Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

7.
1.

Ehe wir die Erinnerungen und Nachrichten aus
der frühern Periode zusammenstellen, ist die Beantwor-
tung der schon oben angeregten Frage unumgänglich:
woher, aus welchen Quellen, durch welche Mittel
wir überhaupt erfahren haben, was wir über diese
Zeit zu wissen scheinen. Denn wenn über die mythi-
schen Jahrhunderte die epische Poesie die Sage durch
lange Zeiteu ohne Unterbrechung fortgeleitet und da-
durch einen Schimmer verbreitet hat, der an vielen
Stellen zu einem erfreulichen und milden Lichte con-
densirt werden mag: so berührt dagegen dieselbige nur
wenige Punkte der angegebenen Periode. Andererseits
kam zwar in dieser die Schrift durch Asiatischen Ver-
kehr zu den Griechen, aber wie spät und langsam sie
sich unter ihnen entwickelte, zeigt die bei sonst schon
so hoch gestiegener Kunstbildung fast befremdende Un-
vollkommenheit der schriftlichen Aufzeichnungen, die
uns etwa noch aus der Zeit vor der 6osten Olympiade
übrig sein mögen. Daher auch die Schrift als etwas
Griechenland Fremdes noch lange, wie in den Teischen
Flüchen, als Phönikische Zeichen bezeichnet werden
konnte. Dessen ungeachtet sind diese wenigen und wort-
kargen Aufzeichnungen doch die ersten stamina der ei-
gentlichen Geschichte und der Chronologie. Bekannt
geworden sind uns aus dem Peloponnes als solche
folgende.


II. 9

7.
1.

Ehe wir die Erinnerungen und Nachrichten aus
der fruͤhern Periode zuſammenſtellen, iſt die Beantwor-
tung der ſchon oben angeregten Frage unumgaͤnglich:
woher, aus welchen Quellen, durch welche Mittel
wir uͤberhaupt erfahren haben, was wir uͤber dieſe
Zeit zu wiſſen ſcheinen. Denn wenn uͤber die mythi-
ſchen Jahrhunderte die epiſche Poeſie die Sage durch
lange Zeiteu ohne Unterbrechung fortgeleitet und da-
durch einen Schimmer verbreitet hat, der an vielen
Stellen zu einem erfreulichen und milden Lichte con-
denſirt werden mag: ſo beruͤhrt dagegen dieſelbige nur
wenige Punkte der angegebenen Periode. Andererſeits
kam zwar in dieſer die Schrift durch Aſiatiſchen Ver-
kehr zu den Griechen, aber wie ſpaͤt und langſam ſie
ſich unter ihnen entwickelte, zeigt die bei ſonſt ſchon
ſo hoch geſtiegener Kunſtbildung faſt befremdende Un-
vollkommenheit der ſchriftlichen Aufzeichnungen, die
uns etwa noch aus der Zeit vor der 6oſten Olympiade
uͤbrig ſein moͤgen. Daher auch die Schrift als etwas
Griechenland Fremdes noch lange, wie in den Teiſchen
Fluͤchen, als Phoͤnikiſche Zeichen bezeichnet werden
konnte. Deſſen ungeachtet ſind dieſe wenigen und wort-
kargen Aufzeichnungen doch die erſten stamina der ei-
gentlichen Geſchichte und der Chronologie. Bekannt
geworden ſind uns aus dem Peloponnes als ſolche
folgende.


