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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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breitung jenes Stamms zugleich fortschreitende Ver-
pflanzung dieser Religion aus den ältesten Zeugnissen
der Mythen dargethan werden kann. Doch möge man
das Zusammentreffen des Stammes und Cultus nicht
so verstehn, als setzte das Dasein des letztern an einem
Orte stets die ehemalige oder fortdauernde materielle
Existenz des erstern an demselben voraus. Vielmehr
muß gleich zugegeben werden, daß die Götterdienste
auch im Alterthum nicht immer blos körperlich durch
Wanderung der Stämme, sondern auch geistig durch
die Macht der in ihnen lebenden Idee sich ausgebreitet
und Verehrer gewonnen haben. -- Um den Apollocult
dem Dorischen Stamm mit größerer Sicherheit zu vin-
diciren, ist nöthig, Meinungen hier gleich direkt zu
widersprechen, die ihn andern Volksstämmen zueignen.
Erstens: Apollon war kein einheimischer Gott der in
Griechenland ureinwohnenden Pelasgischen Natio-
nen 1. Denn wäre er es, so müßte er sicher in de-
nen
Ländern, welche diesen ungeschmälert bleiben, z.
B. in Arkadien, besonders häufige und ausgezeichnete
Verehrung genießen. Nun findet sich aber, daß Apollon
wenig Tempel in Arkadien hat, und die Gründung des
größten Theils derselben überdies mit ausländischen
Heroen in Beziehung gebracht oder sonst von fremder
Einwirkung abgeleitet wird 2. Was aber zweitens die

1 Gegen Myrsilos bei Dionys. Halikarn. 1, 23., welcher sich
wahrscheinlich täuschen ließ durch eine bloße Ausdeutung eines Ka-
biren als Apollon (Bd. 1. S. 455.).
2 Die Tempel sind der des Apollon Onkäos bei Thelpusa,
in Verbindung mit Herakles. Paus. 8, 25, 3. Antimach. S. 65.
Schellenb. Die einheimischen Götter sind hier Demeter Erinnys
und Poseidon. Nördlich von Pheneos Ap. Pythios und Artemis:
die Tempel soll Herakles nach der Eroberung von Elis erbaut ha-
ben. Paus. 8, 15, 2. vgl. Aristot. mirab. ausc. 59. und unten
§. 19. In Tegea Ap. Agyieus, im Zusammenhange mit Kreta.

breitung jenes Stamms zugleich fortſchreitende Ver-
pflanzung dieſer Religion aus den aͤlteſten Zeugniſſen
der Mythen dargethan werden kann. Doch moͤge man
das Zuſammentreffen des Stammes und Cultus nicht
ſo verſtehn, als ſetzte das Daſein des letztern an einem
Orte ſtets die ehemalige oder fortdauernde materielle
Exiſtenz des erſtern an demſelben voraus. Vielmehr
muß gleich zugegeben werden, daß die Goͤtterdienſte
auch im Alterthum nicht immer blos koͤrperlich durch
Wanderung der Staͤmme, ſondern auch geiſtig durch
die Macht der in ihnen lebenden Idee ſich ausgebreitet
und Verehrer gewonnen haben. — Um den Apollocult
dem Doriſchen Stamm mit groͤßerer Sicherheit zu vin-
diciren, iſt noͤthig, Meinungen hier gleich direkt zu
widerſprechen, die ihn andern Volksſtaͤmmen zueignen.
Erſtens: Apollon war kein einheimiſcher Gott der in
Griechenland ureinwohnenden Pelasgiſchen Natio-
nen 1. Denn waͤre er es, ſo muͤßte er ſicher in de-
nen
Laͤndern, welche dieſen ungeſchmaͤlert bleiben, z.
B. in Arkadien, beſonders haͤufige und ausgezeichnete
Verehrung genießen. Nun findet ſich aber, daß Apollon
wenig Tempel in Arkadien hat, und die Gruͤndung des
groͤßten Theils derſelben uͤberdies mit auslaͤndiſchen
Heroen in Beziehung gebracht oder ſonſt von fremder
Einwirkung abgeleitet wird 2. Was aber zweitens die

1 Gegen Myrſilos bei Dionyſ. Halikarn. 1, 23., welcher ſich
wahrſcheinlich taͤuſchen ließ durch eine bloße Ausdeutung eines Ka-
biren als Apollon (Bd. 1. S. 455.).
2 Die Tempel ſind der des Apollon Onkaͤos bei Thelpuſa,
in Verbindung mit Herakles. Pauſ. 8, 25, 3. Antimach. S. 65.
Schellenb. Die einheimiſchen Goͤtter ſind hier Demeter Erinnys
und Poſeidon. Noͤrdlich von Pheneos Ap. Pythios und Artemis:
die Tempel ſoll Herakles nach der Eroberung von Elis erbaut ha-
ben. Pauſ. 8, 15, 2. vgl. Ariſtot. mirab. ausc. 59. und unten
§. 19. In Tegea Ap. Agyieus, im Zuſammenhange mit Kreta.
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[200/0230] breitung jenes Stamms zugleich fortſchreitende Ver- pflanzung dieſer Religion aus den aͤlteſten Zeugniſſen der Mythen dargethan werden kann. Doch moͤge man das Zuſammentreffen des Stammes und Cultus nicht ſo verſtehn, als ſetzte das Daſein des letztern an einem Orte ſtets die ehemalige oder fortdauernde materielle Exiſtenz des erſtern an demſelben voraus. Vielmehr muß gleich zugegeben werden, daß die Goͤtterdienſte auch im Alterthum nicht immer blos koͤrperlich durch Wanderung der Staͤmme, ſondern auch geiſtig durch die Macht der in ihnen lebenden Idee ſich ausgebreitet und Verehrer gewonnen haben. — Um den Apollocult dem Doriſchen Stamm mit groͤßerer Sicherheit zu vin- diciren, iſt noͤthig, Meinungen hier gleich direkt zu widerſprechen, die ihn andern Volksſtaͤmmen zueignen. Erſtens: Apollon war kein einheimiſcher Gott der in Griechenland ureinwohnenden Pelasgiſchen Natio- nen 1. Denn waͤre er es, ſo muͤßte er ſicher in de- nen Laͤndern, welche dieſen ungeſchmaͤlert bleiben, z. B. in Arkadien, beſonders haͤufige und ausgezeichnete Verehrung genießen. Nun findet ſich aber, daß Apollon wenig Tempel in Arkadien hat, und die Gruͤndung des groͤßten Theils derſelben uͤberdies mit auslaͤndiſchen Heroen in Beziehung gebracht oder ſonſt von fremder Einwirkung abgeleitet wird 2. Was aber zweitens die 1 Gegen Myrſilos bei Dionyſ. Halikarn. 1, 23., welcher ſich wahrſcheinlich taͤuſchen ließ durch eine bloße Ausdeutung eines Ka- biren als Apollon (Bd. 1. S. 455.). 2 Die Tempel ſind der des Apollon Onkaͤos bei Thelpuſa, in Verbindung mit Herakles. Pauſ. 8, 25, 3. Antimach. S. 65. Schellenb. Die einheimiſchen Goͤtter ſind hier Demeter Erinnys und Poſeidon. Noͤrdlich von Pheneos Ap. Pythios und Artemis: die Tempel ſoll Herakles nach der Eroberung von Elis erbaut ha- ben. Pauſ. 8, 15, 2. vgl. Ariſtot. mirab. ausc. 59. und unten §. 19. In Tegea Ap. Agyieus, im Zuſammenhange mit Kreta.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/230>, abgerufen am 26.11.2024.