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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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deutend, daß sie als Leitung betrachtet werden kann:
ihren aristokratischen Sinn mögen wir daraus abneh-
men, daß Timasitheos der Delpher sich unter der Adels-
parthei des Isagoras zu Athen durch Kühnheit und
Entschlossenheit auszeichnete 1. Wir dürfen annehmen,
daß dies besonders Dorische Geschlechter waren, wie
auch die Sprache in Delphi ein Dorischer Dialekt war 2.
Die Hauptpriester des Gottes, die fünf Osioi, wur-
den durch das Loos aus einer Anzahl Familien gewählt,
die sich von Deukalion ableiteten 3: sie wollten dadurch
wahrscheinlich ihre Herkunft von Lykoreia auf der
Höhe des Parnaß beurkunden, der angeblichen Grün-
dung des Hellenenvaters Deukalion 4, von wo wir
wissen daß ein großer Theil der Bevölkerung von Delphi
herabgekommen war 5. Dieser Ort, dessen Spur noch
in einem Dorfe Liacura besteht, welches indessen jetzt
nur noch im Sommer von Berghirten bewohnt wird 6,
war aber nach aller Wahrscheinlichkeit Dorisch, da
er den Uebergang von der Tetrapolis nach Delphi bil-
det; die Verehrung Apollons als Lykios (Lykoreus) 7
scheint ihm den Namen gegeben zu haben.

Also Bergdorier von den Höhen des Parnaß und
Kretische Ankömmlinge an der Käste des Meerbusens
treffen -- nach einer ganz unsichern Schätzung etwa

1 Her. 5, 72. Vgl. 6, 66. Kobona ton Aristophantou,
andra en Delphoisi dunasteuonta megiston. Dunasteuein sagt der
Schriftsteller auch von den Attischen Eupatriden (6, 35.) vgl. 7, 141.
2 Der Name des Monats Busios, der offenbar Puthios bedeutet,
zeigt, daß die Delpher mit den Lakonen die Veränderung von th in
s gemein, und für sich besonders, wie auch sonst erwähnt wird, den
Gebrauch des b für p hatten. S. Maittaire p. 140. Weiter s.
Beil. 2.
3 Plut. Qu. Gr. 9. S. 380. H.
4 Paus. 10, 6, 2.
5 Str. 9, 418. Schol. Apoll. 2, 711. vgl. Kallim. bei Steph. B.
6 Dodwell Trav. 1. p. 189.
7 Kallim. Apoll. 19. öster in
der Anthologie, Suidas.

deutend, daß ſie als Leitung betrachtet werden kann:
ihren ariſtokratiſchen Sinn moͤgen wir daraus abneh-
men, daß Timaſitheos der Delpher ſich unter der Adels-
parthei des Iſagoras zu Athen durch Kuͤhnheit und
Entſchloſſenheit auszeichnete 1. Wir duͤrfen annehmen,
daß dies beſonders Doriſche Geſchlechter waren, wie
auch die Sprache in Delphi ein Doriſcher Dialekt war 2.
Die Hauptprieſter des Gottes, die fuͤnf Ὅσιοι, wur-
den durch das Loos aus einer Anzahl Familien gewaͤhlt,
die ſich von Deukalion ableiteten 3: ſie wollten dadurch
wahrſcheinlich ihre Herkunft von Lykoreia auf der
Hoͤhe des Parnaß beurkunden, der angeblichen Gruͤn-
dung des Hellenenvaters Deukalion 4, von wo wir
wiſſen daß ein großer Theil der Bevoͤlkerung von Delphi
herabgekommen war 5. Dieſer Ort, deſſen Spur noch
in einem Dorfe Liacura beſteht, welches indeſſen jetzt
nur noch im Sommer von Berghirten bewohnt wird 6,
war aber nach aller Wahrſcheinlichkeit Doriſch, da
er den Uebergang von der Tetrapolis nach Delphi bil-
det; die Verehrung Apollons als Lykios (Lykoreus) 7
ſcheint ihm den Namen gegeben zu haben.

