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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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wandt schien. Pythagoras Familie hatte nach einer
nicht unwahrscheinlichen Nachricht Sakra des Apollon
Nomios; welchen der Philosoph selbst, mit Umdeutung
der ursprünglichen Bedeutung, zu Kroton als den größ-
ten Philanthropen, den Gesetzgeber von Hellas, den
Gott der Humanität empfahl 1: daß er aber zu Del-
phi eine Inschrift auf ein Grab "Apollons, Sohnes
des Silen", gesetzt habe, ist eine verwirrte und fabel-
hafte Erzählung Späterer 2.

Von dem Verhältniß des Karneischen Apoll werde
ich weiter unten zu reden Gelegenheit nehmen.

3.

Noch darf nicht unbemerkt bleiben, daß auch
in die Mythenreihe des Asklepios Apollon eingetra-
gen wurde, aber wohl nur durch die Dichtung, die
auf die Congruenz der Begriffe beider Gottheiten ge-
stützt, sie mit einander ziemlich frühzeitig, -- denn schon
die Eöen nannten Asklepios einen Sohn Apollons --
nahe zu verbinden suchte. Aber der Cultus zeigt nir-
gends, weder in Trikka, noch Lebadeia, noch Epi-
dauros, noch Kos, Apollon Päan und Asklepios in
solcher Nähe. Nirgends finden wir beiden zusam-
men geweihte Altäre, Feste, Opfer, außer etwa in
einem Tempel des neuen Megalopolis. Auch folgte
dies nothwendig aus der Geschichte beider Culte. Denn
der Stammvater des Asklepios, Phlegyas, und die
Söhne des Heros bei Homer gehören Volksstämmen an,
die den Doriern sowohl als dem Pythischen Tempel
feindlich waren, und die Verbreitung der Asklepiaden-
schulen durch Griechenland hat nichts gemein mit der
Verpflanzung der Apollinischen Heiligthümer.


1 Jamblich 52.
2 Porphyr. a. O. -- Dem Ap. No-
mios ist nach dem Theokr. Gedichte 25, 20. der Oleaster heilig,
und man hielt ihn für Urheber einer Art Epilepsie. Hippokr. de
morbo sacro p.
303.

wandt ſchien. Pythagoras Familie hatte nach einer
nicht unwahrſcheinlichen Nachricht Sakra des Apollon
Nomios; welchen der Philoſoph ſelbſt, mit Umdeutung
der urſpruͤnglichen Bedeutung, zu Kroton als den groͤß-
ten Philanthropen, den Geſetzgeber von Hellas, den
Gott der Humanitaͤt empfahl 1: daß er aber zu Del-
phi eine Inſchrift auf ein Grab “Apollons, Sohnes
des Silen”, geſetzt habe, iſt eine verwirrte und fabel-
hafte Erzaͤhlung Spaͤterer 2.

Von dem Verhaͤltniß des Karneiſchen Apoll werde
ich weiter unten zu reden Gelegenheit nehmen.

3.

Noch darf nicht unbemerkt bleiben, daß auch
in die Mythenreihe des Asklepios Apollon eingetra-
gen wurde, aber wohl nur durch die Dichtung, die
auf die Congruenz der Begriffe beider Gottheiten ge-
ſtuͤtzt, ſie mit einander ziemlich fruͤhzeitig, — denn ſchon
die Eoͤen nannten Asklepios einen Sohn Apollons —
nahe zu verbinden ſuchte. Aber der Cultus zeigt nir-
gends, weder in Trikka, noch Lebadeia, noch Epi-
dauros, noch Kos, Apollon Paͤan und Asklepios in
ſolcher Naͤhe. Nirgends finden wir beiden zuſam-
men geweihte Altaͤre, Feſte, Opfer, außer etwa in
einem Tempel des neuen Megalopolis. Auch folgte
dies nothwendig aus der Geſchichte beider Culte. Denn
der Stammvater des Asklepios, Phlegyas, und die
Soͤhne des Heros bei Homer gehoͤren Volksſtaͤmmen an,
die den Doriern ſowohl als dem Pythiſchen Tempel
feindlich waren, und die Verbreitung der Asklepiaden-
ſchulen durch Griechenland hat nichts gemein mit der
Verpflanzung der Apolliniſchen Heiligthuͤmer.


1 Jamblich 52.
2 Porphyr. a. O. — Dem Ap. No-
mios iſt nach dem Theokr. Gedichte 25, 20. der Oleaſter heilig,
und man hielt ihn fuͤr Urheber einer Art Epilepſie. Hippokr. de
morbo sacro p.
303.
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[283/0313] wandt ſchien. Pythagoras Familie hatte nach einer nicht unwahrſcheinlichen Nachricht Sakra des Apollon Nomios; welchen der Philoſoph ſelbſt, mit Umdeutung der urſpruͤnglichen Bedeutung, zu Kroton als den groͤß- ten Philanthropen, den Geſetzgeber von Hellas, den Gott der Humanitaͤt empfahl 1: daß er aber zu Del- phi eine Inſchrift auf ein Grab “Apollons, Sohnes des Silen”, geſetzt habe, iſt eine verwirrte und fabel- hafte Erzaͤhlung Spaͤterer 2. Von dem Verhaͤltniß des Karneiſchen Apoll werde ich weiter unten zu reden Gelegenheit nehmen. 3. Noch darf nicht unbemerkt bleiben, daß auch in die Mythenreihe des Asklepios Apollon eingetra- gen wurde, aber wohl nur durch die Dichtung, die auf die Congruenz der Begriffe beider Gottheiten ge- ſtuͤtzt, ſie mit einander ziemlich fruͤhzeitig, — denn ſchon die Eoͤen nannten Asklepios einen Sohn Apollons — nahe zu verbinden ſuchte. Aber der Cultus zeigt nir- gends, weder in Trikka, noch Lebadeia, noch Epi- dauros, noch Kos, Apollon Paͤan und Asklepios in ſolcher Naͤhe. Nirgends finden wir beiden zuſam- men geweihte Altaͤre, Feſte, Opfer, außer etwa in einem Tempel des neuen Megalopolis. Auch folgte dies nothwendig aus der Geſchichte beider Culte. Denn der Stammvater des Asklepios, Phlegyas, und die Soͤhne des Heros bei Homer gehoͤren Volksſtaͤmmen an, die den Doriern ſowohl als dem Pythiſchen Tempel feindlich waren, und die Verbreitung der Asklepiaden- ſchulen durch Griechenland hat nichts gemein mit der Verpflanzung der Apolliniſchen Heiligthuͤmer. 1 Jamblich 52. 2 Porphyr. a. O. — Dem Ap. No- mios iſt nach dem Theokr. Gedichte 25, 20. der Oleaſter heilig, und man hielt ihn fuͤr Urheber einer Art Epilepſie. Hippokr. de morbo sacro p. 303.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/313>, abgerufen am 22.11.2024.