͤlkt ſich uͤber mir, —
der Mond verbirgt ſein Licht —
die Lampe ſchwindet!
Es dampft: es zucken rothe Strahlen
mir um das Haupt. Es weht
ein Schauer vom Gewoͤlb herab
und faßt mich an!
Ich fuͤhle, du ſchwebſt um mich, erflehter Geiſt,
enthuͤlle dich!

Mit dieſen ſubjectiven Geſichtserſcheinungen allgemei-
ner Art, wie ſie unter vielen andern Umſtaͤnden eintreten,
ſchließt das aͤußere Sinnesleben, worauf der Sinn der
Phantaſie unterthan wird.

114.

Es iſt hoͤchſt merkwuͤrdig und bedeutſam, daß die ma-
giſchen Geſichtserſcheinungen eben nur gewoͤhnlich entwe-
der auch unter anderen Bedingungen auftretende ſubjective
Geſichtserſcheinungen, wie wallende Nebel, Strahlenfiguren
Flammen u. ſ. w. oder doch allgemeine auch ſonſt auftreten-
de Phantaſiebilder waren. In des Petri de Abano
Elementa magica ſind die nach der Citation eintretenden
ſubjectiven Geſichtserſcheinungen folgendermaßen beſchrieben:
Quibus rite peractis apparebunt infinitae visiones et
phantasmata, pulsantia organa et omnis generis instru-
menta musica. Post haec videbis infinitos sagittarios
cum infinita multitudine bestiarum horribilium. Hepta-
meron, seu Elementa magica Petri de Abano philosophi.

Das ſind ja die gewoͤhnlichen Phantaſiebilder der Daͤmme-
rung und des Halbwachens. Oft mag es nur zu dieſen
allgemeinen Geſichtserſcheinungen, die man als unreine
Geiſter mit dem Pentaculum abzutreiben hatte, gekommen
ſeyn.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0080" n="64"/>
            <lg type="poem">
              <l>Es wo&#x0364;lkt &#x017F;ich u&#x0364;ber mir, &#x2014;</l><lb/>
              <l>der Mond verbirgt &#x017F;ein Licht &#x2014;</l><lb/>
              <l>die Lampe &#x017F;chwindet!</l><lb/>
              <l>Es dampft: es zucken rothe Strahlen</l><lb/>
              <l>mir um das Haupt. Es weht</l><lb/>
              <l>ein Schauer vom Gewo&#x0364;lb herab</l><lb/>
              <l>und faßt mich an!</l><lb/>
              <l>Ich fu&#x0364;hle, du &#x017F;chweb&#x017F;t um mich, erflehter Gei&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>enthu&#x0364;lle dich!</l>
            </lg><lb/>
            <p>Mit die&#x017F;en &#x017F;ubjectiven Ge&#x017F;ichtser&#x017F;cheinungen allgemei-<lb/>
ner Art, wie &#x017F;ie unter vielen andern Um&#x017F;ta&#x0364;nden eintreten,<lb/>
&#x017F;chließt das a&#x0364;ußere Sinnesleben, worauf der Sinn der<lb/>
Phanta&#x017F;ie unterthan wird.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>114.</head><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t ho&#x0364;ch&#x017F;t merkwu&#x0364;rdig und bedeut&#x017F;am, daß die ma-<lb/>
gi&#x017F;chen Ge&#x017F;ichtser&#x017F;cheinungen eben nur gewo&#x0364;hnlich entwe-<lb/>
der auch unter anderen Bedingungen auftretende &#x017F;ubjective<lb/>
Ge&#x017F;ichtser&#x017F;cheinungen, wie wallende Nebel, Strahlenfiguren<lb/>
Flammen u. &#x017F;. w. oder doch allgemeine auch &#x017F;on&#x017F;t auftreten-<lb/>
de Phanta&#x017F;iebilder waren. In des <hi rendition="#g">Petri de Abano</hi><lb/><hi rendition="#aq">Elementa magica</hi> &#x017F;ind die nach der Citation eintretenden<lb/>
&#x017F;ubjectiven Ge&#x017F;ichtser&#x017F;cheinungen folgendermaßen be&#x017F;chrieben:<lb/><hi rendition="#aq">Quibus rite peractis apparebunt infinitae visiones et<lb/>
phantasmata, pulsantia organa et omnis generis instru-<lb/>
menta musica. Post haec videbis infinitos sagittarios<lb/>
cum infinita multitudine bestiarum horribilium. Hepta-<lb/>
meron, seu Elementa magica Petri de Abano philosophi.</hi><lb/>
Das &#x017F;ind ja die gewo&#x0364;hnlichen Phanta&#x017F;iebilder der Da&#x0364;mme-<lb/>
rung und des Halbwachens. Oft mag es nur zu die&#x017F;en<lb/>
allgemeinen Ge&#x017F;ichtser&#x017F;cheinungen, die man als unreine<lb/>
Gei&#x017F;ter mit dem Pentaculum abzutreiben hatte, gekommen<lb/>
&#x017F;eyn.</p>
          </div><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0080] Es woͤlkt ſich uͤber mir, — der Mond verbirgt ſein Licht — die Lampe ſchwindet! Es dampft: es zucken rothe Strahlen mir um das Haupt. Es weht ein Schauer vom Gewoͤlb herab und faßt mich an! Ich fuͤhle, du ſchwebſt um mich, erflehter Geiſt, enthuͤlle dich! Mit dieſen ſubjectiven Geſichtserſcheinungen allgemei- ner Art, wie ſie unter vielen andern Umſtaͤnden eintreten, ſchließt das aͤußere Sinnesleben, worauf der Sinn der Phantaſie unterthan wird. 114. Es iſt hoͤchſt merkwuͤrdig und bedeutſam, daß die ma- giſchen Geſichtserſcheinungen eben nur gewoͤhnlich entwe- der auch unter anderen Bedingungen auftretende ſubjective Geſichtserſcheinungen, wie wallende Nebel, Strahlenfiguren Flammen u. ſ. w. oder doch allgemeine auch ſonſt auftreten- de Phantaſiebilder waren. In des Petri de Abano Elementa magica ſind die nach der Citation eintretenden ſubjectiven Geſichtserſcheinungen folgendermaßen beſchrieben: Quibus rite peractis apparebunt infinitae visiones et phantasmata, pulsantia organa et omnis generis instru- menta musica. Post haec videbis infinitos sagittarios cum infinita multitudine bestiarum horribilium. Hepta- meron, seu Elementa magica Petri de Abano philosophi. Das ſind ja die gewoͤhnlichen Phantaſiebilder der Daͤmme- rung und des Halbwachens. Oft mag es nur zu dieſen allgemeinen Geſichtserſcheinungen, die man als unreine Geiſter mit dem Pentaculum abzutreiben hatte, gekommen ſeyn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_gesichtserscheinungen_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_gesichtserscheinungen_1826/80
Zitationshilfe: Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_gesichtserscheinungen_1826/80>, abgerufen am 04.12.2024.