II. 9
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0159" n="129"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>7.</head><lb/>
          <div n="3">
            <head>1.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">E</hi>he wir die Erinnerungen und Nachrichten aus<lb/>
der fru&#x0364;hern Periode zu&#x017F;ammen&#x017F;tellen, i&#x017F;t die Beantwor-<lb/>
tung der &#x017F;chon oben angeregten Frage unumga&#x0364;nglich:<lb/><hi rendition="#g">woher,</hi> aus welchen Quellen, durch welche Mittel<lb/>
wir u&#x0364;berhaupt erfahren haben, was wir u&#x0364;ber die&#x017F;e<lb/>
Zeit zu wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;cheinen. Denn wenn u&#x0364;ber die mythi-<lb/>
&#x017F;chen Jahrhunderte die epi&#x017F;che Poe&#x017F;ie die Sage durch<lb/>
lange Zeiteu ohne Unterbrechung fortgeleitet und da-<lb/>
durch einen Schimmer verbreitet hat, der an vielen<lb/>
Stellen zu einem erfreulichen und milden Lichte con-<lb/>
den&#x017F;irt werden mag: &#x017F;o beru&#x0364;hrt dagegen die&#x017F;elbige nur<lb/>
wenige Punkte der angegebenen Periode. Anderer&#x017F;eits<lb/>
kam zwar in die&#x017F;er die Schrift durch A&#x017F;iati&#x017F;chen Ver-<lb/>
kehr zu den Griechen, aber wie &#x017F;pa&#x0364;t und lang&#x017F;am &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich unter ihnen entwickelte, zeigt die bei &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;chon<lb/>
&#x017F;o hoch ge&#x017F;tiegener Kun&#x017F;tbildung fa&#x017F;t befremdende Un-<lb/>
vollkommenheit der &#x017F;chriftlichen Aufzeichnungen, die<lb/>
uns etwa noch aus der Zeit vor der 6o&#x017F;ten Olympiade<lb/>
u&#x0364;brig &#x017F;ein mo&#x0364;gen. Daher auch die Schrift als etwas<lb/>
Griechenland Fremdes noch lange, wie in den Tei&#x017F;chen<lb/>
Flu&#x0364;chen, als Pho&#x0364;niki&#x017F;che Zeichen bezeichnet werden<lb/>
konnte. De&#x017F;&#x017F;en ungeachtet &#x017F;ind die&#x017F;e wenigen und wort-<lb/>
kargen Aufzeichnungen doch die er&#x017F;ten <hi rendition="#aq">stamina</hi> der ei-<lb/>
gentlichen Ge&#x017F;chichte und der Chronologie. Bekannt<lb/>
geworden &#x017F;ind uns aus dem Peloponnes als &#x017F;olche<lb/>
folgende.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi> 9</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0159] 7. 1. Ehe wir die Erinnerungen und Nachrichten aus der fruͤhern Periode zuſammenſtellen, iſt die Beantwor- tung der ſchon oben angeregten Frage unumgaͤnglich: woher, aus welchen Quellen, durch welche Mittel wir uͤberhaupt erfahren haben, was wir uͤber dieſe Zeit zu wiſſen ſcheinen. Denn wenn uͤber die mythi- ſchen Jahrhunderte die epiſche Poeſie die Sage durch lange Zeiteu ohne Unterbrechung fortgeleitet und da- durch einen Schimmer verbreitet hat, der an vielen Stellen zu einem erfreulichen und milden Lichte con- denſirt werden mag: ſo beruͤhrt dagegen dieſelbige nur wenige Punkte der angegebenen Periode. Andererſeits kam zwar in dieſer die Schrift durch Aſiatiſchen Ver- kehr zu den Griechen, aber wie ſpaͤt und langſam ſie ſich unter ihnen entwickelte, zeigt die bei ſonſt ſchon ſo hoch geſtiegener Kunſtbildung faſt befremdende Un- vollkommenheit der ſchriftlichen Aufzeichnungen, die uns etwa noch aus der Zeit vor der 6oſten Olympiade uͤbrig ſein moͤgen. Daher auch die Schrift als etwas Griechenland Fremdes noch lange, wie in den Teiſchen Fluͤchen, als Phoͤnikiſche Zeichen bezeichnet werden konnte. Deſſen ungeachtet ſind dieſe wenigen und wort- kargen Aufzeichnungen doch die erſten stamina der ei- gentlichen Geſchichte und der Chronologie. Bekannt geworden ſind uns aus dem Peloponnes als ſolche folgende. II. 9

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/159
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/159>, abgerufen am 04.12.2024.