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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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Pythischen Delphyne zur Erziehung übergiebt 1, eine
nächtliche Herrscherin der wüsten und ungeordneten Na-
tur, welche der dichterische Mythus Hera nannte.
Diese versagt ihr weites Reich der Geburtsstätte des
Apollon, und zwingt Leto, in peinigender Geburtsangst
lange über Erd und Meer zu irren, bis sie auf der
steinigen Insel Delos anlangt.

Was nun Leto selbst betrifft: so ist wohl nicht zu
zweifeln, daß sie die Dunkele und Verborgene sei, nicht
eben als physische Nacht, wie Manche erklären 2, son-
dern als noch ruhende und unsichtbare Gottheit, aus
welcher die sichtbare mit energischer Klarheit hervor-
tritt. Davon überzeugt sowohl die Etymologie (von
lathein, latere) als die Hesiodische Theogonie, welche
besonders im Reiche der Titanen zwar Vieles erst
durch freie Dichtung ergänzt und verbunden, aber An-
deres auch wieder aus schon vorhandenen Cultus-Sa-
gen geschöpft hat, namentlich die Genealogie der Ti-
tanen Köos und Phöbe sicher aus Delphischen und
Delischen Lokalmythen. Phöbe und Köos zeugen die
Leto im dunkeln Peplos (kuanopeplon). die stets
milde, den Menschen und den unsterblichen Göttern
sanfte Göttin, die Mutter der lieblichsten Kinder un-
ter allen Uranionen, und alsdann die wohlnamige
Asterie, die der Titan Perses in sein Gemach führt,
und mit ihr die Hekate zeugt. Phöbe ist die helle und
reine, Köos der brennende und leuchtende 3, Asteria

1 Hom. H. auf Ap. P. 125. vgl. Hyg. f. 54.
2 Plu-
tarch bei Euseb. Pr. Ev. 3, 1. Eust. zu Il. 1. S. 22. Od. 20.
S. 722. Bas. Aber Sophokl. Trach. 95. beweist nichts.
3 Von
keio Kanne Mythol. (Koios und Elektra Flüsse nebeneinander,
Paus. 4, 33, 6.). Die Ableitungen von koeo s. v. a. noeo, und
koios, Makedon. Zahl, passen weniger. -- Latona Poli f. Hygin.
1. 140.

Pythiſchen Delphyne zur Erziehung uͤbergiebt 1, eine
naͤchtliche Herrſcherin der wuͤſten und ungeordneten Na-
tur, welche der dichteriſche Mythus Hera nannte.
Dieſe verſagt ihr weites Reich der Geburtsſtaͤtte des
Apollon, und zwingt Leto, in peinigender Geburtsangſt
lange uͤber Erd und Meer zu irren, bis ſie auf der
ſteinigen Inſel Delos anlangt.

Was nun Leto ſelbſt betrifft: ſo iſt wohl nicht zu
zweifeln, daß ſie die Dunkele und Verborgene ſei, nicht
eben als phyſiſche Nacht, wie Manche erklaͤren 2, ſon-
dern als noch ruhende und unſichtbare Gottheit, aus
welcher die ſichtbare mit energiſcher Klarheit hervor-
tritt. Davon uͤberzeugt ſowohl die Etymologie (von
λαϑεῖν, latere) als die Heſiodiſche Theogonie, welche
beſonders im Reiche der Titanen zwar Vieles erſt
durch freie Dichtung ergaͤnzt und verbunden, aber An-
deres auch wieder aus ſchon vorhandenen Cultus-Sa-
gen geſchoͤpft hat, namentlich die Genealogie der Ti-
tanen Koͤos und Phoͤbe ſicher aus Delphiſchen und
Deliſchen Lokalmythen. Phoͤbe und Koͤos zeugen die
Leto im dunkeln Peplos (κυανόπεπλον). die ſtets
milde, den Menſchen und den unſterblichen Goͤttern
ſanfte Goͤttin, die Mutter der lieblichſten Kinder un-
ter allen Uranionen, und alsdann die wohlnamige
Aſterie, die der Titan Perſes in ſein Gemach fuͤhrt,
und mit ihr die Hekate zeugt. Phoͤbe iſt die helle und
reine, Koͤos der brennende und leuchtende 3, Aſteria

1 Hom. H. auf Ap. P. 125. vgl. Hyg. f. 54.
2 Plu-
tarch bei Euſeb. Pr. Ev. 3, 1. Euſt. zu Il. 1. S. 22. Od. 20.
S. 722. Baſ. Aber Sophokl. Trach. 95. beweist nichts.
3 Von
κείω Kanne Mythol. (Κοῖος und Ἠλέκτϱα Fluͤſſe nebeneinander,
Pauſ. 4, 33, 6.). Die Ableitungen von κοέω ſ. v. a. νοέω, und
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[310/0340] Pythiſchen Delphyne zur Erziehung uͤbergiebt 1, eine naͤchtliche Herrſcherin der wuͤſten und ungeordneten Na- tur, welche der dichteriſche Mythus Hera nannte. Dieſe verſagt ihr weites Reich der Geburtsſtaͤtte des Apollon, und zwingt Leto, in peinigender Geburtsangſt lange uͤber Erd und Meer zu irren, bis ſie auf der ſteinigen Inſel Delos anlangt. Was nun Leto ſelbſt betrifft: ſo iſt wohl nicht zu zweifeln, daß ſie die Dunkele und Verborgene ſei, nicht eben als phyſiſche Nacht, wie Manche erklaͤren 2, ſon- dern als noch ruhende und unſichtbare Gottheit, aus welcher die ſichtbare mit energiſcher Klarheit hervor- tritt. Davon uͤberzeugt ſowohl die Etymologie (von λαϑεῖν, latere) als die Heſiodiſche Theogonie, welche beſonders im Reiche der Titanen zwar Vieles erſt durch freie Dichtung ergaͤnzt und verbunden, aber An- deres auch wieder aus ſchon vorhandenen Cultus-Sa- gen geſchoͤpft hat, namentlich die Genealogie der Ti- tanen Koͤos und Phoͤbe ſicher aus Delphiſchen und Deliſchen Lokalmythen. Phoͤbe und Koͤos zeugen die Leto im dunkeln Peplos (κυανόπεπλον). die ſtets milde, den Menſchen und den unſterblichen Goͤttern ſanfte Goͤttin, die Mutter der lieblichſten Kinder un- ter allen Uranionen, und alsdann die wohlnamige Aſterie, die der Titan Perſes in ſein Gemach fuͤhrt, und mit ihr die Hekate zeugt. Phoͤbe iſt die helle und reine, Koͤos der brennende und leuchtende 3, Aſteria 1 Hom. H. auf Ap. P. 125. vgl. Hyg. f. 54. 2 Plu- tarch bei Euſeb. Pr. Ev. 3, 1. Euſt. zu Il. 1. S. 22. Od. 20. S. 722. Baſ. Aber Sophokl. Trach. 95. beweist nichts. 3 Von κείω Kanne Mythol. (Κοῖος und Ἠλέκτϱα Fluͤſſe nebeneinander, Pauſ. 4, 33, 6.). Die Ableitungen von κοέω ſ. v. a. νοέω, und κοῖος, Makedon. Zahl, paſſen weniger. — Latona Poli f. Hygin. 1. 140.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/340>, abgerufen am 21.11.2024.