Alſo Bergdorier von den Hoͤhen des Parnaß und
Kretiſche Ankoͤmmlinge an der Kaͤſte des Meerbuſens
treffen — nach einer ganz unſichern Schaͤtzung etwa

1 Her. 5, 72. Vgl. 6, 66. Κόβωνα τὸν Ἀϱιστοφάντου,
ἂνδϱα ἐν Δελφοῖσι δυναστεύοντα μέγιστον. Δυναστεύειν ſagt der
Schriftſteller auch von den Attiſchen Eupatriden (6, 35.) vgl. 7, 141.
2 Der Name des Monats Βύσιος, der offenbar Πύϑιος bedeutet,
zeigt, daß die Delpher mit den Lakonen die Veraͤnderung von ϑ in
σ gemein, und fuͤr ſich beſonders, wie auch ſonſt erwaͤhnt wird, den
Gebrauch des β fuͤr π hatten. S. Maittaire p. 140. Weiter ſ.
Beil. 2.
3 Plut. Qu. Gr. 9. S. 380. H.
4 Pauſ. 10, 6, 2.
5 Str. 9, 418. Schol. Apoll. 2, 711. vgl. Kallim. bei Steph. B.
6 Dodwell Trav. 1. p. 189.
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[212/0242] deutend, daß ſie als Leitung betrachtet werden kann: ihren ariſtokratiſchen Sinn moͤgen wir daraus abneh- men, daß Timaſitheos der Delpher ſich unter der Adels- parthei des Iſagoras zu Athen durch Kuͤhnheit und Entſchloſſenheit auszeichnete 1. Wir duͤrfen annehmen, daß dies beſonders Doriſche Geſchlechter waren, wie auch die Sprache in Delphi ein Doriſcher Dialekt war 2. Die Hauptprieſter des Gottes, die fuͤnf Ὅσιοι, wur- den durch das Loos aus einer Anzahl Familien gewaͤhlt, die ſich von Deukalion ableiteten 3: ſie wollten dadurch wahrſcheinlich ihre Herkunft von Lykoreia auf der Hoͤhe des Parnaß beurkunden, der angeblichen Gruͤn- dung des Hellenenvaters Deukalion 4, von wo wir wiſſen daß ein großer Theil der Bevoͤlkerung von Delphi herabgekommen war 5. Dieſer Ort, deſſen Spur noch in einem Dorfe Liacura beſteht, welches indeſſen jetzt nur noch im Sommer von Berghirten bewohnt wird 6, war aber nach aller Wahrſcheinlichkeit Doriſch, da er den Uebergang von der Tetrapolis nach Delphi bil- det; die Verehrung Apollons als Lykios (Lykoreus) 7 ſcheint ihm den Namen gegeben zu haben. Alſo Bergdorier von den Hoͤhen des Parnaß und Kretiſche Ankoͤmmlinge an der Kaͤſte des Meerbuſens treffen — nach einer ganz unſichern Schaͤtzung etwa 1 Her. 5, 72. Vgl. 6, 66. Κόβωνα τὸν Ἀϱιστοφάντου, ἂνδϱα ἐν Δελφοῖσι δυναστεύοντα μέγιστον. Δυναστεύειν ſagt der Schriftſteller auch von den Attiſchen Eupatriden (6, 35.) vgl. 7, 141. 2 Der Name des Monats Βύσιος, der offenbar Πύϑιος bedeutet, zeigt, daß die Delpher mit den Lakonen die Veraͤnderung von ϑ in σ gemein, und fuͤr ſich beſonders, wie auch ſonſt erwaͤhnt wird, den Gebrauch des β fuͤr π hatten. S. Maittaire p. 140. Weiter ſ. Beil. 2. 3 Plut. Qu. Gr. 9. S. 380. H. 4 Pauſ. 10, 6, 2. 5 Str. 9, 418. Schol. Apoll. 2, 711. vgl. Kallim. bei Steph. B. 6 Dodwell Trav. 1. p. 189. 7 Kallim. Apoll. 19. oͤſter in der Anthologie, Suidas.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/242>, abgerufen am 25.11.2024.